Amando Aust ist Kapitän des Hamburger Oberliga-Meisters TuS Dassendorf – und neuerdings auch Nationalspieler. Ende März gab er sein Debüt für die Nationalmannschaft von Gambia. Schon bald könnte er gegen Stars aus der englischen Premier League und der Bundesliga auf dem Platz stehen.
Amando Aust hätte fast den Sprung in den Profifußball geschafft. Der Innenverteidiger spielte in der Regionalliga unter anderem für Holstein Kiel und war am Aufstieg in die 3. Liga beteiligt. Doch fehlte ihm das nötige Quäntchen Glück, um sich wirklich in einem Profikader durchzusetzen. Die vergangenen Jahre war der Fußball für Aust nur noch ein Hobby. Sein Studium im Bereich Volkswirtschaftslehre steht im Vordergrund. Niemals hätte er davon zu träumen gewagt, eines Tages noch Nationalspieler zu werden - bis im März eine Mail auf der Geschäftsstelle seines Vereins TuS Dassendorf eintraf. Der Inhalt: Eine Einladung zu den Länderspielen gegen die U 20 von Marokko und die A-Nationalmannschaft der Zentralafrikanischen Republik. „Ich war total überrascht, als Spieler der 5. Liga in den Fokus zu rücken“, erzählt er im Gespräch mit FUSSBALL.DE .
Austs Vater stammt aus Gambia. Eine große Verbindung zu seinem Heimatland hat Amando allerdings nicht. Lediglich einmal ist er in dem westafrikanischen Land mit rund zwei Millionen Einwohnern gewesen. Der letzte Kontakt zum Fußballverband von Gambia lag nun bereits vier Jahre zurück. Ein Scout aus Bayern, der für die afrikanische Nationalmannschaft den deutschen Raum beobachtet, hatte ihn plötzlich wiederentdeckt – und dass als Oberliga-Spieler. „Der Scout meinte, dass die Ausbildung in Deutschland so gut ist, dass es gar nicht so wichtig ist, ob jemand in der 3., 4. oder 5. Liga spielt. Schließlich gibt es genügend Spieler, die das Potenzial für eine höhere Liga haben“, sagt Aust, der nun mit 26 Jahren Nationalspieler wurde.
Profis aus Leeds und Genk
"Die Spieler sind Profis und körperlich total fit, auch technisch ist das eine ganz andere Welt. Dagegen ist die Oberliga der reinste Kirmes"
Die beiden Länderspiele fanden in Marokko statt. Die gambische Fußballnationalmannschaft trägt ihre Freundschaftsspiele und Trainingslager häufig in Nordafrika aus. Grund sind die schwierigen Bedingungen in der Heimat. Aust: „In Gambia ist es einfach extrem heiß. Dort wächst kaum Rasen. Die Plätze sind noch viel, viel schlechter als im deutschen Amateurfußball.“ Nach einer 16-stündigen Anreise mit einem längeren Zwischenstopp landete der Oberliga-Spieler in Marokko und lernte die Top-Spieler seines Landes kennen. In Madou Barrow von Leeds United und Mustapha Carayol von Nottingham Forest waren zwei Spieler aus der zweiten englischen Liga dabei. Kapitän Omar Colley spielt mit dem belgischen Verein KRC Genk in der Europa League.
Dementsprechend hoch war das Niveau im Training: „Das lässt sich mit der Oberliga natürlich schwer vergleichen. Die Spieler sind Profis und körperlich total fit, auch technisch ist das eine ganz andere Welt. Dagegen ist die Oberliga der reinste Kirmes“, sagt Aust. Taktische Elemente hingegen würden eher eine untergeordnete Rolle spielen: „Jeder spielt irgendwie für sich. Es gibt einen tiefen Pass, jemand schnappt sich dann den Ball und rennt einfach los. Es gibt nicht so detaillierte taktische Anweisungen wie in Deutschland.“ Beim ersten Länderspiel gegen Marokko kam Aust nicht zum Einsatz. Auch bei der zweiten Partie gegen die Zentralafrikanische Republik saß er zunächst auf der Bank. „Ich hatte schon befürchtet, dass ich nach der langwierigen Anreise überhaupt nicht zum Einsatz komme.“ Doch zwölf Minuten vor Spielende wurde Aust eingewechselt, um den 2:1-Sieg zu sichern. Es war zwar nur ein Freundschaftsspiel, dafür aber ein historisches. „Es war nach drei Jahren der erste Sieg der Nationalmannschaft von Gambia“, sagt Aust.
Traum vom Africa Cup
Eine tolle Stimmung herrschte bei dem Länderspiel allerdings nicht. Kein Wunder, wenn die beiden beteiligten Länder mehrere Flugstunden vom Austragungsort entfernt liegen. „Es waren vielleicht 100 Menschen aus Gambia und 50 Leute aus der Zentralafrikanischen Republik dabei“, schätzt Aust. Das Wichtigste aber war, dass Trainer Sang Ndong mit der Leistung des Oberliga-Spielers zufrieden war. „Er meinte, er würde mich im Juni wieder einladen. Dann stehen die Spiele in der Africa Cup-Quali an.“ Noch nie war die Nationalmannschaft von Gambia bei der Afrikameisterschaft dabei.
Auch diesmal warten in der Quali echte Brocken. Algerien ist der Top-Favorit. Dort stehen Leute wie Riyad Mahrez und Islam Slimani von Leicester City sowie Nabil Bentaleb vom FC Schalke 04 im Kader. „In diesem Spiel wird es wohl nur darum gehen, sich das Torverhältnis nicht völlig ruinieren zu lassen“, weiß Aust. „Aber erst einmal konzentrieren wir uns auf die nächsten Spiele gegen Benin und Togo. Das wird schwer genug. Wir müssten diese beiden Nationen hinter uns lassen, um eine Chance auf den Africa Cup zu haben.“ Auch wenn die Kontinentalmeisterschaft in fast unerreichbarer Ferne zu liegen scheint, hat Trainer Ndong sie offiziell als Ziel ausgegeben. Aust: „Er war mit viel Pathos dabei und sagte, dass wir Legenden werden könnten.“
In Dassendorf ist Amando Aust als frischgebackener Nationalspieler wohl jetzt schon eine Legende.