2002 hat er Schalke 04 trainiert, seit vergangener Woche ist Frank Neubarth für den FC Verden 04 verantwortlich. Der 56-Jährige will den Landesligisten zum Klassenverbleib führen. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Neubarth über die Faszination Amateurfußball und seine Ambitionen, noch einmal in den Profibereich zurückzukehren.
FUSSBALL.DE: Herr Neubarth, Ihre Premiere in Verden ist gelungen. Sie haben mit Ihrer neuen Mannschaft am vergangenen Sonntag 2:1 bei der Reserve des SV Drochtersen/Assel gewonnen.
Frank Neubarth: Das war ein wichtiger Sieg im Abstiegskampf, der uns neuen Mut und Selbstvertrauen gibt. Aber erreicht haben wir dadurch natürlich noch nichts. Wir stecken weiterhin ganz tief im Tabellenkeller. Unser großes Ziel ist es, bis zum Saisonende irgendwie den Klassenverbleib zu schaffen. Ich vertraue der Mannschaft und glaube fest daran, dass uns das gelingt.
Wieso Verden und die Landesliga? Vor ein paar Jahren waren Sie noch im Profibereich tätig, unter anderem bei Schalke 04.
"Man kann in kurzer Zeit mehr erarbeiten und es dann am Wochenende auf den Platz bringen"
Neubarth: Mein Freund Dieter Burdenski hat den Kontakt hergestellt. Die Aufgabe hat mich gereizt. Das ist reiner Amateurfußball hier und für mich als Trainer auch völliges Neuland. Es ist spannend und macht total Spaß.
Was macht für Sie den Reiz aus?
Neubarth: Alle Jungs kommen hier zum Training und zu den Spielen, weil sie kicken wollen. Geld gibt es keines zu verdienen. Es ist einfach eine tolle Atmosphäre. Es erinnert mich an meine Anfangszeit bei Concordia Hamburg vor fast 40 Jahren. Damals haben wir nach dem Training manchmal auch noch lange zusammengesessen und geschnackt. Das ist bei den Jungs in Verden genauso. Dann wird eine Kiste Bier in die Mitte gestellt und alle sind glücklich. Noch mehr Spaß macht das natürlich, wenn man erfolgreich ist. Deshalb war der Sieg am Wochenende auch wichtig und gut für die Stimmung. Es war der erste Erfolg in diesem Jahr.
Was zeichnet den FC Verden 04 aus Ihrer Sicht aus?
Neubarth: Der Zusammenhalt, die Kameradschaft. Die Spieler in meiner neuen Mannschaft sind total wissbegierig und aufnahmebereit. Alle wissen, was die Stunde geschlagen hat und was unser großes Ziel ist.
Wie sind Sie aufgenommen worden?
Neubarth: Super! Vom ersten Tag an. Es macht wirklich Freude, hier zu arbeiten. Aber es ist natürlich eine totale Umstellung zu vielen meiner vorherigen Stationen. Wir trainieren hier dreimal die Woche. Und selbst das Programm können nicht alle Spieler einhalten, weil sie teilweise arbeiten müssen. Aber so ist das eben.
Müssen Sie also auch Ihre Ansprüche zurückschrauben?
Neubarth: Überhaupt nicht. Bevor ich zugesagt habe, war mir schon klar, worauf ich mich einlasse. Eigentlich ist das Gegenteil der Fall: Was mich hier wirklich beeindruckt, ist die Tatsache, wie schnell die Jungs Dinge lernen und umsetzen. Der Prozess ist viel kürzer als bei den Profis. Man kann in kurzer Zeit mehr erarbeiten und es dann am Wochenende auf den Platz bringen.
Wo haben Sie angesetzt, um die Mannschaft zurück in die Erfolgsspur zu bringen?
Neubarth: Wir haben fußballerisch und taktisch gearbeitet. Vor allem habe ich den Spielern jedoch gesagt, dass sie selbstbewusst und mutig auftreten sollen. Außerdem sollen sie einfach Spaß am Fußball haben und sich nicht zu sehr unter Druck setzen. Das bringt uns nicht weiter.
Waren den Spielern Ihr Name und Ihre Vergangenheit ein Begriff?
Neubarth: Das habe ich sie nicht gefragt und ich habe das auch gar nicht thematisiert. Ich war 14 Jahre bei Werder Bremen und hatte dort eine tolle Zeit. Aber das ist lange her, über 20 Jahre. Der eine oder andere kennt mich vielleicht aus dieser Zeit, weil Werder Bremen hier ja sehr präsent ist. Aber wir sollten uns nicht zu sehr mit der Vergangenheit beschäftigen.
Dann bleiben wir in der Gegenwart: Wie sehen Sie Werder Bremen derzeit aufgestellt?
Neubarth: Der Verein ist unter Florian Kohfeldt wieder auf einem sehr guten Weg. Selbst wenn sie in diesem Jahr Europa verpassen sollten, werden sie in der kommenden Saison einen neuen Angriff starten. Davon bin ich überzeugt. Ich finde, dass der Klub wieder einen absolut positiven und sympathischen Eindruck macht. Ich bin leider nicht mehr regelmäßig im Stadion. Aber auch als Außenstehender kann ich nur lobende Worte finden.
Können Sie sich auch eine Rückkehr in den Profifußball als Trainer vorstellen?
Neubarth: Ich glaube nicht. Ich persönlich habe damit eigentlich weitestgehend abgeschlossen.
Wieso?
Neubarth: Im Moment sind junge Trainer total angesagt. Natürlich wird sich das auch irgendwann wieder relativieren. Friedhelm Funkel ist für mich das beste Beispiel, dass auch ältere Trainer hervorragende Arbeit leisten können. Aber ich bin jetzt schon einige Jahre aus dem Profigeschäft raus. Und dann ist es schwer, da wieder einen Fuß in die Tür zu bekommen. Ich will das grundsätzlich nicht ausschließen. Aber Bundesliga oder 2. Liga ist eher nicht mehr mein Thema. Ich finde es teilweise auch nicht in Ordnung, wie dort mit den Trainern umgegangen wird – auch wenn sie natürlich viel Geld verdienen. Da passieren manchmal unschöne Dinge. Alles darunter ist interessant. Allerdings gilt jetzt mein gesamter Fokus der Aufgabe in Verden. Was danach kommt, spielt im Moment keine Rolle.
Sie haben nur bis Saisonende zugesagt. Warum?
Neubarth: Weil wir jetzt alles erstmal dem Klassenverbleib unterordnen wollen. Wie es danach weitergeht, kann ich jetzt wirklich noch nicht sagen. Darüber können wir in ein paar Wochen nochmal sprechen.
Autor/-in: Martin Schwartz