Bei dieser Quote sehen selbst Lionel Messi und Cristiano Ronaldo blass aus. Denn keiner der beiden Superstars hat in der vergangenen Saison so viele Tore geschossen wie Aysel Gülmez. Die Angreiferin des SC Glück-Auf Sterkrade erzielte 107 Treffer in 24 Spielen. Die 13-Jährige ist damit die erfolgreichste Spielerin in ganz Deutschland.
Aber fast fünf Tore im Schnitt pro Spiel? Obwohl eine Halbzeit gerade einmal 35 Minuten dauert? Das klingt unglaublich. „Die Gegner waren teilweise nicht so gut“, sagt Aysel Gülmez bescheiden. Doch das ist nicht der Hauptgrund. Talent und Ehrgeiz unterscheiden das Mädchen von vielen gleichaltrigen Fußballerinnen.
Dabei begann sie, sich verhältnismäßig spät für den Fußball zu interessieren. Erst im Alter von acht Jahren spielte sie mit ihrer gut ein Jahr älteren Schwester Nesrin im heimischen im Garten, anschließend auf der Straße mit den Nachbarsjungen. „Man hat schnell gemerkt, dass sie Talent hat“, erinnert sich Mutter Susanne Gülmez. Vor allem im Spiel mit den körperlich überlegenen Jungen lernt sie früh, sich durchzusetzen.
Wechsel zur SGS Essen
"Wenn Aysel den Ball verliert, dann setzt sie nicht so gerne nach"
Als F-Jugendliche trat Aysel Gülmez schließlich der SG Osterfeld bei. Nach eineinhalb Jahren folgte der Wechsel zu Arminia Klosterhardt. Dann ging es weiter zu ihrem jetzigen Klub aus dem Oberhausener Stadt-Bezirk. Dort wurde sie zunächst von ihrer Mutter trainiert. Eine komische Situation? „Nein, überhaupt nicht“, sagt Aysel Gülmez lachend, „so war es einfach, zum Training zu kommen.“ An dieser komfortablen Situation änderte sich nichts, als ihr Vater Talat Gülmez das Training übernahm. Jedoch beschränkte sie sich nicht nur darauf, in ihrem Team zu spielen. „Sie hat häufig bei den Jungen-Mannschaften ausgeholfen“, erzählt der Papa.
Aysel Gülmez machte Fortschritte. Die 107 Tore in der vergangenen Saison sind Beleg dafür. Und Susanne Gülmez sagt gar: „In der Statistik fehlen noch die fünf Treffer aus dem ersten Spiel.“ Trotzdem reichte es für den SC Glück-Auf nur zur Vizemeisterschaft. Das wurmt Aysel Gülmez immer noch. Und das zeichnet sie aus.
Daher stellt sich die Frage: Wie soll es weitergehen? „Ich möchte einmal deutsche Nationalspielerin werden“, sagt Aysel Gülmez. Das Deutschland-Trikot trägt sie schon – noch als Fan. Sie schwärmt für Mario Götze. Gemeinsamkeiten werden ihrem Spiel mit dem des Bayern-Stars nachgesagt. Wendig, technisch gut und stark im Eins-gegen-Eins sei sie. Aber es bleiben noch genug Dinge, an denen sie arbeiten kann und muss. „Wenn Aysel den Ball verliert, dann setzt sie nicht so gerne nach“, sagt Talat Gülmez. Die Tochter stimmt ihm zu.
Die Leistung und Entwicklung weckten das Interesse anderer Vereine. Schon in der vergangenen Saison sollte Aysel Gülmez in die Nachwuchsabteilung der SGS Essen wechseln. Doch erst zur neuen Saison wird sie das Trikot des Klubs aus der Allianz Frauen-Bundesliga tragen. Dass es Sinn macht, den nächsten Schritt zu gehen, dafür lieferte sie mit den vielen Toren in der C-Juniorinnen-Kreisklasse den Beweis.
In Essen wird sie noch intensiver gefördert werden. Die ersten Einheiten in ihrem neuen Klub hat sie bereits absolviert. Zur Eingewöhnung, um sich auf die neuen Trainingsumfänge einzustellen. Viermal in der Woche muss ihre Mutter sie demnächst zu den Übungseinheiten fahren, an den Wochenenden stehen die Spiele an. „Das Training ist dort viel anstrengender“, beschreibt Aysel Gülmez ihren ersten Eindruck.
Schule nicht vernachlässigt
Einen Trainingsplan hatte sie schon für die Zeit vor dem offiziellen Trainingsstart erhalten. Auf dem auch andere Inhalte als Fußball standen. Inlineskaten, lockeres Joggen und Ausgleichssportarten werden den Talenten empfohlen. Aber wo bleibt da noch Zeit für die Schule? Rückt die in den Hintergrund? „Auf keinen Fall. Auch die Trainer achten darauf, dass wir die Schule nicht vernachlässigen. Wir müssen sogar Tagebuch führen“, sagt Aysel Gülmez, die nach den Sommerferien in die neunte Klasse der Gesamtschule Osterfeld gehen wird.
Den nächsten Schritt auf dem Weg zum großen Traum hat Aysel Gülmez nun gemacht. Die Angreiferin ist voller Vorfreude auf das, was sie bei ihrem ersten großen Verein erwartet. Denn auch dort möchte sie wieder ihre Tore schießen. Wahrscheinlich werden es nicht erneut 100, aber einige sollen es schon sein.