Heller: "Zum Glück habe ich gute Gene"

"Keiner ist schneller - Marcel Heller!" Als der SV Darmstadt 98 in den Jahren 2013 bis 2015 von der dritten bis in die erste Liga durchmarschierte, war er einer der Aufstiegshelden vom Böllenfalltor. Als die "Lilien" schließlich im Oberhaus des deutschen Fußballs angekommen waren, war es der pfeilschnelle Außenstürmer, dem die ersten beiden Darmstädter Treffer in der Bundesliga seit mehr als drei Jahrzehnten vorbehalten waren. "Das waren unvergessliche Zeiten", sagt der heute 37-Jährige. Nach vielen verschiedenen Stationen - darunter Eintracht Frankfurt, Dynamo Dresden, MSV Duisburg, FC Augsburg, SC Paderborn und, praktisch vor seiner Haustür, Alemannia Aachen - gehört Marcel Heller nun zu den vielen Ex-Profis im Amateurfußball.

Vorigen Freitag hat er sein Debüt für den Oberligisten TuS Bövinghausen gegeben. Die Dortmunder sind in den vergangenen Jahren durch die Verpflichtung von Weltmeister Kevin Großkreutz, WM-Teilnehmer David Odonkor und Ex-Champions-League-Kicker Baris Özbek, der vor kurzem den Trainerjob in Bövinghausen übernommen hat, überregional bekanntgeworden. Mit FUSSBALL.DE spricht Heller über den Amateurfußball.

FUSSBALL.DE: Marcel Heller, wie bist du in Bövinghausen gelandet?

Marcel Heller: Der Kontakt kam über Baris Özbek zustande. Wir haben damals in der deutschen U 21-Nationalmannschaft zusammengespielt und zwischendurch immer mal wieder geschrieben. Da ich nach meinem Engagement beim SV Straelen in der Regionalliga seit einem halben Jahr keinen Verein mehr hatte und unbedingt noch weiter Fußball spielen wollte, habe ich gerne in Bövinghausen zugesagt - obwohl es etwas weiter von mir zu Hause weg ist, als ich eigentlich pendeln wollte. Bis Straelen waren es etwa 100 Kilometer pro Strecke, jetzt sind es 130, aber um wieder den Ball an den Füßen zu haben, nehme ich das gerne auf mich.

"Mir ist zu Hause die Decke auf den Kopf gefallen - der Platz, die Kabine, das fehlte mir alles total"

Du wohnst wieder in Aachen?

Heller: Ja, unsere Tochter geht in Aachen in die Kita, das hat jetzt Priorität. Ich hatte in den vergangenen Monaten auch verschiedene Anfragen, aber das war mir alles zu weit weg - und ins Ausland wollte ich schon gar nicht. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem ich mir genau überlegen muss, worauf ich mich noch einlasse.

Was hast du im vergangenen halben Jahr ohne Verein gemacht?

Heller: Mich fit gehalten, für mich selbst trainiert, jeden Tag joggen. Da muss man schon sehr diszipliniert sein, um sich immer wieder aufzuraffen. Aber dann war ich froh, dass sich das mit Bövinghausen ergeben hat. Ich muss zugeben, dass mir zu Hause die Decke auf den Kopf gefallen ist. Der Platz, die Kabine - das fehlte mir alles total!

Fußballzeit ist die beste Zeit…

Heller: Auf jeden Fall! Ich habe mein Leben lang Fußball gespielt, bin über 15 Jahre Profi gewesen und kann mir eigentlich nichts anderes vorstellen, als auch nach dem Ende der aktiven Zeit im Fußball zu bleiben. Zum Glück habe ich gute Gene, bin in den letzten zehn Jahren so gut wie nie verletzt gewesen, trinke keinen Alkohol und habe noch nie geraucht. Daher bin ich auch mit 37 körperlich noch ganz gut drauf.

Bist du noch so schnell wie früher?

Heller: Die Grundschnelligkeit bleibt ja, auch wenn man älter wird. Das Tempo wie zu besten Bundesligazeiten habe ich sicher nicht mehr, aber auch jetzt kann ich noch dem einen oder anderen Gegenspieler weglaufen. (lacht) Baris hat mich am Freitag gegen Preußen Münster II vorne reingestellt, das kam mir für den Anfang entgegen. Es kann sein, dass ich bis zur Winterpause erst einmal auf der Position bleibe.

Wie reagieren die Gegenspieler auf einen bekannten früheren Bundesligaspieler wie dich?

Heller: Ich glaube, dass die anderen Mannschaften in der Oberliga es nicht so schlecht finden, wenn da ein Ex-Profi auf dem Platz ist. Einer hat gesagt, pass auf den auf, der ist sauschnell. Da musste ich schon schmunzeln. Für den Anfang war es in Ordnung, ich habe vorher nur zweimal trainiert und dann über 90 Minuten durchgehalten. Darauf war ich schon stolz.

Melden sich frühere Mitspieler bei dir, zum Beispiel aus Darmstadt, und fragen dann: Marcel, was machst du da in Bövinghausen?

Heller: Wenn man im Fußball so lange dabei ist, dann hat man natürlich noch viele Kontakte - auch wenn es weniger wird, sobald man von einem Verein weg ist. Aber speziell zu Darmstadt, was die beste Zeit meiner Karriere war, gibt es natürlich noch Beziehungen. Dann schreibt man sich oder telefoniert. Und wenn ich eine Karte für ein Heimspiel anfragen würde, dann ist das auch kein Problem. Davon abgesehen, lebe ich im Hier und Jetzt und konzentriere mich auf meine aktuellen Aufgaben, das ist sportlich in Bövinghausen und die Familie zu Hause.

Wie geht es nach der aktiven Zeit für dich weiter?

Heller: Mit Bövinghausen ist das erst einmal so vereinbart, dass ich diese Saison spiele, und im nächsten Frühjahr sehen wir dann weiter. Wenn ich gesund bleibe, hänge ich vielleicht noch ein Jahr dran, aber parallel dazu werde ich mich umschauen, welche Möglichkeiten es für mich im Fußball noch so gibt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, als Trainer zu arbeiten, vielleicht zunächst mit einer Jugendmannschaft, oder als Scout. Auf jeden Fall möchte ich im Fußball bleiben, etwas anderes kann ich mir kaum vorstellen.