Es ist vermutlich der weit verbreitetste Irrtum im Futsal: FUSSBALL.DE klärt mit Stefan Weber nicht nur die Frage nach dem Grätschverbot. Der DFB-Beobachter für Futsal-Schiedsrichter spricht zudem unter anderem über Aufstiegschancen und die Mär vom körperlosen Spiel.
Stefan Weber leitete über viele Jahre Fußballspiele der 2. Bundesliga, in der Bundesliga assistierte er an der Seitenlinie bei Topspielen wie dem Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04. Sogar im Old Trafford in Manchester kam Weber als Linienrichter zum Einsatz. 2003 erhielt der Schiedsrichter schließlich eine spannende Anfrage von Seiten des DFB: Ob er sich vorstellen könne, Futsal-Schiedsrichter zu werden, wurde Weber gefragt. "Aus Altersgründen war es ohnehin mein letztes Jahr als Zweitliga-Schiedsrichter, also habe ich 'Ja' gesagt", erklärt der 53-Jährige.
"Ein sauberes Tackling ist im Futsal genauso erlaubt wie im Fußball. Entscheidend ist die Verletzungsgefahr"
Die ersten Erfahrungen sammelten er und Stefan Kammerer, der vom DFB ebenfalls als FIFA-Futsal-Schiedsrichter gemeldet wurde, in Tschechien. "Wir haben Spiele in der ersten und zweiten Futsal-Liga geleitet. Anders ging es nicht", erinnert sich Weber. Schließlich steckte der Futsal in Deutschland zu diesem Zeitpunkt noch in den Kinderschuhen, einen geregelten Spielbetrieb gab es nicht.
International ging die Reise für Weber hingegen weiter. UEFA Futsal Cup, EM- und WM-Qualifikationsturniere – der Neuling unter den Futsal-Schiedsrichtern fand immer größeren Gefallen am Futsal. Der sprungreduzierte Ball, die Vier-Sekunden-Regel, das veränderte Torwartspiel: "Im Futsal gibt es viel mehr Aktionen. Als Schiedsrichter muss man mehr und vor allem schnellere Entscheidungen treffen." Auch die Teamarbeit der beiden gleichberechtigten Schiedsrichter sei zu Beginn noch ungewohnt gewesen, so Weber.
Mit dem weit verbreiteten Vorurteil, dass Futsal ein körperloses Spiel sei, möchte der 53-Jährige, der beim DFB seit 2009 als Schiedsrichter-Beobachter fungiert, allerdings aufräumen: "Je höher das Niveau, desto mehr Körpereinsatz wird toleriert. Wer von einem körperlosen Spiel spricht, liegt also völlig falsch." Auch das Grätschverbot sei bereits seit mehreren Jahren von der FIFA abgeschafft. Diese Regel habe man dem Fußball angeglichen: "Ein sauberes Tackling ist im Futsal genauso erlaubt wie im Fußball. Entscheidend ist die Verletzungsgefahr."
Damit diese Regelkenntnisse bis an die Unparteiischen auf Kreisebene weitergegeben werden, bieten Fußballkreise und Landesverbände spezielle Lehrgänge zum Futsal-Schiedsrichter an. Voraussetzung für diese Fortbildung ist eine abgeschlossene Ausbildung zum Fußball-Schiedsrichter. Da die Regeln im Fußball und Futsal trotz der Unterschiede auch sehr viele Gemeinsamkeiten aufweisen, genügt meist ein Wochenende, um die Futsal-Fortbildung abzuschließen.
Immer mehr Schiedsrichter entscheiden sich für diesen Schritt. Im Futsal finden sie höhere Aufstiegschancen vor als beim Fußball. Zu Beginn werden die Futsal-Neulinge noch bei Turnieren in den Landesverbänden eingesetzt. Durch gute Leistungen können sie sich für Wettbewerbe in den Regionalverbänden empfehlen, wie beispielsweise Begegnungen in den vier Futsal-Regionalligen, die es momentan in Deutschland gibt.
Die besten Schiedsrichter werden anschließend zum Sichtungslehrgang in Duisburg eingeladen, wo jedes Jahr das DFB-Landesauswahlturnier stattfindet. Während das Trainerteam dort die Spieler genauestens beäugt, stehen auch die Schiedsrichter im Fokus der Beobachter. Insgesamt 22 Referees leiten in Duisburg die Partien: zwei pro Regionalverband, sowie die besten zwölf Schiedsrichter, die es bereits auf die DFB-Liste geschafft haben.
Wer in Duisburg überzeugt, darf sich Chancen auf einen der begehrten Plätze auf dieser Liste ausrechnen. Die beiden besten deutschen Schiedsrichter werden vom DFB als FIFA-Futsal-Schiedsrichter gemeldet.