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Im Lichterfelder Frühlingslicht entglitt dem Tabellenführer aus Leipzig ein sicher geglaubter Pflichtsieg: Der 1. FC Lok verlor am 30. Spieltag der Regionalliga Nordost überraschend mit 1:2 bei Hertha Zehlendorf und musste erstmals seit Anfang März wieder eine Niederlage hinnehmen.
Nachdem die Sachsen durch ein Eigentor von Enke in Führung gegangen waren, glich Hartl nur drei Minuten später mit einem direkt verwandelten Freistoß aus. In der zweiten Hälfte entschied Henneke mit einem Distanzschuss die Partie zugunsten der Berliner, die sich durch aufopferungsvollen Einsatz und taktisch diszipliniertes Verhalten den Dreier redlich verdienten. Lok, das in der Schlussphase durch Maderer und Ziane noch zu Chancen kam, scheiterte letztlich an fehlender Präzision – und einem starken Berliner Schlussmann.
Es waren nur drei Minuten, die dem Spiel seine dramatische Wende gaben. Drei Minuten, in denen die Favoritenrolle kippte, die dramaturgische Fallhöhe wuchs und sich ein vermeintlich klarer Spielverlauf in sein Gegenteil verkehrte. In der 25. Minute war es noch Lok Leipzig, das seiner Rolle als Titelfavorit gerecht wurde: Nach einem energischen Vorstoß von Verkamp schoss dieser aus spitzem Winkel, Zehlendorfs Torwart Amankona konnte nur abwehren – unglücklich prallte der Ball gegen den Kopf von Enke und von dort ins eigene Netz. Ein klassisches Eigentor, das sinnbildlich stand für die unglückliche Anfangsphase der Gastgeber.
Doch nur drei Minuten später gelang Hartl die prompte Antwort – und was für eine: Ein Freistoß aus gut 20 Metern, kompromisslos und präzise ins rechte obere Eck gezirkelt, ließ Lok-Keeper Naumann keine Abwehrchance. Mit diesem Treffer wurde das Spiel nicht nur ausgeglichen, sondern auch neu eröffnet – mit fortan mutiger agierenden Berlinern, die die Aggressivität im Gegenpressing erhöhten und dem Leipziger Ballbesitzfußball zunehmend die Räume nahmen.
Taktisch setzte Zehlendorf auf ein kompaktes 4-2-3-1, das situativ zu einem tiefstehenden 4-5-1 wurde. Der Fokus lag klar auf dem schnellen Umschaltspiel, in dem insbesondere Baro und Wagner mit hohem Laufaufwand immer wieder die Schnittstellen anliefen. Lok hingegen versuchte, das Spiel kontrolliert aufzubauen, hatte über weite Strecken mehr Ballbesitz und kam vor der Pause auch zu mehreren hochkarätigen Chancen. So parierte Amankona in der 18. Minute stark gegen einen Kopfball von Verkamp, kurz darauf schoss Dombrowa nach feinem Zuspiel von Abderrahmane knapp am Tor vorbei.
Dass Leipzig in dieser Phase das Spiel nicht entschied, erwies sich als fatal. Zehlendorf hielt körperlich dagegen, agierte in den Zweikämpfen mit hoher Intensität und nutzte jede Gelegenheit, um durch schnelle Verlagerungen in den Rücken der Leipziger Viererkette zu stoßen. Insbesondere Hartl und Kastrati sorgten mit klugem Bewegungsspiel immer wieder für Unruhe zwischen den Linien.
Nach Wiederbeginn entwickelte sich ein Spiel, das von Spannung und Intensität lebte, ohne jedoch in Hektik zu verfallen. Beide Trainer vertrauten zunächst dem bestehenden Personal, doch der Spielverlauf veränderte sich merklich: Zehlendorf gewann mehr zweite Bälle, während Lok zunehmend fahriger wurde. In der 64. Minute dann der Kulminationspunkt: Nach einem Ballverlust im Mittelfeld startete Zehlendorf einen schnellen Gegenangriff über das Zentrum. Henneke, unbedrängt und mit freiem Blick, fasste sich aus rund 20 Metern ein Herz – sein Flachschuss schlug unhaltbar im linken unteren Eck ein. Es war der Lohn für einen entschlossenen Auftritt – und der Weckruf für Lok.
Trainer Duda reagierte umgehend, brachte mit Ziane und Ogbidi neue Offensivkraft. Doch Zehlendorf blieb gefährlich. In der 76. Minute parierte Naumann zweimal spektakulär gegen Wagner und Baro – Szenen, die unterstrichen, wie offen die Partie in dieser Phase war. Doch auch Lok kam zu seinen Momenten: In der 80. Minute köpfte Maderer eine präzise Flanke von Dombrowa an die Latte, Cevis setzte den Nachschuss per Fallrückzieher knapp vorbei. Es war die vielleicht beste Möglichkeit zum Ausgleich – und zugleich sinnbildlich für einen Nachmittag, an dem das nötige Quäntchen fehlte.
Die Schlussviertelstunde war geprägt von zunehmender Dringlichkeit auf Leipziger Seite und defensiver Geschlossenheit bei Zehlendorf. Trotz nachlassender Kräfte hielten die Berliner Linien. Selbst als Ziane in der 74. Minute eine Direktabnahme auf das Tor brachte oder Ogbidi in der Nachspielzeit einen Freistoß knapp über das Gehäuse setzte – Hertha hielt dem Druck stand, kämpfte, warf sich in jeden Ball. Ein letztes Ausrufezeichen setzte Abé, der in der 90. Minute beinahe die Entscheidung erzwungen hätte, aber an Naumann scheiterte.
Nach dem Schlusspfiff brach großer Jubel aus: Zehlendorf hatte nicht nur den haushohen Favoriten geschlagen, sondern sich für eine leidenschaftliche, gut strukturierte und taktisch reife Leistung belohnt. Lok hingegen muss die erste Niederlage seit sieben Wochen hinnehmen und sieht den Vorsprung auf den Halleschen FC auf sieben Punkte schrumpfen. Noch ist der Aufstiegskurs nicht gefährdet – doch der Dämpfer kommt zur Unzeit.