Bis zur 80. Minute müssen die 300 Zuschauer an der Warbruckstraße warten, dann kommt er endlich: Adil Chihi. 3:0 steht es nach einem frühen Hattrick von Boran Sezen für den FSV Duisburg im Derby gegen die Sportfreunde Hamborn, als der frühere Kölner Bundesliga-Profi und ehemalige Nationalspieler Marokkos sein Debüt für den Landesligisten gibt.
Im FUSSBALL.DE -Interview verrät der Deutsch-Marokkaner, den das Immobiliengeschäft zurück zum Fußball brachte, was er Christoph Daum und Felix Magath zu verdanken hat.
FUSSBALL.DE: Adil Chihi, was hat Sie zum FSV Duisburg geführt?
Adil Chihi: Ich bin in der Immobilienbranche tätig und habe darüber den Vorsitzenden des Vereins, Ayhan Coskun, kennengelernt. Eigentlich wollte ich nach meiner letzten Station bei Ittihad Tanger in Marokko gar nicht mehr Fußball spielen, aber beim FSV Duisburg kann ich nun beides – Beruf und Sport – gut miteinander verbinden. Jetzt ist die Leidenschaft zurück, und ich freue mich auf die weiteren Aufgaben hier.
"Wolfgang Overath war damals mein Mentor und Christoph Daum einer meiner Förderer"
Warum spielt ein Ex-Profi wie Sie nicht von Anfang an?
Chihi: Ich habe ja fast die komplette Vorbereitung verpasst und bin erst seit drei Wochen im Training. Außerdem habe ich mir vorletzte Woche eine leichte Zerrung zugezogen und war deshalb auch am vergangenen Mittwoch im Niederrheinpokal-Spiel gegen Ratingen noch nicht dabei. Rein körperlich bin ich erst bei 60, 70 Prozent.
Was haben Sie mit dem FSV Duisburg vor?
Chihi: Ich möchte gerne den jüngeren Spielern ein wenig von meiner Erfahrung abgeben und ihnen ein guter Ansprechpartner sein, zum Beispiel wenn sie Druck verspüren. Ich habe in meiner Karriere ja recht viel erlebt, durfte als junger Spieler schon in der Bundesliga mitmischen und habe auch einige Auslandserfahrungen gemacht.
Ihre letzte Station war Ittihad Tanger im Heimatland Ihrer Eltern. Wie kam es zu dem Engagement dort?
Chihi: Vorher war ich beim FSV Frankfurt, aber dann hat mich der Wechsel nach Tanger wegen der Aussicht gereizt, möglicherweise noch einmal eine Chance in der Nationalmannschaft zu erhalten.
Im Iran waren Sie auch schon...
Chihi: Das war sehr speziell! Vorher war ich ja beim FC Fulham unter Felix Magath, und man kann über ihn sagen, was man will, aber: Er ist maximal erfolgshungrig, von seinem Willen konnte man sich sehr viel abschauen – zum Beispiel nie aufzugeben, auch wenn man Rückschläge erleidet. Weil mein Vertrag in Fulham auslief, haben mein Berater und ich uns nach einer neuer Herausforderung umgeschaut, so kam der Wechsel nach Teheran zustande. Esteghlal ist der größte Klub im Iran, die Fans sind richtig verrückt. Das Derby gegen Persepolis werde ich nie vergessen, da waren 100.000 Zuschauer im Stadion. Ich habe allerdings meine Familie vermisst und bin daher nach einem halben Jahr nach Deutschland zurückgekehrt.
Denken Sie auch noch oft an Ihre Zeit beim 1. FC Köln zurück? Vor etwas mehr als 13 Jahren haben Sie dort Ihr Bundesliga-Debüt gegeben!
Chihi: Ja, natürlich, das war eine wunderbare Zeit! Ich bin ja schon mit 16 Jahren von Düsseldorf nach Köln gegangen und habe dem 'Effzeh' sehr viel zu verdanken. Das wird immer mein Verein bleiben. Wolfgang Overath war damals mein Mentor und Christoph Daum einer meiner Förderer – große Namen im Fußball!
Zwei Jahre nach Ihrem ersten Bundesliga-Einsatz wurden Sie sogar Nationalspieler...
Chihi: Ich war im Jahr 2005 schon als 17-Jähriger bei der Junioren-Weltmeisterschaft in den Niederlanden dabei und wurde dann drei Jahre später erstmals für die A-Nationalmannschaft eingeladen. Leider ist es bei einem Länderspiel für Marokko – ein 3:1 in einem Freundschaftsspiel gegen Benin – geblieben.
Später haben Sie erklärt, für Deutschland und nicht mehr für Marokko spielen zu wollen. Warum?
Chihi: Marokko ist das Heimatland meiner Eltern, aber in Deutschland bin ich aufgewachsen, deshalb schlagen in meiner Brust zwei Herzen. Ich wollte mich damals gerne für die deutsche Nationalelf empfehlen, aber dann ist es leider nicht zu einem Einsatz für die DFB-Auswahl gekommen. Lange her ( lacht )...
Autor/-in: Heiko Buschmann