Diese Bilanz kann sich sehen lassen! Angreiferin Lisa Schramm von der BSG ScanHaus Marlow erzielte in der Frauen-Kreisliga Warnau in den ersten vier Saisonspielen sagenhafte 24 Treffer und führt damit die Wertung zur Torjägerkanone für alle in der 6. Liga an.
Doch damit nicht genug. Die Mannschaft von Cheftrainer Wolfgang Müller ist mit 75:3 Toren aktuell bundesweit das torgefährlichste Frauenteam überhaupt, liegt in dieser Statistik deutlich vor der zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund, die nach sechs Spielen mit 63 Treffern die Kreisliga A in Westfalen dominiert. Im Schnitt erzielte die BSG, die in dieser Saison den Aufstieg in die Kreisoberliga anstrebt, fast 19 Tore pro Spiel. "Diese Statistik macht uns alle auch ein wenig stolz", sagt Lisa Schramm im Gespräch mit FUSSBALL.DE .
Vier Spiele - viermal zweistellig
Die 33 Jahre alte Torjägerin hat bislang in jeder Partie mindestens dreimal getroffen. Ihre Saisonbestmarke liegt bei zehn Toren pro Spiel. Beim jüngsten 25:0-Kantersieg gegen den SV 1950 Gransebieth beließ es Lisa Schramm, die im Garten- und Landschaftsbau ihren Lebensunterhalt verdient, bei fünf Toren in der ersten halben Stunde.
"Ich bin noch eine Straßenfußballerin, habe früher nur mit Jungs gebolzt."
Riesige Freude löste der vierte zweistellige Erfolg im vierten Spiel nicht unbedingt aus. "Ich hätte mir schon etwas mehr Gegenwehr gewünscht. So macht es wenig Spaß, wenn man sportlich so gut wir gar nicht gefordert wird", gibt Lisa Schramm ehrlich zu und freut sich deshalb umso mehr auf die baldigen Spitzenspiele gegen die Verfolger SV Pastow, Rostocker FC 95 II, Grimmener SV oder TSV Bützow, die ebenfalls allesamt noch keine Punktverluste hinnehmen mussten. "Die harten Brocken kommen erst noch für uns."
In der zurückliegenden Saison hatte Lisa Schramm noch für den vorherigen Ligakonkurrenten VfB Traktor Hohen-Sprenz gekickt, der jedoch im Sommer wegen einer zu geringen Anzahl an Spielerinnen sein Frauenteam vom Spielbetrieb abmelden musste. Trotz dieser traurigen Entwicklung war für die erfahrene Stürmerin klar, dass sie unbedingt weiter Fußball spielen wollte.
Schließlich jagte Lisa schon im zarten Alter von fünf Jahren dem Ball hinterher. "Ich bin noch eine Straßenfußballerin, habe früher nur mit Jungs gebolzt", blickt die Torjägerin auf die Anfänge ihrer Fußballerkarriere zurück. Mit sechs Jahren hatte ihre Mutter sie beim FC Eintracht Schwerin angemeldet.
"Über ein Ende meiner Fußballerinnenlaufbahn habe ich in all den Jahren nur einmal nachgedacht", erinnert sich Lisa an den Moment, als sie sich vor zwei Jahren einen Achillessehnenriss zugezogen hatte. "Ich bin zum Kopfball hochgestiegen und werde dieses Geräusch, als es passierte, nie vergessen." Nach einem halben Jahr Pause war sie wieder fit und ließ weiter Tore für sie sprechen.
"Bei der BSG ScanHaus Marlow habe ich mich angemeldet, weil mir auch meine Mitspielerin Sally Rösler den Wechsel schmackhaft gemacht hatte", berichtet sie. "Ich wohne in Rostock, nehme jetzt gerne die 40 Kilometer Autofahrt zum Sportplatz nach Marlow in Kauf." Bei der BSG gehört Lisa Schramm, die für den FSV 02 Schwerin und den 1. FC Neubrandenburg auch schon in der Regionalliga Nordost am Ball war, zu den erfahreneren Spielerinnen.
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Für jeden Hattrick wird Kiste Bier fällig
Für den weiteren Saisonverlauf hat sich die "Straßenfußballerin" mindestens 40 Treffer zum Ziel gesetzt. "Ich traue mir zwar insgeheim mehr Tore zu, will aber nicht hochnäsig erscheinen", übt sich die Torjägerin in Bescheidenheit.
Ihre Mitspielerinnen freuen sich jedenfalls über die Treffsicherheit ihrer Angreiferin, weil nach jedem erzielten Hattrick eine Kiste Bier in der Mannschaftskabine gestellt wird. "Tatsächlich muss ich beim nächsten Training wieder eine Kiste spendieren", weiß Lisa nicht, ob sie sich in den nächsten Spielen nicht vornehm zurückhalten soll. "Ich werde demnächst wohl noch öfter abspielen und nicht immer selbst abzuschließen", sagt sie - und grinst.
Immerhin ist sie nicht die einzige Torgarantin im torgefährlichsten Frauenteam Deutschlands. Auch Sally Rösler (14 Treffer) kommt nach nur vier Partien schon auf eine zweistellige Quote. Isabel Kinder (neun), Laura Krolikowski und Anne Worgall (jeweils sieben) sind davon nicht mehr allzu weit entfernt.
Auch bei Lisa Schramm hat übrigens die Europameisterschaft in England und der dortige Auftritt der DFB-Frauen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Mit ehemaligen Mitspielerinnen des VfB Traktor Hohen-Sprenz und Leuten aus der Nachbarschaft wurden die Spiele in der eigenen Garage verfolgt. "Beim privaten Public Viewing haben wir der deutschen Nationalmannschaft die Daumen gedrückt und die Mädels angefeuert", sagt Lisa. "Schade, dass wir den Titel knapp verpasst haben."
Ihr großes Vorbild im Frauenfußball ist allerdings keine deutsche, sondern eine frühere schwedische Nationalspielerin: Lotta Schelin, die im August 2018 verletzungsbedingt ihr Karriereende bekanntgeben musste, hatte es Lisa besonders angetan. "Sie war Rekordtorschützin ihres Landes und wurde am häufigsten zur Fußballerin des Jahres in Schweden gewählt", meint Lisa Schramm anerkennend. "Ich hatte mir von Lotta, als sie bei Olympique Lyon spielte, sehr viel abgeschaut und auch ein Trikot besorgt."
Bayern-Fan wird nur "Scholli" gerufen
Warum Lisa Schramm jedoch schon seit vielen Jahren von allen nicht etwa "Lotta", sondern nur "Scholli" gerufen wird, ist leicht erklärt. Als die Torjägerin noch für den FSV 02 Schwerin am Ball war, streifte sie sich beim Training regelmäßig ein Trikot des ehemaligen Bayern- Stars und Nationalspielers Mehmet Scholl über. Das Trikot hatte ihr damals ihr Vater geschenkt, weil sie glühender Bayern-Fan war und heute immer noch ist. "Seitdem nennen mich alle nur noch Scholli."
Nach dem guten Saisonstart schielt "Scholli" jetzt neben dem Aufstieg mit der BSG auch auf die Torjägerkanone für alle. "Ich habe bislang noch nie eine persönliche Auszeichnung gewonnen", verrät sie. "Der Gewinn der Trophäe wäre das Highlight in meiner Karriere und würde mich unglaublich stolz machen."
Autor/-in: Peter Haidinger/MSPW