Der Fair Play-Torwart: Gegenspieler getapet

Die Landessieger der Fair Play-Medaillen stehen fest: Im Rahmen des WM-Qualifikationsspiels der deutschen Nationalmannschaft gegen Aserbaidschan in Kaiserslautern am 8. Oktober wird aus 21 Kandidaten der Bundesgewinner gekürt. FUSSBALL.DE stellt bis zur Verleihung ausgewählte Fair Play-Sieger vor. Den Anfang macht Sébastien Rosenblatt, ein 14-jähriger Torwart vom FV Lörrach-Brombach.

Marc Rosenblatt steht wie immer an der Seitenlinie und verfolgt als Zuschauer das Spiel seines Sohnes. „Ich bin immer dabei“, erzählt Rosenblatt im Gespräch mit FUSSBALL.DE. Dreimal pro Woche fährt er seinen Sohn Sébastien aus dem französischen Saint Louis über die Grenze nach Deutschland zum Training des FV Lörrach-Brombach . Auch am Wochenende ist er stets dabei, wenn es um wertvolle Punkte geht. Den 8. April, den 18. Spieltag der vergangenen Saison, wird Rosenblatt allerdings nicht so schnell vergessen.

"Das ist normal für mich. Ich wollte einfach helfen"

Es läuft die Schlussphase im Spiel gegen den SC Lahr in der C-Junioren-Verbandsliga . Die Gastgeber aus Lörrach führen mit 3:0, als der gegnerische Kapitän Davide Di Benedetto frei auf Sébastien Rosenblatt zuläuft. Wenige Sekunden später liegt der Stürmer mit Schmerzen am Boden. Der junge Rosenblatt zögert keine Sekunde. Er legt seinem Gegenspieler kühlendes Eis auf das schmerzende Knie und hilft ihm gemeinsam mit dem gegnerischen Trainer vom Spielfeld. „Das ist normal für mich“, sagt der 14-jährige Schüler. „Ich wollte einfach helfen.“ Doch damit nicht genug: Der Torwart begleitet Di Benedetto, bei dem später eine Innenbanddehnung im Knie festgestellt wird, noch in die Kabine und legt ihm dort einen Tapeverband an.

Markus Lehmann ist von dieser Fair-Play-Geste beeindruckt. Er schlägt Sébastien Rosenblatt für den Fair Play-Preis im Landesverband Südbaden vor – und das mit Erfolg. In seinen zwölf Jahren als Jugendtrainer habe er noch nie so eine vorbildliche Einstellung bei einem gegnerischen Spieler erlebt, schreibt der Trainer des SC Lahr in einer Nachricht an den Verband. Außerdem habe man gesehen, dass Sébastien Erfahrung im Anlegen von Verbänden habe.

Kurz vor dem Zwischenfall hat Sébastien Rosenblatt selbst mit einer Knieverletzung zu kämpfen. „Ein Physiotherapeut hat mir gezeigt, wie ich mir zu Hause selbst einen Verband anlegen kann“, berichtet der Schlussmann. Erst lässt er sich noch von seinem Vater helfen, ehe er kurze Zeit später selbst zum Tapeverband greift. „Meine Verbände waren ihm nicht gut genug“, sagt Marc Rosenblatt mit einem Lachen und ergänzt: „Ich bin sehr stolz auf meinen Sohn.“

Zumal dieser seinem Vater nicht einmal die ganze Geschichte erzählte. „Ich habe nichts davon mitbekommen, dass er noch in der gegnerischen Kabine war. Er behält solche Sachen für sich und will damit nicht angeben. Ich habe es erst später davon erfahren“, erzählt Rosenblatt. Mittlerweile sind fünf Monaten seit der Fair Play-Aktion vergangen. Sébastien Rosenblatt spielt aktuell in der B-Jugend des FV Lörrach-Brombach – auch wenn er in den ersten beiden Saisonspielen noch nicht zum Zug gekommen ist. „Das fußballerische Niveau in Deutschland ist höher als in Frankreich. Hier kann ich mich besser weiterentwickeln“, erklärt er die ständigen Fahrten über die Grenzen.

In drei Wochen wird Sébastien Rosenblatt dann noch einmal im Rampenlicht stehen, wenn im Rahmen des Länderspiels in Kaiserslautern der bundesweite Fair Play-Sieger ausgezeichnet wird. Es geht also wieder über die Grenze nach Deutschland – diesmal allerdings ohne seinen Vater. „Ich kann leider nicht dabei sein. Aber ich hoffe natürlich, dass er gewinnt“, sagt Marc Rosenblatt.