Shinji Kagawa, Makoto Hasebe, Yuya Osako, Genki Haraguchi und all die vielen anderen: Japaner sind seit den Zeiten von Yasuhiko Okudera aus der Fußball-Bundesliga – und etlichen anderen europäischen Spielklassen – nicht wegzudenken. Auch im hiesigen Amateurfußball haben sich die Kicker aus dem Land der aufgehenden Sonne schon lange einen guten Namen gemacht. Vor allem in Düsseldorf, wo mit etwa 7000 Menschen die größte japanische Community Deutschlands lebt, spielen Japaner bei Vereinen wie TuRU Düsseldorf oder in der näheren Umgebung wie bei den Sportfreunden Baumberg oder dem TSV Meerbusch.
So auch Ryoji Ishikawa. Der 41-Jährige ist bereits seit 1995 in Deutschland und Gründer des Japanischen Clubs Düsseldorf, einer Futsal-Mannschaft. Nun ist der Unternehmer auch noch der erste japanische Trainer in der Oberliga, in der Winterpause hat er die Nachfolge von Ex-Profi Christian Mikolajczak beim VfB Speldorf in der Oberliga Niederrhein übernommen.
Im Interview mit FUSSBALL.DE erklärt „Georgi“ – so sein „deutscher“ Spitzname – unter anderem, wie er den in finanziellen Schwierigkeiten steckenden Mülheimer Klub vor dem erneuten Abstieg in die Landesliga retten will.
FUSSBALL.DE: Ryoji Ishikawa, wie kam der VfB Speldorf auf Sie?
"Mir waren die schwierigen Voraussetzungen schon klar, aber ich traue mir trotzdem zu, hier etwas zu bewegen"
Ryoji Ishikawa: Der Kontakt ist über meinen japanischen Landsmann Ryota Nakaoka zustande gekommen. In der letzten Saison und auch in der Hinrunde der laufenden Serie habe ich mir einige Spiele angeschaut und kannte Speldorf daher schon ein wenig. Der Sportliche Leiter Oliver Röder hat mich dann vor einigen Wochen angerufen und gefragt, ob ich mir vorstellen könne, in Speldorf als Trainer anzufangen und da habe ich natürlich gerne zugesagt.
So rosig sind die Aussichten in Speldorf ja nicht...
Ishikawa: Mir waren die schwierigen Voraussetzungen schon klar, das hat Herr Röder auch ganz offen gesagt, aber ich traue mir trotzdem zu, hier etwas zu bewegen.
Erfüllt es Sie mit Stolz, der erste japanische Trainer in der Oberliga zu sein?
Ishikawa: Auf jeden Fall! Ich bin ja ein noch recht junger Trainer und haben bisher nur unterklassige Mannschaften betreut. Angefangen habe ich beim CfR Links Düsseldorf , wo ich die erste Mannschaft in der Kreisliga B trainiert habe, außerdem die B-Junioren in der Kreisklasse sowie die B-Juniorinnen in der Landesklasse. Zuletzt habe ich dann beim MSV Duisburg mit dem zweite Frauenteam in der Niederrheinliga Erfahrungen sammeln dürfen. Jetzt geht es also zurück zu den Männern und mindestens eine Stufe hinauf. Das war mein Ziel, als ich vor über 20 Jahren nach Deutschland gekommen bin.
Wie haben Sie die Anfänge in einem für Sie fremden Land erlebt?
Ishikawa: Ich bin in Deutschland von Beginn an gut zurecht gekommen, wobei mir die große japanische Community in Düsseldorf aber sicherlich geholfen hat. Ich habe angefangen, in Köln Sport zu studieren, aber dann bin ich schon mit 21 Vater geworden. Also musste ich das Studium leider abbrechen und Geld verdienen (lacht) . Auch das hat ganz gut geklappt, ich habe ein Übersetzungsbüro und vermittle Immobilien. Der Fußball ist nicht mein erstes Standbein, zumindest in finanzieller Hinsicht.
Jetzt müssen Sie in Speldorf fast eine komplett neue Mannschaft aufbauen, die Hälfte der Spieler hat ja inzwischen das Weite gesucht…
Ishikawa: Das stimmt leider! Acht Stammspieler sind weg, sieben sind geblieben. Inzwischen haben wir aber schon die Zusage von sechs neuen Spielern, sodass wir zum Trainingsstart am 16. Januar eine ordentliche Truppe beisammen haben werden.
Wird Speldorf denn zu Klein-Nippon?
Ishikawa: Wenn Sie damit meinen, dass einige meiner Landsleute, zum Beispiel vom Japanischen Club Düsseldorf oder vom TSV Meerbusch, nun zum VfB kommen, dann haben Sie recht. Wir sind aber in Verhandlungen mit auch noch einigen anderen Spielern. Nach den ersten Gesprächen bin ich optimistisch, denn ich bin mit dem festen Ziel hier angetreten, den Klassenerhalt zu erreichen. Am 17. Februar geht es mit dem ersten Punktspiel gegen den FSV Duisburg los. Dann wird man sehen, wie stark wir sind.
Spielen Sie eigentlich auch noch weiter Futsal mit dem Japanischen Club Düsseldorf?
Ishikawa: Ja, das möchte ich nicht missen. Gerade jetzt in der Hallensaison sind wir häufig am Ball, aber im Vordergrund steht erstmal die Arbeit mit Speldorf.
Autor/-in: Heiko Buschmann