Zuletzt gab es zwei herbe Klatschen für Werder Bremen. 1:7 bei der Reserve des SC Borgfeld und 4:5 beim Neurönnebecker TV. In der Tabelle kommt der TSV Hasenbüren II dem Elften SV Werder immer näher. Glück für die Hanseaten: Es geht nicht mehr tiefer. Die fünfte Mannschaft des Profiklubs von der Weser kann aus der Kreisliga C nicht mehr absteigen. Nicht nur deshalb reißen sich Fußballer darum, für die Truppe von Trainer Can Yüzüncü aufzulaufen. Immerhin könnten sie später mit Fug und Recht von sich behaupten: „Ich habe mal bei Werder Bremen gespielt.“
Beim SV Werder haben sie längst einen Aufnahmestopp verhängt. „Diese Saison geht nichts mehr“, sagt Dietmar Ernst, Abteilungsleiter Fußball Breitensport bei Werder. „Nächstes Jahr können uns Interessenten wieder anrufen.“ Die Bremer haben mittlerweile rund 40 Nachwuchsmannschaften gemeldet, alleine sieben Teams füllen die F-Junioren. Hinzu kommt die vierte Herren-Mannschaft , die in der Kreisliga A spielt, die U 21 aus der fünftklassigen Bremen-Liga und schließlich die U 23 , die Talentschmiede des Bundesliga-Teams aus der Regionalliga Nord. Damit ist der Klub an die Grenzen seiner Belastbarkeit gestoßen. „Wenn ich mehr Platz hätte, könnte ich auch mehr Spieler aufnehmen“, sagt Ernst.
Sprüche von der Konkurrenz
Dabei hat sich der Verein schon freiwillig auferlegt, keine Akteure der Konkurrenz zu übernehmen. „Wir nehmen keinen Spieler, der bei einem anderen Klub aus der Umgebung gespielt hat. Es sei denn, er ist ein großes Talent und kommt für unser Nachwuchsleistungszentrum in Frage. Das ist eine Absprache zum Schutz der kleinen Vereine“, erklärt Ernst. Wenn also Kreisligakicker auf ihre alten Tage nochmal das Trikot ihres Herzensvereins Werder überstreifen wollen, haben sie schlechte Karten.
„Wir nehmen keinen Spieler, der bei einem anderen Klub aus der Umgebung gespielt hat. Es sei denn, er ist ein großes Talent“
Schließlich will es sich der mächtigste Bremer Klub nicht mit seinen Nachbarn verscherzen. „Wir haben ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu allen“, sagt Ernst. Das war nicht immer so. Als der Vorsitzende vor 20 Jahren noch selbst für Werder als Amateur auflief, mussten sich die Bremer auf den Plätzen der Region so einiges anhören. „Da kommen die Profis“ war noch einer der harmlosen Sprüche. „Wir wurden fast schon angefeindet“, erzählt Ernst.
St. Pauli ist der Rekordhalter
Warum leistet sich ein Profiverein, der doch eigentlich wie Abstiegskandidat Werder jeden Cent für den Erfolg der Profimannschaft gebrauchen kann, Amateurteams in den Niederungen des deutschen Fußballs? In Zeiten, in denen Bundesliga-Konkurrenten wie Eintracht Frankfurt oder Bayer Leverkusen ihre zweiten Mannschaften vom Spielbetrieb abmelden, um zu sparen. „Der Breitensport kostet die Profiabteilung kein Geld“, sagt Ernst. Schließlich sind die Profis ausgegliedert in die SV Werder Bremen GmbH & Co KGaA. Die Amateure kicken unter dem Dach des Sportvereins Werder Bremen.
„Das SV steht auch für soziale Verantwortung im Stadtteil“, sagt Ernst. „Der Verein steht für alle offen, hier kann erst mal jeder Fußball spielen – soweit es der Platz erlaubt. Und der Verein als solcher ist gesund. Außerdem macht es finanziell keinen Unterschied, wenn ich jetzt fünf Jugendmannschaften abmelde.“
Aus der Bundesliga leisten sich neben Werder auch der Hamburger SV und Hertha BSC Amateure im Gewand der Profis. In der Zweiten Bundesliga sind es 1860 München , Eintracht Braunschweig und natürlich der FC St. Pauli . Die Hamburger bringen es sogar auf insgesamt acht Herrenmannschaften und sind damit Rekordhalter.
Wehklagen in Braunschweig
Die dritte Braunschweiger Mannschaft ist in der vergangenen Saison in die 1. Kreisklasse aufgestiegen. Spielertrainer Arnd Kutschke klagte unlängst im Interview mit dem Fußballmagazin „abseits“ darüber, von der Profiabteilung dennoch nicht wahrgenommen zu werden: „Wir sind einfach von der Spielklasse zu tief. Deswegen ist es auch das Ziel, die Mannschaft mittelfristig in die Bezirksliga zu führen. Denn dann hat man auch die Möglichkeit, den einen oder anderen Spieler aus der Jugendabteilung zu übernehmen oder auch Spieler in die U23 abzugeben, wenn es dort mal Bedarf geben sollte. Aber aktuell sind wir, wie gesagt, schlichtweg zu niederklassig. Mit einer Kreisklassenmannschaft will keine Profi- oder Regionalliga-Abteilung etwas zu tun haben.“
„Die Breitensportler werden vom Profibereich nicht wahrgenommen“, sagt auch der Bremer Abteilungsleiter Ernst. So gab es im Dezember etwa keine gemeinsame Weihnachtsfeier der Werder-Teams. Allerdings teilen sich die Bremer Breitensportler mit der U 23 eine Trainingsanlage und das Vereinsheim. „Da ist der Kontakt schon enger“, sagt Ernst. Und manchmal spielt sich ein Jugendlicher überraschend in den Fokus. Gerade erst hat es ein Spieler aus der fünften C-Jugend des SV Werder in das Nachwuchsleistungszentrum des Bundesligisten geschafft. „Man wird also gesehen“, sagt Ernst. Den ersten Kreisligakicker, der es in das Bundesligateam schafft, werden sie aber aller Voraussicht nach auch in Bremen nicht erleben.
Autor/-in: Arne Leyenberg