Valerien Ismael ist zurück bei den „Wölfen“. Nur ein Jahr nach seiner ersten Amtszeit bei der U 23 des aktuellen DFB-Pokalsiegers VfL Wolfsburg leitet der frühere Profi des deutschen Rekordmeisters FC Bayern München erneut die Geschicke des aktuellen Vizemeisters in der Regionalliga Nord. Schon in der Saison 2013/2014 stand der zweifache Double-Gewinner (2004 mit dem SV Werder Bremen, 2006 mit dem FC Bayern München) an der Seitenlinie der Niedersachsen.
Damals gelang dem 39-jährigen Franzosen auf Anhieb der Gewinn der Meisterschaft. Erst in der Aufstiegsrunde scheiterten die Wolfsburger am jetzigen Drittligisten SG Sonnenhof Großaspach (0:0/0:1). In der vergangenen Spielzeit trainierte der gebürtige Straßburger den Zweitligisten 1. FC Nürnberg. Allerdings endete die Zusammenarbeit bereits nach wenigen Monaten. Die VfL-Reserve musste unter Ismaels Nachfolger und seinem jetzigen Vorgänger Thomas Brdaric als Tabellenzweiter dem zukünftigen Drittligisten SV Werder Bremen II den Vortritt lassen.
Im aktuellen FUSSBALL.DE -Interview spricht der 113-fache Bundesligaspieler Valerien Ismael mit dem Journalisten Christian Knoth über die Gründe für seine Rückkehr, die Zeit beim 1. FC Nürnberg, seine Ziele mit dem VfL und die größten Konkurrenten in der Regionalliga Nord.
FUSSBALL.DE: Was waren die Gründe für Ihre Rückkehr zu den „Wölfen“, Herr Ismael?
Valerien Ismael: Ich kenne den Verein, das professionelle Umfeld und die Erwartungshaltung. In Wolfsburg weiß ich, was ich habe. Da muss ich mich nicht neu orientieren. Auch meine Familie wollte in Deutschland bleiben. Obwohl ich Angebote aus dem Ausland hatte, bin ich froh, mich erneut für den VfL entschieden zu haben. Die Entwicklung im Klub ist sehr positiv. Mit dem neuen Stadion für die Frauen-Mannschaft und die U 23 ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung gemacht worden.
"Jeder verfolgt den Anspruch, Profi zu werden. Da käme doch ein möglicher Aufstieg in die 3. Liga wie gerufen"
FUSSBALL.DE: Zuletzt waren Sie beim 1. FC Nürnberg tätig, allerdings nur für wenige Monate. Was lief falsch?
Der Druck war von Beginn an sehr hoch. Verein und Fans wollten so schnell wie möglich zurück in die Bundesliga, der direkte Wiederaufstieg wurde angepeilt. Mit einer beinahe komplett neuen Mannschaft hätten wir aber mehr Zeit benötigt, um dieses Ziel angehen zu können.
FUSSBALL.DE: Sie befinden sich mit Ihrer Mannschaft mitten in der Saisonvorbereitung. Wie schreitet die Kaderplanung voran?
Wir sind zufrieden mit dem aktuellen Kader, wollen uns aber noch auf der einen oder anderen Position verstärken. Ziel ist es, überall doppelt besetzt zu sein. Nur dann ist gewährleistet, dass auch bei größeren Verletzungssorgen kein Leistungsabfall zu erwarten ist.
FUSSBALL.DE: Die ersten beiden Testspiele gingen gegen die Nordost-Regionalligisten Hertha BSC II (1:3) und Berliner AK (1:2) jeweils verloren. Wie lautet Ihr Fazit?
Die Ergebnisse sind erst einmal zweitrangig. Es ging darum, mir ein Bild von der Mannschaft zu machen - und das ist äußerst positiv. Im ersten Spiel fehlte allerdings die richtige Einstellung. Die zweite Partie sind wir deutlich besser angegangen und haben dabei eine gute Leistung gezeigt. Wenn man die bisherigen zwei Begegnungen miteinander vergleicht, dann war es ein Unterschied wie Tag und Nacht.
FUSSBALL.DE: Wo gibt es vor allem noch Luft nach oben?
In der Rückwärtsbewegung haben wir noch Arbeit vor uns. Auch in Sachen Effizienz müssen wir uns verbessern. Wir verfügen zwar über starke Spieler mit herausragenden individuellen Fähigkeiten. In den Eins-gegen-Eins-Duellen müssen sie aber an sich arbeiten.
FUSSBALL.DE: Am heutigen Mittwoch geht es ins Trainingslager nach Kühlungsborn. Welche Schwerpunkte werden sie setzen?
Wir wollen in allen Bereichen etwas tun, um uns bestmöglich auf die Saison vorzubereiten. Unter anderem stehen Fitness - und Krafttraining auf dem Programm. Taktik-Schulungen sind ebenfalls geplant. Wichtig wird vor allem sein, die neuen Spieler schnellstmöglich in die Mannschaft zu integrieren und den Zusammenhalt zu stärken.
FUSSBALL.DE: Wie sieht Ihre Zielsetzung für die kommende Spielzeit aus?
Nach dem Titelgewinn 2014 und der Vize-Meisterschaft in der vergangenen Saison ist die Mannschaft wieder ambitioniert, oben mitzuspielen. Wenn wir eine intensive Vorbereitung absolvieren und dann gut aus den Startlöchern kommen, ist das auch definitiv möglich.
FUSSBALL.DE: Ihr Vorgänger Thomas Brdaric wurde Zweiter und musste den Verein verlassen. Steht die Mannschaft auch etwas unter Druck, unbedingt aufsteigen zu müssen?
Nein, von einem Muss kann keine Rede sein. Es ist vielmehr der Wunsch des Vereins und auch der Mannschaft, zeitnah im Profifußball am Ball zu sein. Die 3. Liga ist für junge Spieler sehr interessant. Die Messlatte für die VfL-Talente wurde in den vergangenen Jahren nun einmal immer höher gelegt. Durch den Erfolg der ersten Mannschaft wird auch der Druck für die Nachwuchsspieler größer, Leistung zu bringen und sich zu empfehlen. Jeder verfolgt den Anspruch, Profi zu werden. Da käme doch ein möglicher Aufstieg in die 3. Liga wie gerufen.
FUSSBALL.DE: Wer sind die ärgsten Konkurrenten?
Die U 23 des Hamburger SV schätze ich als sehr stark ein. Die Mannschaft war schon in der abgelaufenen Saison lange Zeit Tabellenführer und hat mit Joe Zinnbauer einen kompetenten und hungrigen Trainer. Der SV Meppen und ETSV Weiche Flensburg sind zwei solide, erfahrene Mannschaften, die ebenfalls um den Aufstieg mitspielen können. Auch den VfB Oldenburg darf man nicht unterschätzen. Der VfB blieb zuletzt definitiv unter seinen Möglichkeiten und ist ein ernstzunehmender Gegner. Es wird auf jeden Fall kein Selbstläufer für uns - auch wenn wir für viele der erklärte Meisterschaftsfavorit sein sollten.
FUSSBALL.DE: Wie stark schätzen Sie die Regionalliga Nord insgesamt ein?
Während meiner ersten Amtszeit war das Niveau schon sehr hoch. Ich glaube nicht, dass sich das großartig geändert hat. Dennoch ist es außergewöhnlich, dass in der abgelaufenen Saison drei U 23-Teams an der Spitze standen. Sonst gibt es immer mindestens eine erste Mannschaft, die um den Aufstieg mitspielt.
FUSSBALL.DE: Wie beurteilen Sie die generelle Entwicklung beim VfL Wolfsburg? Ist für die Profis nach dem DFB-Pokalsieg und der Vize-Meisterschaft im nächsten Jahr sogar der Meistertitel drin?
Der kontinuierliche Fortschritt war in Wolfsburg schon 2013 das Ziel. Bis heute hat der Verein das grandios umgesetzt und befindet sich auf einem sehr guten Weg. Die Zusammenarbeit zwischen der ersten und der zweiten Mannschaft funktioniert weiterhin hervorragend. Mit dem Pokaltriumph hat der VfL eine großartige Saison gekrönt. Die Erwartungshaltung ist dadurch jetzt noch einmal gestiegen. Ich bin davon überzeugt, dass der Verein in der kommenden Saison um die Meisterschaft mitspielen und dem FC Bayern durchaus Paroli bieten kann.
center> Solch schöne Tore fallen in der Regionalliga Nord - unser Video:
Autor/-in: MSPW / Christian Knoth