Video: Hirsch Preis 2024 an F. C. Hertha Bonn
Traditionsverein F. C. Hertha Bonn 1918 ist einer von drei Gewinnern des Julius Hirsch Preises 2024. Im Video stellt FUSSBALL.DE den Preisträger vor.
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Beim Spiel der C-Juniorinnen in der Landesliga Nord Rheinhessen zwischen der DSG Breitenthal/CJSG Hunsrücker Land und dem 1. FFC Rheinhessen Ingelheim wird sie am Sonntagmittag um 13 Uhr selbstverständlich an der Seitenlinie stehen. Die U-15-Mädels sind ihr wichtig, dabei steht am selben Tag ein großes Jubiläum an.
Am 8. September 1974 holt der TuS Wörrstadt im Mainzer Bruchweg-Stadion mit einem 4:0-Sieg gegen die DJK Eintracht Erle aus Gelsenkirchen die erste Deutsche Meisterschaft im Frauenfußball. Die Kapitänin der Wörrstädterinnen und Schützin des zwischenzeitlichen Treffers zum 3:0, der dann sogar zum "Tor des Monats" der ARD-Sportschau gewählt wird, ist Bärbel Wohlleben.
Die inzwischen 80-Jährige gilt als "Pionierin des Frauenfußballs" und wird auch "Franz Beckenbauer des Frauenfußballs" genannt. Was sie davon hält und warum sie immer noch auf dem Platz steht, eben als Trainerin der U-15-Juniorinnen des 1. FFC Rheinhessen-Ingelheim, erzählt sie uns im Interview.
FUSSBALL.DE: Frau Wohlleben, wie kamen Sie zum Fußball?
"Das empfinde ich als eine schöne Auszeichnung, mir ging es aber immer um mehr, nämlich die Anerkennung des Frauenfußballs an sich"
Wohlleben: Ich hatte mit meinen Brüdern immer im Hof gekickt. Der WM-Sieg der Männer 1954 gegen Ungarn war der eigentliche Auslöser. Meine Brüder und ich hatten bei Freunden das Spiel vor einem Fernseher verfolgt. Ich war so angesteckt worden, dass ich selbst in einem Team kicken wollte. So hatte mich mein Bruder Otto mit zum Sportplatz genommen. Der Trainer der SpVgg. Ingelheim sagte: "Zeig mal, wie du mit dem Ball umgehen kannst." Ich ließ den Ball über, am und unter dem Fuß rollen. Das hatte ihn überzeugt. So hatte ich vier Jahre lang in der C-Jugend mit Jungs Fußball gespielt.
Und dann?
Wohlleben: Meine Eltern haben mich in meinem Wunsch, Fußball zu spielen, immer unterstützt. Das war ganz wichtig, mein Vater war Rechtsanwalt und hatte eine Sonderspielerlaubnis für mich beim südwestdeutschen Fußballverband beantragt. Als ich mit 15 nicht mehr bei den Jungs mitspielen durfte, hatte ich mir als Alternative den Handballsport ausgesucht.
Frau Wohlleben, was bedeutet Ihnen das heutige Jubiläum, dass sich die erste Deutsche Meisterschaft im Frauenfußball nun zum 50. Mal jährt?
Bärbel Wohlleben: Das war eine schöne Sache. Ich erinnere mich gerne an das Spiel in Mainz und die vielen Feierlichkeiten danach. Jetzt, da es auf den Tag genau 50 Jahre her ist, leben die Erinnerungen wieder auf. So hatte uns Regine Israel mit zwei Toren in Führung geschossen. Mir ist in der zweiten Halbzeit das 3:0 gelungen, ehe Regine das 4:0 nachgelegt hatte. Wichtig war allerdings nicht nur der Sieg für uns, sondern dass der Frauenfußball nach seiner Legitimierung durch den DFB endlich auch richtige Strukturen bekommen hatte und eine offizielle Meisterschaft durchgeführt wurde, nachdem wir ein Jahr zuvor inoffiziell Meisterin geworden waren. Dieser Wettbewerb wurde damals ‚Goldpokal" genannt.
Und was bedeutet Ihnen das "Tor des Monats", das erste, das von einer Frau erzielt wurde?
Wohlleben: Auch das empfinde ich als eine schöne Auszeichnung, mir ging es aber immer um mehr, nämlich die Anerkennung des Frauenfußballs an sich. Nachdem der DFB am 31. Oktober 1970 das Verbot für den Frauenfußball aufgehoben hatte, haben sich immer mehr Mannschaften für den Spielbetrieb angemeldet. Trotzdem hatten wir noch lange gegen viele Widerstände anzukämpfen.
Wie meinen Sie das?
Wohlleben: Wir wurden von den Männern belächelt, es gab dumme und obszöne Äußerungen. Bei uns in Wörrstadt hatte sich das schnell gelegt. Denn unser Vorteil war es, dass einige Frauen in verschiedenen Sportarten aktiv waren. Zum Beispiel kamen Uschi Demler vom Handball und Gerhild Binder vom Kunstradfahren zu uns. Ich selbst hatte Handball gespielt und war im Fünfkampf in der Leichtathletik aktiv. Das hatte uns sehr geholfen, um dem Frauenfußball mehr Anerkennung zu verleihen.
Und dann wurden Sie zu einer "Pionierin des Frauenfußballs". Wie finden Sie es, "Franz Beckenbauer des Frauenfußballs" genannt zu werden?
Wohlleben: Das ist einerseits eine große Ehre, mit dem berühmten Fußball-Kaiser in einem Atemzug genannt zu werden. Auf der anderen Seite passt der Vergleich nicht ganz. Ich habe nämlich auf einer anderen Position als Franz Beckenbauer gespielt, nämlich weiter vorne im Mittelfeld oder sogar manchmal im Sturm. Das entsprach der Position des damaligen Nationalspielers Helmut Haller.
Der Frauenfußball hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer weiterentwickelt und hat heute auch in der Öffentlichkeit eine ganz andere Wahrnehmung als zu Ihrer aktiven Zeit. Freuen Sie sich, dass auch Sie einen Teil zu diesem Prozess beigetragen haben?
Wohlleben: Selbstverständlich, das erfüllt mich mit Stolz und Freude! Wichtig ist aber, dass so eine Entwicklung nachhaltig ist. Der DFB hat seit den 1990er-Jahren darauf gedrängt, dass sich die Profiklubs in der Hinsicht mehr engagieren und eigene Frauenfußball-Abteilungen aufbauen. Bis dahin waren es ja meistens Amateurvereine wie zum Beispiel der SC Bad Neuenahr, der Bonner SC, Heike Rheine, Turbine Potsdam oder der 1. FFC Frankfurt, die führend waren. Nach der Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land gab es einen Boom, der aber wieder ein wenig verebbte. Heute sind die Strukturen viel professioneller. Das ist auf der einen Seite sehr gut. Andererseits sieht man aber auch, dass ganz oben die reinen Amateurvereine wenig Chancen haben, Frauenteams bis in die Bundesliga zu bringen.
Sie selbst sind nach wie vor bei einem Amateurverein aktiv, nämlich als Trainerin bei der 1. FFC Rheinhessen Ingelheim wo Sie einst die Frauen- und Mädchenfußball-Abteilung aufgebaut haben. Wie werden Sie von Ihren U-15-Juniorinnen, deren Oma oder sogar Uroma Sie sein könnten, angesprochen?
Wohlleben: Mit meinem Vornamen. Mir ist es wichtig, dass wir respektvoll miteinander und natürlich auch mit dem Gegner umgehen. Ich mache sie neugierig darauf, taktische Varianten zu erlernen. Ferner lasse ich die Mädels auf verschiedenen Positionen spielen, damit sie vielseitiger werden. Außerdem lasse ich sie mit rechts und links passen, um beidfüßig spielen zu können.
Sie sind 80, wie lange werden Sie noch als Trainerin auf dem Platz stehen?
Wohlleben: Nächstes Jahr kommen meine Mädchen in die U17, dann ist Schluss. Ich fühle mich zwar körperlich und geistig noch fit, aber dann wird mir der Aufwand zu groß. Natürlich werde ich mir aber noch das eine oder andere Spiel anschauen und so dem Frauen- und Mädchenfußball treu bleiben.
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