Torjäger Simon Engelmann von Regionalliga West-Spitzenreiter SV Rödinghausen hatte seit vielen Jahren den Traum von einer Profikarriere. Jetzt wechselt der 31 Jahre alte Stürmer aber nicht etwa in die 3. Liga, sondern zu Ligakonkurrent Rot-Weiss Essen. Im Interview mit FUSSBALL.DE erklärt Engelmann, mit 26 Treffern in 26 Partien bester Regionalligatorschütze der Saison 2019/2020, diesen Schritt.
FUSSBALL.DE: Bis zur Saison-Unterbrechung waren Sie mit dem SV Rödinghausen Spitzenreiter in der Regionalliga West und hatten schon 26 Treffer erzielt. Wie traurig sind Sie darüber, dass Sie diese Top-Saison nicht mehr beenden konnten, Herr Engelmann?
Simon Engelmann: Schon sehr. Es war mit das beste Jahr, das ich bisher als Fußballer hatte. Wir hatten bereits die meisten Konkurrenten abgehängt und waren auf einem guten Weg, Meister zu werden. Dass wir die Saison nicht beenden können, tut weh. Außerdem habe ich so leider nicht die Möglichkeit, mich richtig zu verabschieden.
Sie sprechen Ihren Abschied aus Rödinghausen bereits an. Trotz der erfolgreichen Spielzeit verlängerten Sie Ihren nun auslaufenden Vertrag nicht. Weshalb?
"Mein neues Ziel lautet, dazu beizutragen, dass RWE die Rückkehr in den Profifußball schafft"
Engelmann: Ich hatte das große Ziel, mit Rödinghausen in die 3. Liga aufzusteigen. Als uns die Vereinsverantwortlichen mitteilten, dass der SVR trotz der Tabellenführung keine Zulassung für die 3. Liga beantragen würde, war das ein großer Schock für das gesamte Team. All das, wofür wir lange Zeit hart gearbeitet hatten, war von jetzt auf gleich zunichte gemacht. Für mich war das der Anlass für eine neue Herausforderung.
Sie hatten die Möglichkeit, Ihren Traum vom Profifußball mit Anfang 30 noch zu verwirklichen. Warum schließen Sie sich dennoch Rödinghausens Ligakonkurrenten Rot-Weiss Essen an und bleiben damit in der Regionalliga?
Engelmann: Es gab in der Tat einige Gespräche mit Drittligisten. Allerdings kam es nie zu einem konkreten Angebot, weil auch die Lage in der 3. Liga wegen der Corona-Krise lange Zeit ungewiss war und die Vereine keine Planungssicherheit hatten. Dann bekam ich das sehr interessante Angebot von Rot-Weiss Essen - dem einzigen Regionalligisten, der für mich als neuer Verein in Frage kam. Das Gesamtpaket hat gepasst und ich wollte - auch für meine Familie - Sicherheit haben. Ich wechsle zu einem ambitionierten Traditionsklub aus einer schönen Stadt mit großartigen Fans.
Sie waren als bester Torschütze aller fünf Regionalligen heiß begehrt. Gab es auch Anfragen aus dem Ausland?
Engelmann: Ja, schon. Ein Wechsel ins Ausland war für mich aber keine Option. Dort kenne ich mich nicht aus und einen Sprung ins Ungewisse wollte ich mir und meiner Familie nicht antun. Meine Frau und ich kommen aus Niedersachsen, unsere Familien und Freunde leben dort. Von Essen aus sind wir in rund zwei Stunden in der Heimat. Bei RWE kann ich Sportliches und Privates hervorragend vereinen.
Sie sprachen im zurückliegenden Sommer davon, dass es 2020 zwei Optionen gibt: Entweder im Fußball noch einmal angreifen oder den Fokus auf den Einstieg ins Berufsleben legen. Mittlerweile sind Sie studierter Wirtschaftsinformatiker. Wie sieht die Planung nun aus?
Engelmann: Ich habe in Essen für zwei Jahre unterschrieben - mit der Option auf eine weitere Saison. Mein neues Ziel lautet, dazu beizutragen, dass RWE die Rückkehr in den Profifußball schafft. Verein und Fans warten schon sehr lange darauf. Ich bin optimistisch, dass es klappt und ich meinen Traum von der 3. Liga mit Rot-Weiss Essen realisieren kann. Der Berufseinstieg kann noch warten.
Ihr Profitraum lebt also noch?
Engelmann: Definitiv. Mit RWE habe ich jetzt auch einen Verein, der über die notwendigen finanziellen und infrastrukturellen Strukturen verfügt, um bei sportlichem Erfolg auch aufsteigen zu können. In Essen wird für einen Regionalligisten bereits sehr professionell gearbeitet. Der Klub gehört mindestens in die 3. Liga.
Autor/-in: Christian Knoth/MSPW