Beim TSV Sasel existiert die vielleicht verrückteste Spieler-Trainer-Konstellation im deutschen Fußball. In der 1. Mannschaft, die in der Oberliga Hamburg spielt, ist Daniel Zankl der Trainer und Lenny Kratzmann sein Spieler. In der 3. Mannschaft wiederum ist Lenny Kratzmann der Trainer und Daniel Zankl sein Spieler. Im FUSSBALL.DE-Interview sprechen die beiden über diese lustige Konstellation.
FUSSBALL.DE: Herr Zankl, wie konnte es passieren, dass Ihr Spieler plötzlich Ihr Trainer geworden ist?
Daniel Zankl: Ich trainiere seit vier Jahren die 1. Mannschaft. Lenny war von Anfang an dabei. Seitdem er fünf Jahre alt ist und hier bei der G-Jugend begann, habe ich ihn fast durchgängig trainiert. In den letzten Jahren ist Lenny nebenher in die Trainertätigkeit hineingewachsen. Vergangene Saison hat er die A-Jugend erfolgreich trainiert. Da seine Spieler nun in den Herren-Bereich gegangen sind, war Lenny praktisch arbeitslos. Zum gleichen Zeitpunkt suchten wir in der 3. Mannschaft, für die ich nebenher spiele, einen neuen Trainer. Da fiel die Wahl eben auf Lenny.
Lenny Kratzmann: Genau. Und so habe ich am 20. Juni die erste Trainingseinheit bei der 3. Mannschaft geleitet.
"Keiner ist nachtragend, weil er einmal nicht gespielt hat."
Und wie hat es sich angefühlt, seinen eigenen Trainer zu trainieren?
Kratzmann: Andere schmunzeln über diese Konstellation. Aber für
mich spielt das keine große Rolle. Wir können sehr gut differenzieren, wer wann der Trainer ist und wer wann der Spieler ist. Er widerspricht mir jedenfalls nicht, wenn ich ihm eine Anweisung gebe.
Zankl: Wir haben natürlich ein besonderes Verhältnis, weil wir schon so lange zusammenarbeiten. Ich erinnere mich noch gut daran, wie er fünf Jahre alt war, ich ihm die Schnürsenkel zugebunden oder er auf meinem Schoß geweint hat. Er ist für mich mehr als nur ein Spieler. Wir sind auch Bezugspersonen füreinander. Es freut mich, dass wir immer noch eng zusammenarbeiten. Vor allem macht es Spaß, in der 3. Mannschaft die Trainerverantwortung abzugeben und Freude am Fußballspielen zu haben.
Erkennen Sie viele Ihrer Trainingsinhalte wieder, wenn Sie nun von Ihrem Spieler trainiert werden?
Zankl: Natürlich erkenne ich einige Trainingsinhalte wieder. Das liegt aber auch daran, dass wir hier beim TSV Sasel eine einheitliche Spielphilosophie haben. Trotzdem hat Lenny als Trainer seine eigene Handschrift.
Kratzmann: Ich habe hauptsächlich die Trainingsinhalte von ihm übernommen, die mir am meisten Spaß gemacht haben oder mich weitergebracht haben. Wir machen unter Danny zum Beispiel fast alle Übungen mit dem Ball. Das ist bei mir genauso.
Und wenn Sie in der Oberliga lediglich auf der Bank sitzen, können Sie sich nun an Ihrem Trainer rächen und ihn in der 3. Mannschaft auf die Bank setzen…
Kratzmann: (lacht) Nein. Dafür ist Danny für die 3. Mannschaft zu wichtig, wenn er denn spielfähig ist.
Wenn er spielfähig ist?
Kratzmann: Als Trainer der 1. Mannschaft ist er natürlich sehr eingebunden und kann daher nicht an jedem Training teilnehmen. Aber wie gesagt: Wir können gut differenzieren, wer wann der Trainer ist. Keiner ist nachtragend, weil er einmal nicht gespielt hat.
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Spielen Sie auf unterschiedlichen Positionen?
Zankl: Ja, Danny spielt bei mir als Flügelspieler oder Stürmer. Ich bin aktuell Innenverteidiger.
Kratzmann: Mal schauen, ob sich daran noch etwas ändert
(beide lachen) .
Kollidieren die Trainingszeiten der beiden Mannschaften nie miteinander?
Zankl: Am Freitag trainieren die 1. und 3. Mannschaft direkt nebeneinander. Dann hat für uns natürlich die 1. Mannschaft Vorrang. Ansonsten trainiert am Montag die 3. Mannschaft, am Dienstag und Donnerstag die 1. Mannschaft. Das passt also alles.
Was unterscheidet Sie als Trainer?
Kratzmann: Danny ist an der Seitenlinie intensiver und lauter. Das liegt aber sicherlich auch daran, dass er in der Oberliga einem höheren Erfolgsdruck unterliegt. In der 3. Mannschaft kann ich alles etwas lockerer sehen.
Zankl: Man kann einen Oberliga-Trainer nicht mit einem Kreisliga-Trainer vergleichen. In der Oberliga arbeite ich mehr im Detail und leistungsbezogener.
Gibt es noch mehr verrückte Trainer-Spieler-Konstellationen hier im Verein?
Zankl: Ja, hier ist alles sehr familiär. Lenny hat die A-Jugend vergangene Saison zusammen mit meinem Bruder trainiert.
Kratzmann: Da war wiederum mein kleiner Bruder mein Spieler, weil er in der A-Jugend gespielt hat. Jetzt spielt er für die 2. Mannschaft.
Zankl: Wenn ich ihn in die 1. Mannschaft hochziehe, ist er dein Mitspieler.
Kratzmann: Stimmt. Dann wären wir alle beieinander. Dein kleiner Bruder ist ja bereits dein Spieler in der Oberliga-Mannschaft.
Zankl: Sie merken also: Bei uns gibt es viele lustige Konstellationen. Wir beide sind letztendlich nur ein Abziehbild des Vereins.