Spätestens mit dem Trainingsauftakt am 21. Juni beginnt für Enrico Maaßen ein neuer Lebensabschnitt. Der 34-Jährige wird beim SV Rödinghausen in der Regionalliga West erstmals als hauptamtlicher Trainer tätig sein. Bis zum Ende der vergangenen Saison stand der Familienvater noch bei der SV Drochtersen/Assel in der Regionalliga Nord an der Seitenlinie und arbeitete hauptberuflich im Fitnessbereich eines Hotels. Die SVD verließ er mit der Qualifikation für den DFB-Pokal. Noch ohne Maaßen schaffte aber auch Rödinghausen erstmals den Sprung in die große Lostrommel und hofft nun am Freitag bei der Auslosung im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund auf einen attraktiven Gegner.
Im FUSSBALL.DE -Interview spricht Enrico Maaßen über die DFB-Pokalauslosung, das Risiko seiner Entscheidung für Rödinghausen und seine Ziele bei seinem neuen Verein.
FUSSBALL.DE: Wie sehr fiebern Sie der DFB-Pokalauslosung am Freitag entgegen, Herr Maaßen?
Enrico Maaßen: Ich bin da eigentlich recht entspannt, da ich es nicht beeinflussen kann. Auf der einen Seite wünsche ich mir einen überragenden Gegner wie den FC Bayern München, Borussia Dortmund oder den FC Schalke 04, der riesiges Interesse garantiert. Auf der anderen Seite hätte ich aber auch nichts gegen einen Kontrahenten, den wir ganz vielleicht an einem guten Tag in Bedrängnis bringen können.
"Nach vier Jahren wollte ich mich weiterentwickeln. Beim SV Rödinghausen kann ich unter Vollprofibedingungen und professionellen Strukturen arbeiten."
Sie haben gewissermaßen ja eine „doppelte Chance“ auf einen attraktiven Gegner, oder?
Maaßen: So würde ich das jetzt nicht unbedingt sehen. (lacht) Es ist aber auf jeden Fall eine tolle Sache, dass sich die SV Drochtersen/Assel zum zweiten Mal für den DFB-Pokal qualifizieren konnte und ich auch mit meinem neuen Klub dabei bin.
Der SV Rödinghausen hat sich erst auf der Zielgeraden als letztes Team für den DFB-Pokal qualifiziert. Wie sehr haben Sie die Daumen gedrückt?
Maaßen: Selbstverständlich sehr! Die Mannschaft hat das überragend gemacht und immer an ihre Chance geglaubt. Das Programm in der Schlussphase der Saison sah so schlecht gar nicht aus. Trotzdem muss man das erst einmal meistern. Das Entscheidungsspiel gegen Oberliga Westfalen-Meister SV Lippstadt 08 fand dann erst mehr als zwei Wochen nach dem Saisonende statt. Das Team hat den Schalter noch einmal umlegen können und einen großartigen Erfolg eingefahren.
Haben Sie wirklich nur von außen die Daumen gedrückt?
Maaßen: Ja, denn alles andere hätte keinen Sinn gemacht. Mein zukünftiger Co-Trainer Sebastian Block hat das als Interimstrainer exzellent gelöst. Er hat die Spieler jeden Tag im Training gesehen und sie eingestellt. Ich konnte und wollte mich da nicht einmischen.
War es nach der Trennung des SVR von Alfred Nijhuis Ende April keine Option, sofort nach Rödinghausen zu wechseln?
Maaßen: Das stand nie zur Debatte. Ich hatte gesagt, dass ich bis zum Saisonende in Drochtersen/Assel bleibe und dazu stehe ich dann auch. Ein Wechsel zwischen Tür und Angel hätte niemandem geholfen.
Wie schwer fiel es Ihnen, die SVD nach vier erfolgreichen Jahren zu verlassen?
Maaßen: Ich habe mit Drochtersen/Assel große Erfolge gefeiert und emotionale Momente erlebt. Wir sind in die Regionalliga Nord aufgestiegen, haben uns zweimal für den DFB-Pokal qualifiziert und zuletzt auch noch den Niedersachsenpokal gewonnen. Doch nach vier Jahren wollte ich mich weiterentwickeln. Beim SV Rödinghausen kann ich unter Vollprofibedingungen und professionellen Strukturen arbeiten. Dennoch stand der Schritt, von Drochtersen/Assel wegzugehen, erst nach reiflicher Überlegung fest.
Sie haben als Sport- und Fitnesskaufmann, Sporttherapeut und Athletiktrainer in einem Hotel gearbeitet. Der Trainerberuf ist ein ganzes Stück unsicherer.
Maaßen: Das stimmt, aber ein Stück weit Risiko sollte man im Leben immer gehen. Nur so kann man sich entwickeln. Ich möchte nicht in zehn oder 15 Jahren den Satz sagen: 'Hätte ich damals mal…' Ich habe keine Angst davor, auch einmal auf die Nase zu fallen. Doch ich bin überzeugt, dass ich ein guter Trainer sein kann.
Was reizt Sie an der Aufgabe in Rödinghausen besonders?
Maaßen: Zum ersten Mal arbeite ich hauptberuflich als Trainer. Außerdem ist die Liga mit vielen Traditionsvereinen wie Rot-Weiss Essen , Alemannia Aachen oder Rot-Weiß Oberhausen neu. Ich arbeite zusätzlich in einem Umfeld mit hervorragenden Bedingungen.
Wie sehen Ihre Ziele aus?
Maaßen: Ich möchte genauso akribisch wie bisher arbeiten, jeden Spieler besser machen und auch mich selbst weiterentwickeln. Die Zuschauer sollen unsere Idee vom Fußballspielen erkennen. Wir wollen die Fans mitnehmen, begeistern und unter dem Strich selbstverständlich erfolgreich sein. Es ist mir bewusst, dass zwischen Sieg und Niederlage manchmal wenige Zentimeter liegen, wenn der Ball vom Innenpfosten mal ins Tor und mal wieder herausspringt.
Sie kennen sich in Ostwestfalen zumindest ein wenig aus. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Zeit als Spieler beim SC Verl?
Maaßen: Es war eine Zeit des Lernens. Zu Beginn hatte es gut funktioniert. Doch dann habe ich mir einen Adduktorenabriss und eine hartnäckige Schambeinentzündung zugezogen. Danach wurde es schwer für mich, wieder in die Mannschaft zu kommen. Ich wollte mehr Spielpraxis und bin dann zum Goslarer SC gewechselt und in die Regionalliga aufgestiegen.
Ist der Umzug schon abgeschlossen?
Maaßen: Mit meiner Frau und unserem 20 Monate alten Sohn habe ich in Bünde eine Wohnung gefunden. Es ist alles bereit. Wir werden in den nächsten Tagen einziehen.
Sie sind erst 34 Jahre alt. Viele Spieler denken in diesem Alter gerade erst an das Karriereende. Sie sind schon seit vier Jahren Trainer. Wie kam es dazu?
Maaßen: Da kamen bei mir zwei Knieverletzungen dazwischen. Ich habe mir zweimal im selben Knie das Innen- und das Kreuzband gerissen. Kurz vor der zweiten Verletzung stand schon im Raum, dass ich Trainer werden könnte.
Sie sind im Besitz der A-Lizenz. Kann die Ausbildung zum Fußball-Lehrer in naher Zukunft einmal zum Thema werden?
Maaßen: Aktuell habe ich ganz andere Dinge im Kopf. Erst einmal möchte ich in Rödinghausen ankommen. Mittelfristig ist der Lehrgang zum Fußball-Lehrer ganz sicher mein persönliches Ziel. Für ein solches Projekt muss aber alles passen.
Haben Sie sich schon eine Ansprache für die erste Trainingseinheit mit Ihrer neun Mannschaft überlegt?
Maaßen: Ich bin ein Typ, der sehr viel aus dem Bauch heraus entscheidet. Außerdem denke ich, dass ich nicht auf den Mund gefallen bin. (lacht) Das meiste mache ich spontan.
Autor/-in: Thomas Palapies-Ziehn/mspw