Maurice Temme: Gründer und Topscorer

Der frühere Oberliga-Kicker Maurice Temme ist nicht nur bester Torjäger (18 Treffer), sondern gleichzeitig auch Vorsitzender und Spielertrainer bei dem von ihm selbst gegründeten C-Kreisligisten Westfalia Dortmund. Im FUSSBALL.DE -Interview spricht der 25-Jährige über die Beweggründe, seine zwei älteren Brüder Kevin (33) und Dean (36) sowie die extreme Ausbeute von 101:2 Toren nach sieben Spielen.

FUSSBALL.DE: Wie sind Sie und Ihre zwei Brüder auf die Idee gekommen, einen eigenen Fußballverein zu gründen, Herr Temme?

Maurice Temme: Ich bin beruflich stark eingebunden. Deshalb hat es bei mir zeitlich nicht mehr für höherklassigen Fußball gereicht. Auf meinem Computer habe ich schon früher immer gerne Fußballmanager mit der Absicht gespielt, von der Kreis- bis in die Bundesliga aufzusteigen. Einen zumindest ähnlichen Traum wollen wir uns jetzt auch im realen Leben verwirklichen. Wir sind alle ein wenig fußballverrückt. Zusammen mit meinen Brüdern Kevin und Dean sowie Daniel Reuscheck und Simon Freitag, die beide ebenfalls bei uns in der Mannschaft spielen, haben wir den Vorstand gebildet und die Sache ins Rollen gebracht. Mittlerweile haben wir 60 bis 70 Mitglieder im Verein. Aufgrund unserer deutlichen Siege interessieren sich die Leute in der Stadt für uns und wollen dabeibleiben.

Mit welchen Schwierigkeiten war die Neugründung verbunden?

"Diese Gier lebe ich den Jungs vor und hoffe, dass weiterhin alle mitziehen werden."

Temme: Im November 2021 hatten wir uns erstmals ernsthaft mit dieser Thematik befasst. Wir wussten damals nicht, was alles auf uns zukommen würde. Eine Vereinssatzung musste her, notarielle Bescheinigungen besorgt und etliche Unterlagen für das Finanzamt eingereicht werden. Der organisatorische Aufwand war schon gewaltig.

Wie sieht die Aufgabenverteilung im Vorstand bei Westfalia Dortmund 2022 aus?

Temme: Kevin und ich sind als Trainer tätig. Mein ältester Bruder Dean kümmert sich um die Sponsoren. Die Arbeiten rund um das Passwesen habe ich einem Spieler übertragen.

Haben Sie als Dortmunder Klub ganz bewusst die Vereinsfarben Blau und Weiß gewählt?

Temme: Bis auf einen Schalker sind bei uns im Vorstand alle BVB-Fans. Ich hatte einem Designer mit der Erstellung des Vereinslogos beauftragt. Er hatte es in Blau-Weiß und mit einem Löwen in der Mitte gestaltet. Wir haben schon Schwarz-Gelb in Dortmund, wollten keine Kopie vom BVB sein und haben uns daher mit den Gegensätzen angefreundet. (lacht)

Auf welcher Platzanlage findet der Spiel- und Trainingsbetrieb statt?

Temme: Wir haben unser zu Hause auf der Mende-Sportanlage in Dortmund-Mitte. Diese Anlage wird allen neuen Vereinen von der Stadt Dortmund zur Verfügung gestellt. Leider müssen wir den Kunstrasenplatz mit mehreren Vereinen teilen, so dass unser Training oft nur auf einer Platzhälfte stattfinden kann. Wir haben hohe Ambitionen, wollen in unserer zweiten Saison auch eine zweite Mannschaft und möglichst auch eine A-Junioren- Mannschaft im Verein installieren. Von daher müssen wir uns jetzt schon nach einem ​ anderen Spielort in der Stadt umsehen. Uns steht momentan zwar eine Kabine zur Verfügung, aber wir dürfen sie nicht nach unseren Vorstellungen gestalten.

Einige Topklubs in Europa wurden von Oligarchen oder Scheichs übernommen. Wie können Sie sich als 25-Jähriger einen Fußballverein leisten?

Temme: Mit meinen Brüdern betreiben wir im Sauerland ein Handwerks- und drei Immobilien-Unternehmen. Klar habe ich einige Euro vorfinanziert. Aber in der Regel tragen viele kleinere Sponsoren den Verein. Wir kommen also nicht ins Schleudern, wenn uns ein Geldgeber wegbrechen sollte.

Werden Ihre Spiele auch von ehemaligen BVB-Spielern besucht?

Temme: Noch nicht. (lacht) Aber Weltmeister Kevin Großkreutz, der vor einigen Jahren bei meinem damaligen Verein Türkspor Dortmund sechs Monate Co-Trainer und zu dem ich seitdem auch noch Kontakt habe, hat für die nächsten Wochen seinen Besuch angekündigt.

Wie schwierig gestaltet sich die Suche nach Sponsoren, um das Projekt auf eine breitere Basis zu stellen?

Temme: Wir haben mittlerweile 22 Gönner in unserem Sponsorenpool, werden unsere Versprechen gegenüber den Sponsoren einhalten und am Ende der Saison aufsteigen. Wir betreiben einen professionellen Aufbau im kleinen Stil, präsentieren über Instagram für jedes Heimspiel einen Spieltagsponsor. Mit jedem weiteren Aufstieg wird sich der Sponsorenpool automatisch erweitern.

Was waren Ihre Motive und mit welchen Zielen haben Sie den Schritt der Neugründung unternommen?

Temme: Ich hatte zuletzt noch für den TuS Haltern in der Oberliga Westfalen gespielt. Danach hatte ich mir die Frage gestellt, ob es für mich Sinn macht, bei einem Bezirks- oder Landesligisten anzuheuern. Da ich nicht auf das Geld angewiesen bin und mich als Unternehmer auch nicht mehr unterordnen wollte, war es für mich der richtige Zeitpunkt, einen eigenen Verein zu gründen. Ich bin jetzt auch für die Kaderplanung verantwortlich und kann damit selbst entscheiden, mit wem ich zusammenarbeite möchte.

Sportlich läuft es wie am Schnürchen. Mit 101:2 Toren nach nur sieben Spieltagen ist Ihr neugegründetes Team Tabellenführer. Wird es Ihnen wegen der fehlenden Konkurrenz nicht langweilig?

Temme: Um ehrlich zu sein: Ich hätte lieber drei oder vier Ligen höher angefangen, aber das ging leider wegen der Statuten nicht. Als neugegründeter Klub mussten wir ganz unten in der Kreisliga C starten. Ich bin als Spielertrainer, Vorstandsmitglied und Torjäger immer motiviert, gebe für meinen Verein alles. Diese Gier lebe ich den Jungs vor und hoffe, dass weiterhin alle mitziehen werden. Bisher haben wir das wunderbar gelöst.

Warum beherrscht Ihr Team diese Liga nach Belieben?

Temme: In unserem Kader stehen insgesamt drei frühere Oberligaspieler. Außerdem verfügen vier Spieler über Landesliga- und sechs zumindest über Bezirksligaerfahrung. Von daher ist es für unsere Gegner in der Kreisliga C fast unmöglich, uns zu besiegen.

Wo soll der Verein in fünf Jahren stehen?

Temme: Ich hoffe, dass wir bis dahin vier Aufstiege gefeiert haben und in der Landesliga angekommen sind. Momentan verfügt die Mannschaft aus meiner Sicht bereits über​ Bezirksliganiveau. Wir werden uns bei jedem weiteren Aufstieg personell verstärken, damit wir für die nächsten Aufgaben gewappnet sind. Wenn ich selbst nicht mehr spielen kann, werde ich entweder als Cheftrainer oder Sportlicher Leiter die Geschicke im Verein leiten.

Noch verfügt der Verein über keine einige Seite im Netz, sondern kommuniziert mit seinen Fans ausschließlich über Instagram. Was werden die nächsten Schritte sein?

Temme: Unsere Homepage wird voraussichtlich im nächsten Monat online gehen. Dann wird es auch im Bereich Merchandising noch professioneller zugehen. Schon jetzt bieten wir für unsere Fans T-Shirts, Pullover, Trainingsanzüge, Schals und Trikots an, kommen durch die zahlreichen Vorbestellungen aber kaum hinterher. Wir verfügen über keine eigene Beflockungsmaschine, müssen die Anfragen noch extern bearbeiten lassen. Auch das soll sich möglichst bald ändern.