In den vergangenen fünf Spielzeiten stand Nurullah Can noch selbst auf dem Platz – für den SC Hassel und die U 23 von Rot-Weiß Oberhausen. Seit Juli ist der 29-Jährige Torwarttrainer bei RWO. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit stand eine ganz besondere Reise an: Sie führte Can aus dem beschaulichen Oberhausen nach München. Dort hospitierte er beim FC Bayern München und übernachtete bei Weltmeister und Nationalmannschafts-Torhüter Manuel Neuer.
Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Nurullah Can über die Hintergründe der Reise, seine Übernachtungen bei Manuel Neuer und die Saisonziele von Rot-Weiß Oberhausen.
FUSSBALL.DE: Herr Can, kürzlich haben Sie die Regionalliga gegen die Bundesliga eingetauscht und beim FC Bayern München hospitiert. Wie kam es zu dieser Chance?
Nurullah Can: Da haben mehrere Faktoren eine Rolle gespielt. Ich habe mit Manuel Neuer und Toni Tapalovic früher bei Schalke gespielt. Wir sind alle Gelsenkirchener Jungs und haben damals fast jeden Tag auch außerhalb des Platzes etwas zusammen gemacht. Auch heute haben wir noch guten Kontakt. Ich kann von beiden Herrschaften nur profitieren, auch wenn alles etwas anders geplant war.
"Vor einigen Wochen war ich noch auf der Hochzeit von Manu"
Wie denn?
Can: Eigentlich sollte ich am Ende der kommenden Saison für drei bis vier Wochen nach München gehen. Dann haben wir uns aber dafür entschieden, dass wir die ganze Sache punktuell angehen. So kann ich mehr Informationen aufsaugen und direkt an meine Torhüter weitergeben.
Wann sind Sie das nächste Mal beim FC Bayern zu Gast?
Can: Der nächste Termin ist für Anfang Oktober vorgesehen. Nächste Woche steht für mich zunächst der erste Teil meiner Trainer B-Lizenz auf dem Programm. Allgemein kann ich mir aber auch vorstellen, bei weiteren Vereinen zu hospitieren. Für den Anfang bin ich bei Toni und bei einem Welttorhüter wie Manu jedoch mehr als gut aufgehoben.
Im Vergleich zur Regionalliga war die Umstellung für Sie wahrscheinlich relativ groß.
Can: Ich kenne mich im Profibereich aus. Aber natürlich sind die Unterschiede zwischen einem Verein aus der Regionalliga und einer Mannschaft wie dem FC Bayern groß. Das fängt schon damit an, dass man in München jedes Training und jeden Torwart mit einer Videokamera aufnehmen kann. Viele Dinge, die man im Training selbst nicht sieht, können dadurch ebenfalls berücksichtigt werden.
Im Interview mit RevierSport erwähnten Sie, dass Sie sogar bei Manuel Neuer übernachtet haben. Worüber spricht man mit einem Weltmeister in seiner Freizeit?
Can: Gemeinsam mit Toni Tapalovic haben wir jeden Tag gemeinsam gegessen und uns über alte Zeiten, aber auch über die Zukunft unterhalten. Vor einigen Wochen war ich noch auf der Hochzeit von Manu. Ich wäre sicherlich nicht dort gewesen, wenn wir damals nur Freunde auf dem Platz gewesen wären.
Auch Sie hatten nach der Jugendzeit bei Schalke 04 die Perspektive, eines Tages Profi zu werden. Bis Verletzungen Sie zu einer fast zweijährigen Pause zwangen.
Can: Das war ein Scheißgefühl. Ich war damals auf dem Sprung zu den Profis. Mit den Verletzungen war das Thema dann Geschichte. Trotzdem muss man versuchen, das Beste aus so einer Situation zu machen. Das heißt auch, dankbar zu sein für die kleinen Dinge im Leben.
Sie haben sogar 13 Spiele für verschiedene U-Nationalmannschaften der Türkei absolviert. Gibt es noch Momente, in denen Sie der verpassten Karriere nachtrauern?
Can: Nein, diese Zeit ist vorbei. Am Anfang war ich natürlich traurig. Aber dann muss man im Kopf stark sein. Ich wusste schon früh, wohin mein Weg gehen soll. Jetzt bin ich fast 30 Jahre alt und schon Torwarttrainer bei einem Regionalligisten. Darauf kann man aufbauen.
Noch arbeiten Sie nebenbei bei einer Brandschutzfirma. Wie sehen Ihre beruflichen Pläne aus?
Can: Ich möchte in Zukunft meine Brötchen wie als Aktiver mit dem Fußball verdienen. Aber ich will auch nichts überstürzen. Momentan habe ich einen Arbeitgeber, der sehr tolerant ist und es mir ermöglicht, meinen Job im Büro und die Arbeit auf dem Fußballplatz zu verbinden. Dieses Standbein, das ich mir aufgebaut habe, will ich nicht direkt wieder umhauen.
Kommen wir auf Oberhausen zu sprechen: Was konnten Sie aus dem ersten Besuch beim FC Bayern für das Alltagsgeschäft im Ruhrgebiet mitnehmen?
Can: Es waren wirklich viele Dinge. Das fängt allein schon bei der Grundtechnik an. Darunter sind Dinge wie einfache Bewegungsabläufe oder die richtige Bewegung zum Ball zu verstehen. Manu macht es ja vor und dann kann es nicht so schlecht sein. In meiner Arbeit will ich solche Sachen dann umsetzen, auch wenn manche Aspekte natürlich geheim bleiben. Auf jeden Fall habe ich durch diese Möglichkeit einen Vorteil, den außer mir wohl kein anderer haben wird.
In zwei Wochen beginnt die neue Saison in der Regionalliga West. Was trauen Sie Rot-Weiß Oberhausen in diesem Jahr zu?
Can: Unser Ziel ist es, oben mitzuspielen. Allerdings sind die zweiten Mannschaften in der Liga immer schwer einzuschätzen. Außerdem haben Viktoria Köln und der KFC Uerdingen als Aufsteiger viel Geld in die Hand genommen und gehen mit super Mannschaften in die Saison. Trotzdem wollen wir wie letztes Jahr oben mitspielen. Der große Wunsch ist natürlich der Aufstieg. Das wäre dem Verein wirklich zu gönnen.