Vereinswechsel: Das musst du wissen!
Sommerzeit ist Transferzeit: Das ist im Amateurfußball nicht anders als in der Bundesliga. Hier gibt's die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vereinswechsel.
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Treue Seelen: Hector (l.) und Horn bleiben auch beim Bundesligaabstieg in Köln.[Foto: imago/DeFodi]
Der Lockruf des Geldes verführt viele Fußballprofis zum Vereinswechsel. Insbesondere im Abstiegsfall ziehen die Topspieler meist eilig von dannen. Dass es auch anders geht, beweisen in diesen Tagen Nationalspieler Jonas Hector und Olympia-Silbergewinner Timo Horn, die trotz des Bundesligaabstiegs beim 1. FC Köln bleiben. Gelebte Vereinstreue, wie sie im Amateurfußball an der Tagesordnung ist - die neueste Folge der FUSSBALL.DE-Kolumne Amateur-Alltag von Joel Grandke.
Fußball-Weisheit #9: "Ein Mann kann Frauen wechseln. Politische Parteien oder Religionen. Aber nicht den Lieblingsverein." Da klimpert‘s kräftig im Phrasenschwein. Der uruguayische Schriftsteller Eduardo Galeano spricht den Fans vom 1. FC Köln wohl gerade aus der Seele. Obwohl der Abstieg der Kölner besiegelt ist, ist dort eine gewisse Euphorie zu erkennen – quasi aus Trotz. Der Grund: Der vielfach umworbene Nationalspieler Jonas Hector verlängerte seinen Vertrag und entschied sich, mit dem Effzeh in die 2. Liga zu gehen. Anstatt bei einem Top-Club in der Champions League aufzulaufen, geht es nächste Saison zum Auswärtsspiel nach Paderborn.
Nach der WM in Russland kickt der Linksverteidiger also bewusst in der Zweitklassigkeit, um den bitteren Abstieg mit seinem Herzensverein direkt wieder zu reparieren. Nur wenige Tage später tat es ihm FC-Keeper Timo Horn gleich, der zu den besten Torhütern der Bundesliga zählt. Er fühlt sich Stadt und Verein ebenfalls zu sehr verbunden, um das sinkende Schiff nun zu verlassen. Keiner hätte ihnen einen nachvollziehbaren Wechsel zu einem Team von internationalem Format übelnehmen können, aber sie haben dennoch den unbequemen Weg mit ihrem Club gewählt.
In heutigen Zeiten, in denen Profis ihre Abgänge per Streik erzwingen oder für Wahnsinnsgehälter in die sportliche Bedeutungslosigkeit irgendwelcher Wüsten-Staaten wechseln, ist das Vorgehen der Kollegen Hector und Horn durchaus besonders. Hinzu kommt, dass beide im besten Fußballeralter wären, um nochmal zu testen, wie weit es in ihrer Karriere noch nach oben gehen könnte. Wer in dieser Phase tatsächlich auf sein Herz hört und Geld und Karriere-Aussicht zumindest nicht an die erste Stelle stellt, gehört sicher zu den Ausnahmeerscheinungen im heutigen Geschäft. Neben dem Begriff "Fußballromantik" ist seit dieser Woche das Emblem vom 1. FC Köln vermerkt. Ein starkes Zeichen!
"Ein Abstieg von der 1. in die 2. Kreisklasse tut weh, wird aber nach dem Hector-Horn-Prinzip erwidert: Jetzt erst recht!"
Der Amateurbereich spielt in Sachen Vereinstreue bekanntermaßen in einer ganz anderen Liga. Hier geht es natürlich nicht um berufliche Existenzen, doch auch in den niederen Klassen gibt es durchaus Reize, um im Laufe der Jahre mal die Vereine zu wechseln. Auch hier müssen vor allem die talentiertesten Kicker aus hartem Holz geschnitzt sein, um den Anbiederungen anderer Clubs zu widerstehen. Ab einem gewissen Niveau setzt schließlich auch hier der Standard ein, dass Spieler für ihre Leistungen entlohnt werden. Das kann in vielerlei Hinsicht passieren: Vom klassischen Monatsgehalt samt Punktprämien bis hin zu gesponserter Ausrüstung oder Tankgutscheinen ist alles möglich.
Wer bei seinem Kreisklassen-Verein für Furore sorgt, spielt sich also schnell auf die Wunschlisten der höherklassigen Nachbarvereine. Auch auf diesem Niveau ist natürlich nichts daran auszusetzen, wenn ein Spieler im Laufe seiner Karriere mal seine Grenzen austesten möchte. Eine tiefgehende Loyalität zur eigenen Truppe, der man womöglich von der Jugendzeit bis in die Alte Herren die Treue hält, ist hier aber keine Seltenheit. Finanziell reizvolle Angebote, die beispielsweise ein nettes Zubrot für einen Schüler, Studenten oder Azubi sind, bringen den ein oder anderen sicher ins Grübeln. Häufig setzt sich am Ende aber doch die Verbundenheit zu den Jungs durch, mit denen man schon so viele gemeinsame Höhen und Tiefen erlebt hat.
Ein Abstieg von der 1. in die 2. Kreisklasse tut weh, aber wird nach dem Hector-Horn-Prinzip erwidert: Jetzt erst recht! Hier zählen die regelmäßigen Mannschaftsabende nach dem Training oder Spiele mehr als Tankgutscheine oder ein neues Paar Fußballschuhe. Wer über Jahre die Vereinslieder über die großen Erfolge früherer Tage oder die Abneigung gegen den verhassten Nachbar-Club aus voller Kehle mitgegrölt hat, kann schließlich nicht so einfach die Farben wechseln. Ob gute Zeiten mit Aufstiegen und Pokalsiegen oder schlechte Zeiten im kräftezehrenden Abstiegskampf – das alles gehört zum Sport dazu und veranlasst daher auch nicht jeden, bei der erstbesten Gelegenheit den Absprung in entspanntere Gewässer zu schaffen.
Kultige Beispiele von gelebter Vereinstreue lassen sich in fast jedem Amateurverein finden. Es gibt immer die paar Senioren-Kicker, die einem noch von den großen Derbys der 70er oder 80er Jahre vorschwärmen, bei denen sie noch in der "Blüte ihres sportlichen Schaffens" standen. Unter diesen Urgesteinen lassen sich aber noch ganz besondere Fälle finden: Da gibt es beispielsweise den über 80-jährigen Heinz Böhmer vom TuS Kranenburg, der trotz seines hohen Alters immer noch als engagierter Torwarttrainer im Einsatz ist. Zitat: "Wenn die Gräten das mitmachen, werde ich noch einige Zeit Torwarttrainer bleiben. Vorausgesetzt, die Jungs akzeptieren mich noch."Es ist wohl kaum vorstellbar, dass ein Spieler keinen Respekt vor einer solchen Lebensleistung zollen wird.
Ein anderer Fall von großgeschriebener Loyalität ist Guido Kuhn. Mit Mitte 50 ist er immer noch der unersetzbare Libero des FSV Azzurri Landau. Er ist Gründungsmitglied, Rekordspieler und absolute Identifikationsfigur für den Verein aus der Südpfalz. Über 1000 Spiele hat er für seine Truppe absolviert: "Das hier ist mein Klub. Ich könnte mir auch gar nicht vorstellen, für einen anderen zu spielen."
Vergleichbare Fälle kennt jeder Amateurkicker wohl aus seinem Umfeld: Aufgehört wird erst, wenn der Körper es gar nicht mehr hergibt. An Vereinswechsel haben solche Urgesteine meist nie einen großen Gedanken verschwendet. Warum auch? Wer schon als Nachwuchs-Kicker in die Gemeinschaft gewachsen ist und über Jahre und Jahrzehnte mit dem Verein durch dick und dünn gegangen ist, wird sich am Ende der Karriere wohl kaum darüber beklagen, dass er ohne Tapetenwechsel zu wenig Aufregendes erlebt hätte. Viel mehr als das Sportliche stehen die Atmosphäre und das Zusammensein mit den Kollegen im Vordergrund. Wer das nicht nachvollziehen kann, hat den Fußball definitiv nie geliebt.
Joel Grandke, Buchautor und aktiver Amateurkicker aus Hamburg, spürt in seiner wöchentlich auf FUSSBALL.DE erscheinenden Kolumne der Faszination Amateurfußball nach. Stets mit einem Augenzwinkern.
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