In der Bundesliga werden sie von den Altvorderen immer noch kritisch beäugt, doch auch im kleinen Fußball hat der Generationswechsel längst begonnen: Junge Fußball-Lehrer wie Hoffenheims Julian Nagelsmann oder der Schalker Domenico Tedesco haben die Sicht im deutschen Fußball auf den Kopf gestellt. In einem kleinen Dorf in Franken hat derweil ein Coach das Ruder übernommen, der fast ein Jahrzehnt jünger ist als die beiden Jungstars der Branche. Die Rede ist von Yannick Greiner, Neffe des 330-fachen Bundesliga-Profis Frank Greiner – die neueste Folge unserer Serie Familienbande.
Der 23-Jährige ist seit 21 Monaten Spielertrainer beim SV Meilschnitz in Neustadt bei Coburg. 359 Einwohner hat das Örtchen, „neben der Feuerwehr war und ist der Verein im Grunde die einzige Freizeitbeschäftigung für die Dorfjugend“, sagt Yannick Greiner.
Er ist hier aufgewachsen, wie sein Vater Bernd und Onkel Frank – und er will hier auch nicht weg. Als Dreijähriger tritt Yannick Greiner dem SV Meilschnitz bei, heute, 20 Jahre später, ist er Spielertrainer der ersten und Trainer der zweiten Mannschaft des Klubs. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, irgendwo anders zu spielen beziehungsweise Trainer zu sein“, meint Yannick Greiner und betont lachend: „Einmal Meilschnitz, immer Meilschnitz!“
Dabei hat der Stürmer durchaus Talent. In der D-Jugend ist er in der Coburger Kreisauswahl dabei und in der C-Jugend wird er sogar in die Bayern-Auswahl eingeladen. Seinem Dorf und seinem kleinen Verein bleibt er trotzdem treu, auch wenn ihn andere gerne bei sich sehen würden. „Ich habe schon recht früh gewusst, dass ich nicht bei einem anderen, höherklqssigen Verein spielen wollte. Für mich hatte die Schule immer Priorität, der Fußball war untergeordnet“, berichtet Yannick Greiner.
"Ich wollte schon immer Trainer werden, da ich gerne Verantwortung übernehme"
Erst nach dem Abitur in Neustadt verlässt er die vertraute Heimat, geht in die große Stadt: Sein Architektur-Studium führt ihn nicht nur ins nahe Coburg, sondern auch in die Bankenmetropole Frankfurt am Main. „Das war für meine persönliche Entwicklung natürlich nicht schlecht, mal aus dem Dorf raus zu kommen und etwas anderes kennen zu lernen“, gibt Yannick Greiner zu.
So zielstrebig, wie er sein Studium durchzieht, so gradlinig ist er auch im Fußball. Als sein Vater Bernd ihn bittet, mit ihm zusammen die erste Mannschaft des SV Meilschnitz zu coachen, muss er sich nicht lange überreden lassen. „Trainer wollte ich schon immer werden, da ich gerne Verantwortung übernehme und mein Verständnis vom Fußball an andere weiter geben wollte“, nickt Yannick Greiner.
Zur Saison 2016/17 wird er also nicht nur neuer Coach der zweiten Mannschaft des SVM, sondern wechselt gleichzeitig in der „Ersten“ den Job vom Spieler zum Spielertrainer. Vater Bernd, früher natürlich auch für den SV Meilschnitz am Ball, außerdem für den VfB Coburg und den VfL Neustadt, zieht sich im vorigen Sommer zurück. Er trainiert auch noch verschiedene Jugendteams im Verein, seitdem ist Yannick Greiner wirklich so etwas wie der Nagelsmann oder Tedesco in Meilschnitz. „In der ersten Mannschaft bin ich meistens der Älteste“, verrät er lachend. „Wir haben ausschließlich junge Spieler, die meisten sind eher enge Kumpels als nur Mitspieler, denn mit vielen spiele ich schon seit der Kindheit zusammen.“
Sein Kapitän Philipp Dorst ist auch sein bester Freund, die beiden kennen sich praktisch schon seit der Geburt. In der zweiten Mannschaft hingegen sind auch viele ältere Spieler dabei, doch das ist weder für die Kicker noch für den Junior-Coach ein Problem. „Alle respektieren mich als Trainer“, sagt Yannick Greiner.
Die Blutauffrischung, die in den letzten Jahren auf den Trainerbänken der Bundesliga stattgefunden hat, findet er daher auch wichtig, aber nicht nur. „Grundsätzlich ist es gut für den Fußball, denn der Sport und damit natürlich auch die Anforderungen an die heutige Trainergeneration entwickeln sich immer weiter. Das Spiel ist stark verwissenschaftlicht worden, damit muss man Schritt halten können“, weiß Yannick Greiner. „Ich muss aber zugeben, dass ich die alten Haudegen vermisse, da fehlen mit ein paar echte Typen, die auch mal einen kernigen Spruch raus hauen.“
Sein Onkel Frank kennt diese Typen noch. Der heute 51-Jährige hatte in der Bundesliga unter anderem beim 1. FC Köln Christoph Daum als Trainer und lernte vor ein paar Jahren – inzwischen selbst Coach in der Fußballschule des VfL Wolfsburg – einen gewissen Felix Magath kennen. Der sportlichen Ehrgeiz innerhalb der Sportler-Familie Greiner hat sich auch auf Franks Töchter übertragen Lena (17) und Sophie (14) übertragen. Beide spielen Tennis, Lena ist sogar aktuelle Deutsche Meisterin in ihrer Altersklasse und auf dem Weg zum Profi.
Yannicks Kontakt zu Onkel Frank beschränkt sich wegen der räumlichen Entfernung von Meilschnitz nach Wolfsburg auf gelegentliche Familienfeiern. „Voriges Jahr haben wir uns zum letzten Mal beim 80. Geburtstag meiner Oma Adelheid gesehen“, berichtet er. Nach Wolfsburg zieht es Yannick Greiner nicht. Das nächste Wiedersehen muss dann wieder in Meilschnitz stattfinden – wo auch sonst?
Autor/-in: Heiko Buschmann