Nach dem enttäuschenden vierten Platz in der abgelaufenen Saison will der Traditionsklub 1. FC Schweinfurt 05 in der Regionalliga Bayern einen neuen Angriff auf die 3. Liga starten. Der Ex-Zweitligist bereitet sich seit Dienstag auf die bereits am 11. Juli beginnende Spielzeit 2019/2020 vor. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Ex-Profi und Sportchef Björn Schlicke über Kaderplanung und Konkurrenten.
FUSSBALL.DE: Mit zwölf Zugängen und elf Abgängen startete der 1. FC Schweinfurt 05 in die Saisonvorbereitung. Ist die Kaderplanung damit bereits abgeschlossen, Herr Schlicke?
Björn Schlicke: Der Kader steht nach unserer jüngsten Verpflichtung von Linksverteidiger Christian Köppel vom Drittligisten TSV 1860 München größtenteils. Wir wollten bis zum Vorbereitungsstart das Team nahezu komplettieren, das haben wir geschafft. In den nächsten Wochen werden wir den Markt aber weiter sondieren und schauen, ob sich vielleicht noch etwas Interessantes für uns ergibt.
Worauf wurde bei der Kaderzusammensetzung der Fokus gelegt?
"Wacker Burghausen, Oberfranken Bayreuth und auch Aufsteiger SV Türkgücü-Ataspor München haben ähnliche Ambitionen wie wir"
Schlicke: Uns war wichtig, dass wir variabel aufgestellt sind. Wir haben Spieler verpflichtet, die mehrere Positionen spielen können. Das ermöglicht uns den problemlosen Wechsel von Formationen und macht uns für die Gegner unberechenbarer.
Dass Schweinfurt die Rückkehr in den Profifußball anpeilt, ist kein Geheimnis. Zuletzt reichte es aber nur zu Platz vier. Warum?
Schlicke: Wir hatten bereits früh einen deutlichen Rückstand auf die Spitze, weil uns ergebnistechnisch die Konstanz gefehlt hat. Es waren vor allem zu viele Unentschieden, um ganz oben mitmischen zu können. Schon zur Winterpause war klar, dass wir kaum noch Chancen auf den Aufstieg haben. In der Rückserie kam dann auch noch Verletzungspech hinzu. Beispielsweise tat uns der mehrmonatige Ausfall von Steffen Krautschneider enorm weh. Insgesamt müssen wir aber festhalten, dass wir nicht das auf den Platz gebracht haben, was wir können. Denn die Qualität, um im Titelrennen ein Wörtchen mitzureden, hatten wir meiner Meinung nach auch schon in der zurückliegenden Saison.
Welche lehrreichen Erfahrungen haben Sie mitgenommen?
Schlicke: Wir hatten einen zu kleinen Kader, so dass sich die Mannschaft aufgrund der Verletzungen am Ende fast von selbst aufgestellt hat. Der Konkurrenzkampf war zu gering und Ausfälle konnten wir nur schwer kompensieren. Das wird sich jetzt ändern.
Mit der U 23 des FC Bayern München geht das bisherige Topteam der Regionalliga Bayern nun in der 3. Liga an den Start. Wie stehen jetzt die Schweinfurter Titelchancen?
Schlicke: Trotz des Aufstiegs der zweiten Mannschaft des FC Bayern denke ich nicht, dass sich die Ausgangslage für uns groß verändert. Wir gehören erneut zu den drei bis vier Teams, die das Zeug und den Anspruch haben, Meister zu werden und damit in die 3. Liga aufzusteigen. Es gibt genügend starke Kontrahenten, einfach wird es definitiv nicht.
Von welchen Vereinen sprechen Sie?
Schlicke: Der SV Wacker Burghausen, die SpVgg Oberfranken Bayreuth und auch Aufsteiger SV Türkgücü-Ataspor München haben ähnliche Ambitionen wie wir. Die Münchner sind kein typischer Aufsteiger und werden den Durchmarsch in die 3. Liga anpeilen.
Türkgücü-Ataspor startet mit Ex-Profi Reiner Maurer als neuem Trainer und vielen etablierten Regionalliga-Spielern in die Saison. Ist der Aufsteiger vielleicht sogar Ihr größter Konkurrent?
Schlicke: Obwohl der Verein neu in der Regionalliga ist, hat er finanziell vergleichbare Voraussetzungen wie wir, womöglich sogar noch bessere. Türkgücü-Ataspor hat sich gut verstärkt und wird sicher eine ordentliche Rolle spielen. Dass der Klub mit einer fast komplett neuen Mannschaft in die Saison geht, muss aber nicht unbedingt ein Vorteil sein. Als Aufsteiger lebt man besonders zu Saisonbeginn noch von der Euphorie, bei Türkgücu-Ataspor sind viele Spieler aus der Aufstiegssaison aber nicht mehr da. Es wird sich zeigen, ob diese Personalpolitik Erfolg bringt.
In der vergangenen Saison mischte der VfB Eichstätt überraschend oben mit, wurde Vizemeister und qualifizierte sich für den DFB-Pokal. Welches Team könnte in der anstehenden Spielzeit für eine ähnliche Überraschung sorgen?
Schlicke: Das ist schwierig zu sagen. Spontan fällt mir keine Mannschaft ein. Sonst wäre es ja auch keine Überraschung mehr. (lacht) Eichstätt hatte ich vor der vergangenen Spielzeit nicht auf dem Zettel. Erst recht nicht nach dem 0:5 bei der Saisoneröffnung gegen die U 23 des FC Bayern. Aber der VfB hat sich nicht vom Fehlstart beirren lassen und ist zu einer absoluten Spitzenmannschaft gereift. Ich bin gespannt, wer uns diesmal verblüffen wird. Ein Überraschungsteam ist so gut wie immer dabei.
Autor/-in: Christian Knoth/mspw