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Die Flüchtlinge der DJK Viktoria Bochum kämpfen in der Kreisliga C um Punkte - und fast rund um die Uhr hilft Wolfgang Havranek (rechts). [Foto: Buschmann / Collage: FUSSBALL.DE]
Seit fast 50 Jahren ist er im Verein, früher als Spieler und dann recht schnell auch in der Vorstandsarbeit der DJK Viktoria Bochum, deren erster Vorsitzender er seit 2009 ist. Doch inzwischen hat Wolfgang Havranek hier eine Aufgabe gefunden, die weit über den Fußball hinaus geht. Denn der kleine Klub aus dem Ruhrpott, 1959 gegründet, sportlich nie wirklich erfolgreich und aktuell lediglich mit zwei Teams im offiziellen Spielbetrieb des DFB, hat sich der Integration von Flüchtlingen verschrieben. In der ersten Mannschaft und der A-Jugend, beide in der Kreisliga C am Ball, sind Spieler aus fast einem Dutzend Länder am Ball. Damit sie nach Monaten und Teils Jahren auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung in der Heimat nun in Deutschland richtig ankommen können, darum kümmert sich Wolfgang Havranek fast rund um die Uhr – und ist unsere Kultfigur der Woche.
"Der anonyme Begriff Flüchtling hat sich für mich personifiziert, da waren plötzlich Souleymane, Jimmy und die anderen"
Ousmane spielt auf Mohamed, der dreht sich und passt quer auf Hadjid. Blindes Verständnis auf dem Platz wäre vielleicht zu viel gesagt, doch diese Truppe kommt ohne viele Worte gut klar. Es ist die erste Mannschaft von Viktoria Bochum, die hier Anfang Oktober im Meisterschaftsspiel der Kreisliga C1 beim SV Vöde II um die nächsten Punkte kämpft. Von elf Spielern, die für die DJK auf dem Platz stehen, sind zehn Flüchtlinge, der Stürmer kommt aus Guinea, der Mittelfellspieler aus Tunesien, der Rechtsverteidiger aus Eritrea und der Torwart aus Albanien. Linksverteidiger Stanley ist heute der einzige Deutsche auf dem Feld, weil Kapitän Stefan nach einer Zahn-OP zuschauen muss. Das Spitzenspiel beim bisherigen Tabellenführer Vöde gewinnt die bunte Truppe mit 2:1, trotz Unterzahl. „Super Leistung der Jungs“, strahlt Trainer Gabor Horvath.
Seit der vorigen Saison tragen sie das blau-rote Trikot, nachdem sie im Sommer 2015 nahezu komplett von Teutonia Ehrenfeld zur Viktoria gewechselt sind. Erster Ansprechpartner bei dem kleinen Klub war und ist Wolfgang Havranek. In der Betreuung der Flüchtlinge hat der Frührentner so etwas wie eine neue Lebensaufgabe gefunden. „Ich kümmere mich um die Jungs über den Fußball hinaus und begleite sie auch schon mal zum Arzt, wenn es erforderlich ist“, erklärt der 62-Jährige und betont: „Der anonyme Begriff Flüchtling hat sich für mich personifiziert, da waren plötzlich Souleymane, Jimmy und die anderen. Die Zusammenarbeit mit ihnen gibt mir persönlich sehr viel und hat meinen Horizont erweitert.“
Vor etwas mehr als zwei Jahren entstand über das Haus Overdyck, einer evangelischen Stiftung unter dem Dach der Ruhr Diakonie, der Kontakt zu den dort betreuten Flüchtlingen. Viktoria Bochum bot ihnen zunächst eine unverbindliche Möglichkeit zum Fußballtraining. Daraus sind inzwischen die erste Mannschaft und die A-Jugend geworden. „Zwischendurch kamen auch schon mal 20 neue Flüchtlinge, die in Turnhallen in der Nähe untergebracht waren, spontan zum Training. Da war dann ein vernünftiges Einspielen der Mannschaft nicht möglich, aber das macht ja nichts“, erzählt Havranek von der plötzlichen Anziehungskraft des kleinen Vereins aus der Bochumer Innenstadt, der am Lohring lediglich über einen Aschenplatz verfügt.
Dort hat sich eigentlich nicht viel verändert, seitdem er hier selbst noch am Ball war. "In der A-Jugend haben wir mal gegen den VfL Bochum gespielt, da gab es ja noch keine überkreislichen Spielklassen. Wir haben 16 Stück gekriegt", erinnert sich Havranek. Einer seiner chancenlosen Mitspieler damals: Herbert Grönemeyer.
Die beiden Viktoria-Teams, die heute die Trainer Gabor Horvath und Tobias Schuster (erste Mannschaft) und Ralf Nüsken (A-Jugend) betreuen, mögen fußballerisch vielleicht nicht viel besser sein als Havraneks und Grönemeyers Truppe damals. Die Mission ist bei Viktoria Bochum aber angesichts von Spielern aus einem Dutzend Ländern und von drei Kontinenten inzwischen eine ganz andere. Probleme bei der Verständigung gibt es meist nur abseits des Platzes. „Lange taktische Besprechungen gehen natürlich nicht, aber wir reden ja auch von der Kreisliga C“, wirft Havranek augenzwinkernd ein. In der Kabine und auf dem Platz gibt es Anweisungen auf Deutsch, ansonsten wird Englisch und Französisch gesprochen. Ein Syrer, der schon ganz gut Deutsch kann, übersetzt ins Arabische, ein Guineer ins Französische. Ansonsten gilt natürlich die auf der ganzen Welt gültige Formel „Fußball kennt nur eine Sprache“.
Weil es für sie in der neuen Umgebung allerdings nicht damit getan ist, ein bisschen Fußball zu spielen, hat sich Viktoria Bochum ein breites Netzwerk zu verschiedenen sozialen und gesellschaftlichen Einrichtungen aufgebaut. Neben dem Haus Overdyck sind der interkulturelle Verein „Plan B“, das Ottilie-Schönewald-Kolleg und das Alice-Salomon-Berufskolleg (Flüchtlingsklassen beziehungsweise Deutsch-Unterricht) und die medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e. V. (z. B. Unterstützung bei Asylanträgen) wichtige Kooperationspartner des Vereins.
Wolfgang Havranek weiß selber, was es heißt, mal ganz woanders zurecht kommen zu müssen, obwohl er schon sein ganzes Leben in Bochum lebt. Im Mai dieses Jahres war er im Urlaub in Südafrika: „Dort ist mir erst einmal richtig bewusst geworden, wie es ist, in ein fremdes Land zu kommen, ohne die Sprache und die Kultur zu kennen – und das ohne den schlimmen Hintergrund der Flüchtlinge, die Krieg, Vertreibung und meist die Trennung von ihren Familien hinter sich haben.“
Fußball kann diesen Menschen helfen, in der ungewohnten Umgebung ein neues Leben zu starten – sofern sie nicht wieder in ihre Heimat abgeschoben werden. So ausgelassen der Sprung an die Tabellenspitze denn auch gefeiert wird, erst ein dauerhaftes Bleiberecht Deutschland wäre für sie eine wirkliche Perspektive. Wolfgang Havranek ist einer dieser Menschen, die – ohne viele Worte darüber zu verlieren – alles dafür tun, dass es klappt.
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