Das nennt man wohl - im positiven Sinne - fußballverrückt. Janik Steringer (26), aktuell in der zweiten Spielzeit Co-Trainer und Videoanalyst beim Drittligisten Arminia Bielefeld, geht nicht nur seinem Traumjob beim Traditionsklub in Ostwestfalen nach. Der B-Lizenz-Inhaber läuft auch weiterhin selbst auf, sofern es seine Zeit zulässt - und das auf sehr gehobenem Amateurfußballniveau.
Der vielseitige Defensivspieler ist seit dieser Saison wieder für den SV Lippstadt 08 am Ball. Positiv für Steringer: Genau wie die Arminia, die in der 3. Liga noch unbesiegt ist, mischt der SVL in der Oberliga Westfalen ebenfalls in der Spitzengruppe mit, nicht zuletzt dank eines Last-Minute-Treffers des Rückkehrers beim 2:1-Auswärtserfolg beim SV Schermbeck.
Zwei Jahre in der "Knappenschmiede"
"Bislang läuft es wirklich sehr gut", sagt Steringer im Gespräch mit FUSSBALL.DE , macht aber auch gleich die Prioritäten klar: "Der Fokus liegt ganz klar auf dem Trainerjob bei Arminia. In der Oberliga zu spielen, ist mein Hobby und auch nur in meiner freien Zeit möglich."
"Der Fokus liegt ganz klar auf dem Trainerjob bei Arminia - in der Oberliga zu spielen, ist mein Hobby"
Der gebürtige Sauerländer, der aus Schmallenberg stammt, hatte schon im Alter von fünf Jahren beim aktuellen B-Kreisligisten FC Gleidorf/Holthausen mit dem Fußball begonnen und recht schnell mit seinem Talent auf sich aufmerksam gemacht. Über die Stationen beim SV Schmallenberg und beim SC Neheim schaffte Steringer den Sprung in die Nachwuchsabteilung des FC Schalke 04, zog ins Internat der "Knappenschmiede" und besuchte auch die nahegelegene Gelsenkirchener Gesamtschule Berger Feld.
"Das war schon eine coole Erfahrung", erklärt Janik Steringer, der bei S04 unter der Regie von Ex-Nationalspieler Frank Fahrenhorst und des früheren Bundesligaprofis Uwe Grauer für die U 17 am Ball war. Zu seinen Teamkollegen gehörten die jetzigen Zweitligaprofis Boris Tomiak (1. FC Kaiserslautern) und Fabian Reese (Hertha BSC), aber auch Nassim Boujellab und Lukas Kunze, die nun bei Arminia Bielefeld zu seinen Schützlingen gehören.
Für Janik Steringer selbst bekam der Traum von einer Profikarriere aber nur wenig später einen Dämpfer. "Nach der U 17 ging es für mich auf Schalke nicht weiter", musste er erstmals auch die Schattenseiten des Fußballgeschäfts kennenlernen. Um vor dem Abitur nicht noch einmal die Schule wechseln zu müssen, blieb Steringer dennoch im Ruhrgebiet und schloss sich für eine Saison der benachbarten SG Wattenscheid 09 an.
Es folgte der Wechsel in die damals nicht erstklassige U 19 des SC Paderborn 07, um in der Universitätsstadt ein Bachelor-Studium in Sportwissenschaften aufzunehmen. Diese Entscheidung sollte Janik Steringers sportliche Zukunft maßgeblich beeinflussen. In der Paderborner U 21 spielte der damalige Innenverteidiger nämlich als Kapitän unter Trainer Mitch Kniat, der inzwischen bei Arminia Bielefeld sein Chef im Trainerteam ist.
"Die Zusammenarbeit hat schon damals gut funktioniert, deshalb sind wir auch danach weiter in Kontakt geblieben", beschreibt Steringer, der parallel zu seinem Studium in der Regionalliga West für den SC Verl und den SV Lippstadt 08 spielte. "Damals habe ich mir viele Gedanken um eine mögliche berufliche Zukunft im Fußball gemacht", sagt Steringer. Er entdeckte die Video- und Spielanalyse als geeignetes Feld für sich, belegte ein weiterführendes Masterstudium im Bereich Spielanalyse an der Sporthochschule in Köln und absolvierte ein entsprechendes Praktikum bei seinem früheren Verein SC Paderborn 07.
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"Jeder kennt genau seine Rolle"
Als Kniat dann im Februar 2022 dem Ruf des damals abstiegsbedrohten SC Verl in die 3. Liga folgte, war auch Steringer direkt mit im Boot, wenn auch nicht sofort in Festanstellung. "Die Saison habe ich als Spieler beim SV Lippstadt 08 noch bis zum Ende durchgezogen, dann ließ sich die Trainertätigkeit aber nicht mehr mit Regionalligafußball vereinbaren", so Janik Steringer.
Deshalb heuerte er als Spieler in der Verler Nachbarschaft beim FC Gütersloh an - und gewann mit dem Team prompt die Meisterschaft in der Oberliga und auch noch den Westfalenpokal. Damit endete aber auch das Kapitel beim FCG, denn gemeinsam mit Mitch Kniat ging es dann vom SC Verl zu Arminia Bielefeld, damals Absteiger aus der 2. Bundesliga. Es war der nächste Schritt in der Trainerkarriere.
Schon in der abgelaufenen Spielzeit, die auf Platz 14 endete, sieht Steringer jetzt die Basis für den guten Saisonstart des DSC. "Wir haben schon in der Rückserie nach und nach an Stabilität gewonnen. Von daher kommt die positive Entwicklung für mich nicht wirklich überraschend. So kann es aber gerne weitergehen." In seiner Rolle als Videoanalyst und Assistent fühlt sich Steringer dabei pudelwohl und bestens aufgehoben. Zu seinen täglichen Aufgaben zählen unter anderem die Vor- und Nachbereitungen von Trainingseinheiten und Spielen, Videoanalysen sowie Gegnerbeobachtungen. "Im Trainerteam passt es überragend", schwärmt er. "Jeder kennt genau seine Rolle, jeder bringt seine Stärken ein."
Nachdem er in der ersten Arminia-Saison in seiner südwestfälischen Heimat für den TV Fredeburg nur noch in der Bezirksliga gespielt hatte, kam in diesem Sommer die Anfrage des aus der Regionalliga West abgestiegenen SV Lippstadt 08. "Wieder auf einem höheren Niveau Fußball zu spielen, macht mir immer noch großen Spaß und weckt auch nach wie vor meinen Ehrgeiz", betont Janik Steringer, der schließlich zusagte, nachdem mit seinem Arbeitgeber in Bielefeld alles abgeklärt war: "Egal ob Trainingseinheiten oder Spiele: Mein Job bei der Arminia hat immer Priorität."
Die Erwartungen in Lippstadt will Steringer bewusst nicht zu sehr in die Höhe schrauben, zumal er in einem sehr jungen Team spielt. "Wir sind nach dem großen Umbruch im Kader gut gestartet", so Steringer. "Wenn wir uns bis zum Winter im oberen Drittel festsetzen können, dann schauen wir weiter."
Masterarbeit und A-Lizenz in Planung
So oder zumindest so ähnlich könnte auch die Marschroute von Arminia Bielefeld in der 3. Liga lauten. Gegen einen möglichen Doppelaufstieg als Spieler und Co-Trainer hätte Janik Steringer auf jeden Fall nichts einzuwenden: "Das würde ich sofort unterschreiben."
Die nächsten persönlichen Schritte sind aber so oder so schon geplant. Der Abschluss der Masterarbeit im Rahmen des Spielanalyse-Studiums steht ebenso auf Steringers To-Do-Liste wie der Lehrgang zur Trainer-A-Lizenz. Dass für Janik Steringer schon jetzt kaum ein Tag ohne Fußball vergeht, stört seine Freundin zum Glück nicht. "Sie ist bei fast jedem Spiel dabei und drückt die Daumen." Und das fast immer zweimal am Wochenende.
Autor/-in: Ralf Debat/MSPW