Er hätte ein Youtube-Held werden können, doch für den Hype fehlte ein entscheidendes Detail: eine Filmaufnahme. Rouven Kerkhof, Torwart des Hattinger Kreisligisten SuS Niederbonsfeld aus der Nähe von Essen, sorgte im Spiel beim VfL Kupferdreh für Aufsehen. Mit seinem Tor aus 80-Metern zum 4:0-Zwischenstand (Endergebnis 6:0 für Niederbonsfeld) wäre der 31-jährige Schnapper normalerweise ein klarer Kandidat für das Tor des Monats. Doch weil auf dem Sportplatz Am Eisenhammer in Essen keine Kamera am Start war und kein Smartphone draufhielt, muss Kerkhof ohne Medaille der ARD-Sportschau auskommen.
Im Interview mit FUSSBALL.DE erklärt der Mitarbeiter der FOM Hochschule für Ökonomie, wie es zu dem spektakulären Treffer kam, was er sich von Manuel Neuer abschaut und warum sein Herz ausgerechnet für den Hamburger SV schlägt.
FUSSBALL.DE: Rouven Kerkhof, sind Sie bereit zur Ehrung für das Tor des Monats?
Rouven Kerkhof: Das wäre ich gerne, aber leider hat niemand das Spiel mit einer Kamera aufgenommen. Letztes Jahr hatten wir ja sogar noch das SuS-TV, aber die Kollegen, die unsere Spiele gefilmt haben, können das aus zeitlichen Gründen nicht mehr leisten. Von daher habe ich keine Chance auf das Tor des Monats, obwohl ich die Medaille für diesen Hammer natürlich verdient hätte (lacht) .
"Leider hat niemand das Spiel mit einer Kamera aufgenommen"
Sie haben Ihrem Torwarttrainer vor dem Spiel gegen Kupferdreh noch angekündigt, dass sie „einen machen“ würden ...
Kerkhof: Ja klar, aber das war natürlich nur ein Spaß. Wir haben mannschaftsintern einen kleinen Wettbewerb laufen, und zwar geht es darum, ein Tor mehr zu erzielen als unser Kapitän Jonas Angerstein. Er hat letzte Woche gegen Werden-Heidhausen getroffen und da wollte jeder nachlegen. Dass ausgerechnet ich als Torwart es werden würde, hat auch mit dem Platz in Kupferdreh zu tun. Kupferdreh hat einen Aschenplatz und zum Ausweichen einen Hockeyplatz mit Kunstrasen, wo wir gespielt haben. Das ist einer der kleinsten Fußballplätze in Essen und gerade noch so zugelassen für den offiziellen Spielbetrieb. Die Maße kamen mir also entgegen.
Was hat denn Ihr Kupferdreher Keeperkollege Thomas Plohmann über Ihren 80-Meter-Hammer gesagt?
Kerkhof: Er tat mir wirklich leid, als Keeper-Kollege kann ich mich ja gut in seine Situation versetzen. Aber außer, dass er vielleicht etwas zu weit vor seinem Kasten stand, kann man ihm auch gar keinen Vorwurf machen. Der Ball wurde nach meinem Schlag von hinten immer länger, ist dann vor ihm auf dem nassen Kunstrasen aufgetickt und über ihn hinweg ins Tor geflogen. Als Torwart siehst du bei so einem Ding natürlich total blöd aus. Er kam aber nach dem Spiel sofort auf mich zu und hat mir die Hand gegeben. Das fand ich sehr fair. Allerdings wird er im Gegensatz zu mir eher froh sein, dass keine Kamera da war und das aufgenommen hat.
Werden Sie jetzt etwa noch zum Torjäger wie einst der Mexikaner Jorge Campos oder Hans-Jörg Butt vom Elfmeterpunkt?
Kerkhof: Nein, das glaube ich nicht. Wie gesagt, es war zwar vielleicht nicht nur Zufall, denn ich habe einen ganz guten Abschlag, aber das Tor war dann doch den besonderen Umständen – kleiner Platz, nasser Boden – geschuldet. Das war ja auch mein erstes Tor aus dem Feld heraus, sonst habe ich früher nur mal beim Elfmeter getroffen. Das war in der A-Jugend bei einem Pokalspiel, danach durfte ich ein paar Mal vom Punkt ran. Allerdings denke ich schon, dass Torleute manchmal die besseren Stürmer sind, weil sie sich gedanklich viel damit beschäftigen, wie die gegnerischen Angreifer aufs Tor schießen.
Sind Sie denn ein offensiver Torwart wie Manuel Neuer oder doch eher ein Mann der alten Schule?
Kerkhof: Da sehe ich mich eher bei Manuel Neuer, er ist natürlich das Nonplusultra, was das moderne Torwartspiel angeht. Ich stehe im Spiel auch oft hoch am eigenen Strafraum und versuche, dort die gegnerischen Angriffe abzufangen. Meine Mitspieler wissen auch, dass ich mit dem Ball umgehen kann, das passt daher ganz gut.
Anderes Thema: Auf Ihrem Facebook-Profil sind Sie vor dem Hamburger Volksparkstadion zu sehen. Wieso sind Sie ausgerechnet HSV-Fan?
Kerkhof: Ich bin zwar Essener, hatte aber neben meiner Sympathie für RWE immer schon eine Leidenschaft für den HSV. Das ist als Essener ein bisschen problematisch, weil RWE eine Fanfreundschaft zu Werder Bremen pflegt. Das hat mich aber nie tangiert, ich halte eben zu „meiner Perle“, auch wenn es derzeit schwer ist. Mal abgesehen von der sportlichen Situation ist die Außendarstellung des Klubs gerade miserabel. Es wäre gut, wenn sich alle Beteiligten mal wieder auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren würden.
Dietmar Beiersdorfer hatte also noch keine Zeit bei Ihnen anzurufen, oder?
Kerkhof: (lacht) Ne, hat er nicht! Ich möchte auch René Adler nicht kritisieren, denn er hat uns in den letzten Jahren etliche Punkte gerettet und ohne ihn wären wir vermutlich wirklich schon in die 2. Bundesliga abgestiegen. In die Zukunft geschaut, wäre für den HSV trotzdem ein neuer Torhüter wichtig – nicht ich, sondern einer wie Kölns Timo Horn.
Autor/-in: Heiko Buschmann