Es ist das jüngste Mitglied im Deutschen Fußball-Bund: Unweit des Borussia-Parks, in dem in der kommenden Saison wieder die besten Mannschaften der Welt ihre Visitenkarte in der Champions League abgeben, hat am 29. Juni 2020 etwas mehr als eine Handvoll Menschen einen neuen Verein gegründet: den FV Mönchengladbach 2020.
"Jetzt geht es mir wieder gut", sagt Georg Schreiber und atmet auf. Das war vor
wenigen Tagen noch ganz anders. Am 19. Juni hatten Vertreter des Vorstands zu einem Gespräch über den Trainingsplan gebeten. Das Thema war dann aber ein anderes: Nach dem Aufstieg der ersten Herrenmannschaft in die Oberliga gebe es für die Frauenfußball-Abteilung keine Zukunft mehr im Klub - laut Aussage des Vorstands aus Platzmangel.
"Das war ein Schock", gibt Georg Schreiber, Trainer der Damen II, zu. Seit 2008 gab es die Damen- und Mädchen-Abteilung beim 1. FC Mönchengladbach , Schreiber selbst war seit 2012 beim 1894 gegründeten und somit ältesten noch bestehenden Fußballverein im Westdeutschen Fußballverband tätig. An einen Weggang von der Ernst-Reuter-Kampfbahn hätten die Spielerinnen, die Trainer und der Abteilungsleiter im Traum nicht gedacht.
Popp unterstützt Gladbacherinnen
"Mit dem Namen FV, also Fußballverein, wollen wir die gelebte Seele in den neuen Verein mitnehmen und weiterleben"
Vom Spielbetrieb abmelden wollte der 1. FC Mönchengladbach die U 17 sowie die erste und zweite Frauen-Mannschaft aus der Bezirksliga und der Niederrheinliga. Daraufhin hatten sich die Abteilungen und die Spielerinnen an die Öffentlichkeit gewandt. Sie starteten eine Petition - die 20.000 Menschen unterschrieben. Die Welle an Unterstützern zog sich durch ganz Deutschland: Sogar Nationalspielerin Alexandra Popp vom VfL Wolfsburg warb für die Unterstützung und teilte den Aufruf zur Petition auf ihrer Instagram-Seite.
Nach Tagen der Ungewissheit, wie und wo es weiter gehen soll, machten die Mädels und ihre Trainer nun kurzen Prozess. Statt sich einem anderen Verein in der Stadt anzuschließen, machten sie sich halt selbstständig - und zwar komplett, einschließlich der U 11, U 13 und U 15: Der FV Mönchengladbach 2020 war geboren. Bei der Gründungsversammlung am vergangenen Montag waren sieben Personen anwesend, die etwa 130 Mitglieder vertreten: Ralf Vander (1. Vorsitzender), Uwe Röhrhoff (Stellvertreter), Claudia Vander (Geschäftsführerin), Marc Hocks (Kassierer), Georg Schreiber und Roland Schendzielorz (beide Sportliche Leitung) sowie Thomas Schwirn (Beisitzer).
"Bei der Wahl des Vereinsnamens und der neuen Vereinsfarben haben wir uns natürlich vorher in WhatsApp -Gruppen mit den Trainern und den Spielerinnen abgestimmt", berichtet Georg Schreiber. "Mit dem Namen FV, also Fußballverein, wollen wir an die frühere Tradition anknüpfen. Und statt in Blau-Gelb werden wir künftig in Blau-Weiß auflaufen."
Schwierige Platzsuche
Während in Chat-Nachrichten bereits blaue und weiße Herzen hin- und herfliegen, muss der Vorstand des blutjungen Klubs eine neue Bleibe für über 130 Mädels finden. Denn bisher hat der FV Mönchengladbach 2020 keine Sportanlage. "Wir sind in Gesprächen mit der Stadt, doch die Suche nach einem geeigneten Platz ist nicht so einfach", weiß Georg Schreiber.
Da die Anlagen des SV Blau-Weiß Meer und des Rheydter SV geschlossen werden, beziehungsweise sich im Umbau oder Ausbau befinden, müssen bereits zwei andere Vereine auf andere Plätze verteilt werden. "Der 1. FC Mönchengladbach war im Zentrum zu Hause, viele Spielerinnen sind zu Fuß oder mit dem Rad zum Training gekommen", erzählt Georg Schreiber. "Daher möchten wir gerne auch dort in der Nähe bleiben. Und wenn wir erst einmal auf verschiedenen Plätzen trainieren und spielen müssen, ist das absolut in Ordnung."
Ein anderes Problem dürfte derweil schneller gelöst sein. Denn auch in welcher Spielklasse die voraussichtlich sechs Teams des FV Mönchengladbach 2020 an den Start gehen werden, ist noch nicht geklärt. Bisher waren die Frauen I beim 1. FC Mönchengladbach in der Niederrheinliga am Ball und schlossen die coronabedingt abgebrochene Saison auf Platz drei ab. Die Frauen II landete ebendort in der Bezirksliga und die U 17 auf Rang vier in der Regionalliga. "Wir hoffen darauf, dass der Fußballverband Niederrhein unsere Teams in denselben Spielklassen einordnet", nickt Georg Schreiber.
Diese Entscheidung soll schon in den nächsten Tagen fallen. Wenn dann auch noch die Stadt Mönchengladbach eine neue Heimat für die Frauen und Mädchen des FVM 2020 findet, umso besser.
Autor/-in: Heiko Buschmann