Die Defensivspieler der bfv-Verbandsliga bekommen es neuerdings mit einem früheren Torschützenkönig der 2. Bundesliga zu tun. Im Auswärtsspiel beim FC Germania Friedrichstal (4:1) gab Nick Proschwitz sein Debüt im Trikot des VfB Eppingen. In der Spielzeit 2011/2012 konnte sich der inzwischen 36 Jahre alte Angreifer im Unterhaus des deutschen Profifußballs 17-mal für den SC Paderborn 07 - und damit so oft wie sonst kein anderer Spieler in dieser Saison - in die Torschützenliste eintragen.
Von Juli 2021 bis zum zurückliegenden Sommer war Proschwitz als Führungsspieler für die U 23 der TSG Hoffenheim in der Regionalliga Südwest am Ball. Mit seinem Vertragsende entschied sich der aus Weißenfels in Sachsen-Anhalt stammende Mittelstürmer, seine Profi-Laufbahn zu beenden und sich auf seine Trainerkarriere bei den Kraichgauern zu konzentrieren. Zunächst als Individualtrainer der U 16 sowie der U 17 tätig, arbeitet Proschwitz seit Juli als Co-Trainer von Carsten Kuhn bei der U 17, die in der Staffel Süd/Südwest der B-Junioren-Bundesliga als Titelverteidiger an den Start geht.
"Glücksfall und Vorbild"
Ganz aufhören mit dem aktiven Fußball wollte Proschwitz aber (noch) nicht. Davon hatte auch Oliver Späth, Sportlicher Leiter beim rund 27 Kilometer von der TSG Hoffenheim entfernten Sechstligisten VfB Eppingen, über einige Spielerkontakte gehört. "Wir haben Nick dann von uns aus angesprochen und zum Training eingeladen", berichtet Späth im Gespräch mit FUSSBALL.DE . "Er war dann vor etwa einem Monat erstmals bei uns beim Training, und es hat ihm auf Anhieb sehr gut gefallen."
"Ich bin fit und möchte einfach noch neben dem Trainerjob auf dem Platz aktiv sein"
Für den VfB, der in der Verbandsliga des Badischen Fußball-Verbandes (bfv) aktuell Platz vier belegt, ist die Verpflichtung ein "Glücksfall", wie Sport-Chef Späth betont. "Zum einen kann ein solcher Spieler mit seiner großen Erfahrung für uns sportlich sehr wertvoll sein. Zum anderen ist er ein Vorbild für unsere zahlreichen jungen Talente."
Proschwitz selbst betonte bei seiner Vorstellung in Eppingen: "Ich spiele einfach gerne Fußball und liebe diesen Sport. Außerdem bin ich fit und möchte einfach noch neben dem Trainerjob auf dem Platz aktiv sein. Das Team und der Trainer haben mich super aufgenommen, so dass ich mich freue, dass es nun geklappt hat."
Sein neuer Cheftrainer Christian Schweinfurth ist davon überzeugt, dass der Angreifer einiges von seiner Erfahrung an die Mitspieler weitergeben kann: "Nick ist ein weiteres Puzzlestück auf dem Weg, das Team besser zu machen." Die Zielsetzung in dieser Saison lautet, im oberen Tabellendrittel mitzuspielen.
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Nick Proschwitz war nicht nur 2011/2012 für den SC Paderborn 07 aktiv. Zu Beginn der Saison 2015/2016 kehrte er nach drei Jahren in England zu den Ostwestfalen zurück. Inklusive seiner Station bei Eintracht Braunschweig kommt er auf 83 Spiele und 29 Tore in der 2. Bundesliga. Für Hull City, den Barnsley FC und den FC Brentford kickte er in 59 Partien in der zweiten englischen Liga, der Championship, in denen er acht Tore erzielte. In der Spielzeit 2012/2013 gelang ihm mit Hull City der Aufstieg in die Premier League, wo er immerhin zu zwei Kurzeinsätzen kam.
Auch in den Niederlanden (sieben Spiele und drei Tore für Sparta Rotterdam), in Belgien (22 Spiele und vier Tore für VV St. Truiden) und in der Schweiz (31 Spiele und acht Tore für den FC Thun) sammelte Proschwitz Erfahrungen in den jeweils höchsten Spielklassen.
Bundesligadebüt mit 35
Ein Traum erfüllte sich für den ehemaligen Nachwuchsspieler der SpVgg Greuther Fürth und des Hamburger SV außerdem zum Abschluss der Saison 2021/2022. Statt im Trikot der U 23 der TSG Hoffenheim am letzten Spieltag seinen ersten Platz in der Torjägerliste der Regionalliga Südwest aktiv abzusichern, stand Nick Proschwitz im Alter von 35 Jahren erstmals im Kader der TSG-Profis, die vor der Partie bei Borussia Mönchengladbach (1:5) mit großen Personalsorgen zu kämpfen hatten.
"Abgezeichnet hat es sich nach dem Training mit der U 23 am Donnerstag, worüber ich mich sehr gefreut habe", so der Angreifer. "Ich habe zuvor schon in vier anderen Ländern in der ersten Liga gespielt. In Deutschland hatte ich es bisher aber noch nicht geschafft, nachdem ich mich im Jahr 2012 für einen Wechsel nach England entschieden hatte."
Es blieb aber nicht nur beim Kaderplatz: Proschwitz debütierte sogar in Deutschlands höchster Spielklasse, als er in der 64. Minute für Jacob Bruun Larsen eingewechselt wurde. "Erst einmal muss man sagen, dass das Spiel für uns nicht so schön war", erklärte Proschwitz im Nachgang in einem Interview auf der Homepage der TSG Hoffenheim. "Wir sind früh in Führung gegangen und hätten das 2:0 nachlegen können. Danach haben wir leider vermeidbare Gegentreffer kassiert. Für mich selbst war die Einwechslung natürlich dennoch ein schöner Moment. Als kleiner Junge träumt man davon, irgendwann mal in der Bundesliga zu spielen. Ich dachte eigentlich, dass diese "Party" für mich schon beendet ist. Es ganz am Ende meiner Karriere doch noch geschafft zu haben, ist ein gutes Gefühl und macht mich stolz. Ich hatte auch noch eine gute Chance, die leider knapp neben das Tor ging. Ein Treffer wäre noch das i-Tüpfelchen gewesen."
Obwohl er sich an jenem Wochenende weder bei der ersten Mannschaft noch bei der U 23 in die Torjägerliste eintragen konnte, blieb die Trefferausbeute von Proschwitz in der Regionalliga Südwest (20 Saisontore) unerreicht. Sein ärgster Konkurrent Markus Mendler vom FC 08 Homburg traf ebenfalls kein weiteres Mal. Und wer weiß? Vielleicht kommt nach den Auszeichnungen als Torschützenkönig der 2. Bundesliga und in der Regionalliga Südwest bald noch ein weiterer Titel für die bfv-Verbandsliga hinzu.
Autor/-in: Dominik Dittmar/MSPW