Es ist eines der Aufregerthemen im Amateurfußball. Das Lagebild belegt zwar, wie selten es tatsächlich zu Gewalt- oder Diskriminierungsfällen kommt. Doch wirklich jeder einzelne tätliche Angriff auf einen Schiedsrichter oder andersartig von Gewalt geprägter Vorfall in den Amateurligen ist einer zu viel. Im Oktober schockierte ein Fall in der Kreisliga, bei dem ein Schiedsrichter von einem Spieler bewusstlos geschlagen wurde. Aber was genau können die Verbände leisten, um etwas gegen die teils brutalen Übergriffe gegen Unparteiische zu unternehmen?
Eines jedenfalls ist klar: Strafen und Sperren alleine sind keine Lösung. Nun hat sich das Gemeinnützige Mediationszentrum Waage in Hannover gemeinsam mit dem Niedersächsischen Fußballverband (NFV) der Sache angenommen und im Fußballkreis Region Hannover das Modellprojekt "Konfliktbewältigung und Gewaltprävention beim Fußball" initiiert. Das von der Niedersächsischen Lotto-Sport-Stiftung für zwei Jahre geförderte Projekt will neue, kluge Wege der Gewaltprävention und Konfliktbearbeitung erproben.
Im Fokus stehen besonders gravierende Fälle von Gewalt und Bedrohung im Rahmen von Fußballspielen, im Jugend- wie auch im Erwachsenenbereich, bei denen es in der Folge zu einem Spielabbruch gekommen war. Noch bevor es zu einer Verhandlung vor dem zuständigen Sportgericht kommt, bringen die Waage und der Vorstand des NFV-Kreises Region Hannover die beteiligten Spieler, Trainer, Schiedsrichter und unter Umständen auch Zuschauer zum Gespräch zusammen. Dann sollen akute Risiken und präventive Maßnahmen erörtert werden. Als Ergänzung bietet die Waage den Betroffenen zusätzlich eine Mediation an - ohne das Beisein der Sportfunktionäre. Damit ergibt sich die Chance, Hintergründe und Folgen der Vorfälle aufzuarbeiten, Konflikte zu klären und gemeinsam mit den Beteiligten nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Das Sportgerichtsverfahren findet in jedem Fall statt.
Am 23. Oktober fand die Auftaktveranstaltung des Modellprojekts in Hannover statt, bei der Dr. Lutz Netzig, Mitarbeiter der Waage Hannover e.V. und Ansprechpartner für das Projekt, das Vorhaben gemeinsam mit Jens Grützmacher, dem Vorsitzenden des NFV-Kreises Region Hannover sowie NFV-Direktor Jan Baßler der Öffentlichkeit vorstellte.
Bisherige Erfahrungen aus der zweijährigen Testphase mit etwa 50 Gesprächen jedenfalls sind ermutigend. Und lehrreich. So zum Beispiel, dass sich der Umgang mit suspendierten Spielern schwierig gestaltet, denn wenn Vereine Spieler nach Tätigkeiten bereits suspendiert haben, kann oft kein Kontakt mehr zu Ihnen hergestellt werden.