Bohrlöcher, Erdhügel, tiefe Fahrzeugspuren: Nein, nach Fußball sieht es auf dem Platz des SV 1911 Haslach aus der Bezirksliga Offenburg in Südbaden derzeit wirklich nicht aus. "Immerhin stehen unsere Platzanlage und das benachbarte Klubhaus noch", scherzt der 1. Vorsitzende Hans-Joachim Schmidt im Gespräch mit FUSSBALL.DE.
Der Grund für den Einsatz schwerer Maschinen im Stadion Haslach, rund 45 Kilometer nordöstlich von Freiburg gelegen, ist zum einen die anstehende Sanierung der bereits 1956 errichteten Spielstätte. Hinzu kamen allerdings auch noch notwendige Untersuchungen des Kampfmittelräumdienstes. Deshalb kam allen Beteiligten die aktuelle corona-bedingte Zwangspause gerade recht. Doch der Reihe nach.
"Es war einfach an der Zeit, den Platz zu modernisieren", meint Hans-Joachim Schmidt. "Die Anlage wurde in Eigenleistung errichtet, damals noch ohne Drainage oder Beregnungsanlage. Das macht den Platz gerade bei Trockenheit schwer zu pflegen. Außerdem sorgen Würmer im Naturrasen dafür, dass immer wieder kleine Erdhügel nach oben geschoben werden." Das sorgte bis zum erneuten Lockdown im November nicht nur bei den Gegnern des SV Haslach für wenig Freude am Fußball. "Auch unsere Spieler waren mit der Situation unzufrieden", so Schmidt. "Bereits seit 2014 haben wir auch einen Kunstrasenplatz auf der Anlage. Seitdem will kaum einer auf dem Rasenplatz spielen."
Erleichterung nach Bombensuche
"Normalerweise ist es nicht üblich, dass bei einer Platzsanierung auch nach Fliegerbomben gesucht wird"
In den zurückliegenden Tagen gab es auf dem Rasenplatz in Haslach sogar noch ein paar Unebenheiten mehr, als es ohnehin schon der Fall ist. Der Grund: Es bestand der Verdacht, dass sich unterhalb des Rasens Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg befinden könnten. "Normalerweise ist es nicht üblich, dass bei einer Platzsanierung auch nach Fliegerbomben gesucht wird", so Vereins-Chef Schmidt. "Da aber auch die Kanalisation des benachbarten öffentlichen Schwimmbads bei uns entlangführt und modernisiert wird, wurden alte Luftaufnahmen angeschaut."
Dort, wo schon seit vielen Jahren die Anlage des SV Haslach steht, waren tatsächlich Krater zu erkennen, die auf einen Bombeneinschlag zurückzuführen waren. Daher untersuchte eine Firma für Kampfmittelbergung aus Augsburg den Platz drei Tage lang an bestimmten Stellen nach möglichen Blindgängern. Dazu wurden von einem Fixpunkt aus in einem bestimmten Umkreis mit einem Abstand jeweils von eineinhalb Metern Löcher gebohrt. Dort wurden dann in sechs Metern Tiefe Stangen mit Sensoren eingelassen, die entsprechende Daten ermittelten. Das erleichternde Ergebnis: Keine Bombe beim SV Haslach!
Dass der Sportplatz in Haslach 1956 vier Monate lang jeden Abend von rund 20 bis 30 Helfer*innen in Eigenregie und noch ohne Bagger und Raupen gebaut worden war, hatte noch weitere Auswirkungen - wie sich im Laufe der Zeit herausstellen sollte. Da auch noch keine Nivellierungsgeräte eingesetzt wurden, arbeitete man mit Wasserwaagen und dem bloßen Augenmaß. Das führte dazu, dass drei große Bodenwellen das Spielfeld durchziehen. "Eine spätere Messung hat außerdem ergeben, dass eine Stadionseite rund 80 Zentimeter länger als die andere ist und der Radius der Laufbahn nicht den Vorgaben entspricht", wie Hans-Joachim Schmidt verrät.
Schon 2008 hatte es beim SV Haslach deshalb den ersten Vorstoß gegeben, die Platzanlage zu sanieren. "Damals kam aber die Finanzkrise dazwischen", berichtet der 1. Vorsitzende. "Diesmal hat uns die Corona-Pandemie zum Glück keinen Strich durch die Rechnung gemacht, allerdings einige wichtige Besprechungen hinausgezögert."
Gesamtkosten in Höhe von 2,7 Millionen Euro
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Umso glücklicher sind die Verantwortlichen beim SV Haslach nun, dass die Vorarbeiten für das 2,7 Millionen Euro teure Projekt laufen. 900.000 Euro der Kosten sind durch Zuschüsse gedeckt. "Wir haben es nicht zuletzt dem Engagement unseres Bürgermeisters Philipp Saar zu verdanken, dass unser Bauvorhaben vom Landes- in den Bundesfördertopf gerückt ist", erklärt Schmidt. Der restliche Betrag ergibt sich aus den Eigenanteilen des SV Haslach und des Turnvereins Haslach, der die Anlage mit seiner Leichtathletik-Abteilung nutzt, sowie der Kommune.
Für den Zeitraum der Arbeiten am Rasenplatz, die erst im Mai 2022 abgeschlossen sein sollen, wird der SV Haslach mit seinen Teams komplett auf den im Jahr 2014 errichteten Kunstrasenplatz ausweichen. "Das wird mit zwei Männermannschaften, einem Altherren-Team und zwölf Nachwuchsmannschaften eine echte Herausforderung", weiß der 1. Vorsitzende.
Neben Hans-Joachim Schmidt sind auch seine beiden Söhne im Verein tätig. Patrick (34) spielte bis zum Sommer noch für die erste Mannschaft und kickt jetzt noch für die Alten Herren. Dominik (33) ist Co-Trainer beim Bezirksliga-Team und als Schiedsrichter für den SV Haslach im Einsatz.
"Ich bin sehr stolz darauf, wie mich meine Familie unterstützt", sagt Vater Hans-Joachim. Der jetzige Vereinsvorsitzende hatte schon 1971 als Spieler bei den B-Junioren angefangen. Bereits seit 1979 gehört er dem Vorstand an, ehe er 2009 an die Spitze aufrückte. Dazwischen hatte er die Aufgabe als Kassierer und später als zweiter Vorsitzender. "Mir ist es ein großes Anliegen, mich zu engagieren, den Kindern und Jugendlichen eine Anlaufstelle zu bieten und das auch vorzuleben", sagt er. Auf der zurückliegenden Mitgliederversammlung wurde Schmidt vom Südbadischen Fußballverband für seine langjährige ehrenamtliche Tätigkeit mit der Goldenen Ehrennadel ausgezeichnet.
Talent Felix Allgaier in DFB-Auswahl
Möglicherweise sieht man in naher Zukunft auch ein ehemaliges Talent des SV Haslach im Profifußball. Der frühere D-Junioren-Spieler Felix Allgaier (17), der schon vor einigen Jahren zum SC Freiburg gewechselt war, hat sich sportlich so positiv entwickelt, dass er sogar schon für die deutsche U 16-Nationalmannschaft zum Einsatz kam. Für den SV Haslach bedeutete das dank des DFB-Bonussystems zusätzliche 1.700 Euro in der Vereinskasse. Vom neuen Rasenplatz werden künftig die aktuellen Nachwuchsspieler des Vereins profitieren.
Als das "alte" Haslacher Stadion am 6. August 1956 mit dem Einweihungsspiel zwischen Racing Straßburg und dem FSV Frankfurt vor rund 4.000 Zuschauern offiziell seiner Bestimmung übergeben wurde, beneideten viele Vereine den SV Haslach um dieses "Schmuckstück". 1965 fand dort sogar ein inoffizielles Länderspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden statt, das von der damaligen "Deutschen Damen-Fußballvereinigung" organisiert wurde. Im DFB fanden die Frauenfußballerinnen erst ab 1970, also vor genau 50 Jahren, ihre dauerhafte Heimat.
Auch künftig soll es möglichst außergewöhnliche Fußballhöhepunkte in Haslach geben. "Nach der Sanierung werden wir uns auch für die Austragung eines Pokalendspiels bewerben, entweder auf Bezirks- oder vielleicht sogar auf Verbandsebene, sofern die Rahmenbedingungen für uns erfüllbar sind", kündigt Hans-Joachim Schmidt an. "Wir haben den Vorteil, zentral im Kinzigtal zu liegen. Aktuell hätte eine Bewerbung wegen der Platzverhältnisse aber keinen Sinn gemacht."
Sobald die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sind, soll die neue Anlage mit einem besonderen Spiel eingeweiht werden. "Unsere Planungen gehen definitiv in diese Richtung", so der 1. Vorsitzende. "Allerdings sind wir noch ein Stück davon entfernt, schon konkret etwas vereinbaren zu können. Dafür ist der Zeitraum bis zur Fertigstellung noch zu lang. Wir können es aber schon jetzt kaum abwarten."
Autor/-in: Dominik Dittmar/MSPW