Felix Schulz: Früher gegen Brandt und Sané

Mit 57 Treffern führt Felix Schulz vom B-Kreisligisten TSV Rotation Dresden 2 das Ranking der Torjägerkanone für alle in der 10. Liga an. Das ist umso bemerkenswerter, weil der 27 Jahre alte Angreifer körperlich einen schweren Rucksack zu tragen hat. Vor einigen Jahren musste er wegen einer angeborenen Schiefstellung der Wirbelsäule seinen Traum von einer Profikarriere begraben. Im Interview mit FUSSBALL.DE spricht der Kreisliga-Knipser über die Nationalspieler Julian Brandt und Leroy Sané und eine Black-Roll, die zu seinem besten "Freund" wurde.

Mit 57 Treffern nach nur 16 Einsätzen führen Sie nicht nur die Torjägerliste in der Kreisliga B in Dresden an, sondern sind aktuell auch bundesweit die Nummer eins in der 10. Liga. Wie erklären Sie sich Ihren guten Lauf?

Felix Schulz: Wir haben ein super Team, und der TSV Rotation Dresden ist für mich im wahrsten Sinne des Wortes wie eine Familie. Beim jüngsten 10:0 beim SV Helios 24 Dresden 2 hat mein jüngerer Bruder Max drei Tore erzielt, ich habe einen Fünferpack geschnürt. Trainiert werden wir von unserem leiblichen Vater Mario Wolf.

Im Schnitt erzielen Sie mehr als 3,5 Tore pro Spiel. Warum kicken Sie bei dieser sagenhaften Trefferquote nicht höherklassig?

"Ich lebe und liebe den Fußball, habe keinerlei andere Interessen"

Schulz: Weil meine Gesundheit es nicht mehr hergibt. In der Jugend habe ich für Dynamo Dresden in der B-Junioren-Bundesliga mit heutigen Profis wie Niklas Hauptmann, Marvin Stefaniak oder Dominic Baumann unter anderem gegen Nationalspieler Julian Brandt gespielt. Auch gegen Leroy Sané stand ich bei einem Hallenturnier auf dem Platz. Da haben wir durch einen Treffer von mir in letzter Sekunde 3:2 gegen Schalke 04 gewonnen. Leider ist mein eigener Profitraum mit 21 Jahren geplatzt.

Was war passiert?

Schulz: Im Seniorenbereich hatte ich mir beim damaligen Nordost-Regionalligisten FC Oberlausitz Neugersdorf einen Bandscheibenriss zugezogen. Bei einer Untersuchung wurde bei mir dann ein angeborener Schiefstand der Wirbelsäule festgestellt. Die Ärzte rieten mir, mit dem Leistungssport aufzuhören, bevor ich irgendwann im Rollstuhl lande.

Wie ging es dann für Sie weiter?

Schulz: Danach bin ich nach Brandenburg zu meinem Heimatverein SV Aufbau Großkmehlen zurückgekehrt. Mein Vater Mario war dort bereits 20 Jahre als Spieler und später als Trainer tätig. Nach fünf Jahren ging es bei dem Dorfverein nicht mehr weiter. Deshalb wollten wir uns in Dresden einen neuen Verein suchen...

… und sind beim TSV Rotation Dresden 2 fündig geworden.

Schulz: Wir hatten mitbekommen, dass der TSV Rotation die "Zweete" aufgelöst hatte. Geplant war, dass die dritte Mannschaft dafür einspringen sollte. Wir sind mit elf Spielern aus Großkmehlen vorstellig geworden und hatten uns angeboten, diese Lücke zu schließen. Erst gab es Unstimmigkeiten. Aber nachdem wir ein Testspiel gegen die "Dritte" 11:0 gewonnen hatten, war die Sache geritzt. (lacht) Gleich im ersten Jahr nach der Neugründung haben wir auf Anhieb den Aufstieg geschafft.

Auch eine Liga höher ist Ihr Team Tabellenführer, hat noch nicht verloren und in 19 Spielen 154 Treffer erzielt. Was zeichnet die Mannschaft besonders aus?

Schulz: Wir sind ein eingeschworener Haufen, kennen uns ewig und teilen alles miteinander. Auch in unserer Freizeit unternehmen wir viel gemeinsam. Neben meinem Bruder Max und mir spielen übrigens noch drei weitere Brüderpaare bei uns im Team.

Mehr als ein Drittel aller TSV-Treffer geht auf Ihr Konto. Wie lautet Ihr Erfolgsgeheimnis?

Schulz: Ich lebe und liebe den Fußball, habe keinerlei andere Interessen. Ich trainiere unsere Bambini und bin auch noch als Trainer der B-Junioren tätig. Ich bin körperlich zwar nicht mehr zu 100 Prozent fit, habe aber immer noch großen Bock, mit meinen Freunden Fußball zu spielen.

Glauben Sie, dass Sie Ihren Vorsprung in der bundesweiten Torjägerwertung bis zum Saisonende ins Ziel bringen?

Schulz: Ich habe das Ranking fest im Blick und bin fest davon überzeugt, dass ich am Ende ganz oben auf dem Treppchen stehen werde. Normalerweise bin ich eher zurückhaltend. Aber die Jungs wissen Bescheid und werden mit ihren Vorlagen schon dafür sorgen, dass ich die Torjägerkanone bekomme.

Noch stehen elf von 30 Partien aus. Sind 100 Tore am Saisonende realistisch oder eher Träumerei?

Schulz: Keine Ahnung! (lacht) Ich habe mir auf jeden Fall fest vorgenommen, dass ich am Saisonende ganz oben stehe.

Was würde Ihnen der Gewinn der Torjägerkanone für alle bedeuten?

Schulz: Bei meinem vorherigen Verein SV Aufbau Großkmehlen war ich bereits der erfolgreichste Torjäger, habe dafür aber allenfalls eine Flasche Sekt oder Wein bekommen. (lacht) Deswegen wäre der Gewinn der Torjägerkanone für alle nicht nur für mich, sondern für den gesamten Verein eine coole Sache. Wir basteln gerade unseren Instagram-Auftritt, wollen unsere Medienpräsenz in den Social-Media-Kanälen erweitern. Für unseren Kanal rotationdresdenzweete könnte es keine bessere Werbung geben.

Haben Sie vor jedem Spiel ein besonders Ritual, an dem Sie festhalten?

Schulz: Mein Aufwärmprogramm absolviere ich fast ausschließlich mit einer Black-Roll. Die Faszienrolle habe ich immer bei mir. Sie ist ideal zur Verbesserung der Beweglichkeit und Behandlung schmerzhafter Stellen. Wenn sich die Jungs schon auf dem Platz aufwärmen, liege ich entweder in der Kabine oder draußen auf meiner Rolle. (lacht) Ohne diese Rolle, die zu meinem besten Freund geworden ist, kann ich kaum noch laufen.

Mit welcher Zielsetzung geht Ihr Team in den Saisonendspurt?

Schulz: Wir wollen möglichst ungeschlagen durch die Saison kommen und den zweiten Aufstieg in Folge feiern. Die Planungen für die Meisterfeier laufen bereits. Für unser abschließendes Spiel gegen die SG Dresdner Verkehrsbetriebe haben wir bereits Cheerleader eingeladen, werden auf dem Sportplatz eine Cocktail-Bar aufbauen und bei uns im Vereinsheim eine große Party feiern. Anschließend werden wir am "Malle-Cup" teilnehmen und es bei Deutschlands größtem Kleinfeldturnier richtig krachen lassen.