Singh: Torjäger in 7. Liga war bei WM dabei

Kamaljit Singh vom SV Eintracht Nordhorn aus der Bezirksliga Weser Ems 3 ist mit 18 Toren in sieben Spielen aktuell bundesweit der beste Torschütze der 7. Liga. Der Deutsch-Inder hat auch in seiner Karriere eine Wahnsinns-Bilanz: 196 Tore in 194 Spielen. Außerdem ist er Nationalspieler. Im Interview spricht der 27-Jährige über viele Tore in der Bezirksliga und für seine Heimat Punjab.

FUSSBALL.DE: Sieben Spiele, 18 Tore: Ist Ihnen Ihr perfekter Saisoneinstand nicht selbst etwas unheimlich, Herr Singh?

Kamaljit Singh: (lacht) Es war auf jeden Fall mein bester Saisonstart als Stürmer im Herrenbereich. Ich habe bei meinem früheren Verein Union Lohne mal 16 Treffer in den ersten sieben Partien erzielt. So gut wie jetzt war ich aber noch nie. Ich bin selbst gespannt, wie viele Tore es noch werden.

Insgesamt trafen Sie während Ihrer Laufbahn fast in jeder Saison oft - meist erzielten Sie sogar mehr Tore, als Sie Spiele absolviert haben. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

"Ich habe in der Jugend schon immer viele Tore erzielt - teilweise bis zu 60 pro Saison"

Singh: Ich habe in der Jugend schon immer viele Tore erzielt - teilweise bis zu 60 pro Saison. Ein großes Erfolgsgeheimnis habe ich aber gar nicht. Ich würde mich als einen Instinktstürmer bezeichnen, der oft genau richtig steht. Dass ich in dieser Saison so erfolgreich bin, hat aber auch noch einen anderen Grund: Karam, meine Liebe und Schicksal. Sie ist ein sehr besonderer Mensch, der mir viel bedeutet und mir gerade in der Corona-Zeit viel Kraft gegeben hat. Sie hat mich dazu motiviert, mich nicht hängen zu lassen, alleine zu trainieren und an meinen Schwächen zu arbeiten. Dafür bin ich ihr unendlich dankbar - und das habe ich unter anderem durch eine Gravur mit ihrem Namen in meinem Fußballschuh zum Ausdruck gebracht.

Mit Blick auf Ihre Karriere fällt außerdem auf: Sie waren nicht nur im Vereinsfußball schon Torschützenkönig, sondern auch bei der Nationalmannschaft Ihrer Heimat!

Singh: Das stimmt. Ich habe 2018 in London an der Conifa-WM - einer Weltmeisterschaft der Nationen, Minderheiten und Völker, die nicht Mitglied der FIFA sind - mit Punjab teilgenommen. Punjab ist eine ehemalige Provinz in Britisch-Indien, aus der meine Familie stammt. Nach der Unabhängigkeit zwischen Indien und Pakistan wurde Punjab aufgeteilt. Bei der Conifa-WM sind wir zwar nur Fünfter geworden, aber ich wurde mit sechs Treffern Torschützenkönig. Es war sensationell für mich, für Punjab aufzulaufen und dann auch noch so häufig zu treffen.

Und jetzt schielen Sie auf die nächste Torjägerkanone - und zwar die Torjägerkanone für alle" in der 7. Liga!

Singh: Es wäre natürlich fantastisch, wenn ich eine bundesweite Auszeichnung erhalten würde und den nächsten Titel als Torschützenkönig gewinnen könnte. Allerdings hat für mich klar Priorität, mit Eintracht Nordhorn Meister zu werden. Ich habe schon häufig Einzelauszeichnungen bekommen, der Titel mit Nordhorn fehlt noch. Diesmal soll es endlich klappen. Allerdings haben wir mit Spitzenreiter SV Meppen II einen großen Konkurrenten in unserer Liga. Meppens U 23 ist klarer Favorit. Aber wir wollen dem Nachwuchsteam des SVM so lange wie möglich Paroli bieten.

Auffällig ist, dass Sie vor allem in der Bezirksliga treffen, wie Sie wollen. Bei kurzen Ausflügen in Ihrer Karriere in die Regionalliga oder in die Westfalenliga lief es nicht so rund. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund dafür?

Singh: Das hatte verschiedene Gründe. Als ich beispielsweise damals von Union Lohne aus der Bezirksliga zum BSV Schwarz-Weiß Rehden in die Regionalliga Nord gewechselt bin, war das ein Sprung von drei Ligen. Dennoch kam ich zu Beginn unter der Regie von Trainer Wolfgang Schütte zu meinen Einsätzen. Als es dann aber einen Trainerwechsel gab, hatte ich es schwer und ich kam nicht mehr an den ehemaligen Profis Addy-Waku Menga und Francky Sembolo vorbei. Die Konkurrenz war sehr groß. Dennoch konnte ich in Rehden viel lernen und hatte dort eine schöne Zeit. Danach habe ich mich dazu entschieden, mich auf meinen Beruf als Buchhalter zu fokussieren und nur noch nebenbei Fußball zu spielen. Sonst hätte ich auch länger höher spielen können.

Fühlen Sie sich nicht ein wenig wie der Simon Terodde der Bezirksliga? Zu gut für die Bezirksliga, aber darüber tun Sie sich schwer?

Singh: Auf keinen Fall! Ich bin davon überzeugt, dass ich auch in höheren Ligen regelmäßig treffen kann. Nachdem ich mich in meinem Beruf mittlerweile gefestigt habe, bin ich bereit, das künftig auch zu beweisen. Bestenfalls natürlich mit Eintracht Nordhorn nach unserem Aufstieg 2022. Sehr entscheidend für den Erfolg eines Stürmers ist immer das Umfeld. Du kannst noch so viel Talent haben: Wird dir kein Vertrauen geschenkt, gehst du unter. In Nordhorn erhalte ich uneingeschränktes Vertrauen - und das zahle ich Woche für Woche mit Toren zurück. Eine wichtige Rolle spielt dabei mein Trainer, Ralf Cordes, der mir immer sehr viel Vertrauen geschenkt und mir schon vor zehn Jahren die Chance ermöglicht hat, auf einem sehr guten Niveau Fuß zu fassen. Er ist für mich wie eine Vaterfigur im Fußball.

In Ihrer Mannschaft spielt mit dem 20-jährigen Sunwinder Singh auch Ihr jüngerer Bruder. Wie schlägt er sich in seinen ersten Jahren im Herrenbereich?

Singh: Er hat sich wirklich unglaublich entwickelt. Seit seiner Zeit im Jugendbereich hat er einen wahnsinnigen Sprung gemacht. Sunwinder besitzt sogar das Potential, schon bald höher zu spielen. Ich bin sehr stolz auf ihn.

Hat er Ihnen schon den einen oder anderen Treffer aufgelegt?

Singh: Leider nein - mein Bruder ist aber auch Defensivspieler und gelernter Sechser. Derzeit hilft er in der Innenverteidigung aus und macht dort einen fantastischen Job. Er ist bereits eine wichtige Stütze in unserem Team. Ich hoffe, dass wir beide mit Eintracht Nordhorn unser großes Ziel erreichen und den Aufstieg in die Landesliga schaffen.