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In einem Spiel, das an dramaturgischer Dichte kaum zu überbieten war, hat der FC Rot-Weiß Erfurt am Samstagnachmittag im heimischen Steigerwaldstadion eine bemerkenswerte Energieleistung vollbracht und den unmittelbaren Tabellennachbarn BFC Dynamo trotz über 50 Minuten in numerischer Unterzahl mit 4:1 bezwungen.
Dabei hatten die Thüringer zur Pause nach einem haarsträubenden Patzer von Torwart Otto nicht nur mit 0:1 zurückgelegen, sondern agierten nach der Gelb-Roten Karte gegen Stürmer Ugondu bereits dezimiert. Was sich dann jedoch zwischen der 55. und 76. Spielminute entwickelte, war ein fußballerischer Befreiungsschlag, getragen von Wucht, Präzision und mentaler Unerschütterlichkeit – und ein Offenbarungseid für die Berliner, die sich nach zwei eigenen Platzverweisen regelrecht zerlegten.
Die Partie begann mit einem kolossalen Fehlgriff, der symptomatisch für die anfängliche Unsicherheit im Spiel der Gastgeber stand. In der 6. Minute spielte Fabinski den Ball unter Bedrängnis zurück auf Schlussmann Otto – ein Routinepass, der sich jedoch als Bumerang entpuppte. Otto vertändelte das Leder, der heraneilende Wüstenhagen sagte Danke und schob zur frühen BFC-Führung ein. Ein Geschenk, das den Berlinern nicht nur einen perfekten Start bescherte, sondern Erfurt vor eigenem Publikum sichtlich lähmte.
In der Folge blieb das Spiel auf beiden Seiten fahrig. Während der BFC durch Lankford, Makovec und Breitfeld mehrfach gefährlich vor dem Erfurter Tor auftauchte – unter anderem vergab Breitfeld in der 23. Minute freistehend vor dem leeren Tor –, mühten sich die Gastgeber redlich, fanden aber weder Rhythmus noch Tiefe im Offensivspiel. Immerhin: Ein Distanzschuss von Schwarz (25.) und einige Ansätze über die rechte Seite durch Dabo sorgten für etwas Entlastung.
Der Tiefpunkt der ersten Halbzeit aus Sicht der Gastgeber folgte in der 38. Minute: Ugondu, zuvor bereits verwarnt, stieg gegen Amadou überhart ein und sah folgerichtig die Gelb-Rote Karte. Der BFC verwaltete bis zur Pause die Führung souverän, hätte sie bei besserer Chancenverwertung sogar ausbauen können. Dass RWE zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch im Spiel war, war einzig der Ineffizienz der Berliner Offensive geschuldet.
Wer geglaubt hatte, dass die Partie nach dem Wechsel einem klaren Drehbuch folgen würde, sah sich fundamental getäuscht. Es war, als hätte das Erfurter Trainerteam in der Kabine einen kollektiven Schalter umgelegt. Angeführt vom spielfreudigen Trübenbach und dem unermüdlich antizipierenden Aboagye drängte RWE die Berliner zunehmend in die eigene Hälfte – und wurde belohnt.
In der 55. Minute glich Moritz nach einer Ecke mit einer energischen Kopfballaktion zum 1:1 aus – der Weckruf, den das Steigerwaldstadion gebraucht hatte. Drei Minuten später war es erneut Trübenbach, der nach einem Foul von El Abed an Aboagye vom Punkt eiskalt zur 2:1-Führung vollendete (58.). Die Szene hatte Folgen: El Abed wurde nur drei Minuten später nach einem weiteren Foulspiel mit Gelb-Rot des Feldes verwiesen (61.), die Berliner dezimierten sich selbst und wirkten fortan mental wie körperlich überfordert.
Was dann folgte, war eine Demontage: In der 71. Minute nutzte Langner ein völliges Durcheinander in der Berliner Defensive und traf zum 3:1. Sechs Minuten später trug sich auch Maluze in die Torschützenliste ein – nach präzisem Abschluss zum 4:1 (76.) war die Partie entschieden. Die Berliner waren da bereits mit zwei Spielern weniger auf dem Feld, denn Wüstenhagen hatte nach einem rüden Foul an Aboagye in der 68. Minute ebenfalls die Ampelkarte gesehen – der zweite Platzverweis für den BFC Dynamo an diesem Nachmittag.
Es war bezeichnend, wie sich das Spiel in seiner finalen Phase entwickelte: Der BFC, vor der Pause dominant und tonangebend, verlor nicht nur drei Akteure durch Undiszipliniertheiten, sondern auch jegliche taktische Ordnung. Die Einwechslungen von Crosthwaite, Meyer, Wießmeier und Stockinger verpufften wirkungslos, während Erfurt mit den Hereinnahmen von Uzun, Caciel und Kaufmann neue Frische einbrachte und die Kontrolle vollständig übernahm.
Ein Schuss von Uzun in der 90. Minute, den Wießmeier auf der Linie klärte, hätte beinahe das 5:1 bedeutet – es wäre der Schlusspunkt einer Partie gewesen, in der sich die Hausherren binnen 45 Minuten rehabilitierten, während der Gast jegliche Souveränität einbüßte. So blieb es beim 4:1 – einem Ergebnis, das sich auf dem Papier deutlich liest, in der zweiten Halbzeit aber Ausdruck einer klaren Kräfteverschiebung war.
Was als Desaster begann, endete in einer Triumphstunde für Rot-Weiß Erfurt. Der FC RWE bewies in Unterzahl Moral, Effizienz und taktische Reife und feierte einen historischen Heimsieg gegen einen BFC Dynamo, der sich nach kontrollierter erster Hälfte selbst demontierte. Die Thüringer katapultieren sich durch diesen Erfolg nicht nur emotional, sondern auch tabellarisch in eine komfortablere Ausgangslage – während sich der BFC mit Fragen zur eigenen Disziplin und inneren Stabilität konfrontiert sieht.