DFB-Pokal 24/25: Das sind die Amateurteams
Neben 40 Profiteams aus den drei höchsten deutschen Spielklassen bekommen beim DFB-Pokal auch 24 Amateurmannschaften die Chance auf das Finale in Berlin.
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Auf dem Bild von links: Matthias, Dominik und Leonhard Haas. [Foto: Reinhard Hübner]
Es gibt nicht so viele Kreisklassen-Vereine, die bei transfermarkt.de gelistet sind. Und noch weniger, deren Spieler einen Marktwert von insgesamt 475.000 Euro aufweisen. Der oberbayerische Aufsteiger TSV Wasserburg ist aber auch kein gewöhnlicher Kreisklassenklub, sondern eine Herzensangelegenheit der äußerst erfolgreichen Fußball-Familie Haas.
Nun auch noch Leo. Leonhard Haas hat 113 Zweitligaspiele auf dem Buckel, hatte seine besten Zeiten beim FC Augsburg und bei der SpVgg Greuther Fürth, nun ist er 33. Und verstärkt den TSV Wasserburg. Mit dem einstigen bayerischen Bezirksoberligisten, der in den vergangenen Jahren bis in die A-Klasse abgestürzt ist, sind seine Brüder Dominik, 31, und Matthias, 25, in der vergangenen Saison aufgestiegen. Ungeschlagen! Mit 70 von 72 möglichen Punkten und einem Torverhältnis von 105:8. Nach dem Wechsel des großen Bruders gelten sie nun als der FC Bayern der Kreisklasse. Wer soll diese Truppe schlagen?
Die drei Haas-Brüder wurden alle beim FC Bayern ausgebildet, zwei von ihnen schafften den Sprung in die Junioren-Nationalmannschaft: Leonhard nahm mit der U 17 an der WM 1999 in Neuseeland teil, wo er das einzige deutsche Tor erzielte, Matthias wurde 2007 in Südkorea neben Toni Kroos WM-Dritter – ebenfalls mit der deutschen U17. Dominik stand seinen beiden Brüdern trotz fehlender DFB-Berufungen kaum nach, war gemeinsam mit Philipp Lahm Deutscher A-Jugendmeister 2001, Matthias holte den Titel mit Bayerns B-Junioren 2007. Dominik entschied sich früh gegen den Profifußball und für ein Lehramtsstudium, trotzdem spielte er viele Jahre hochklassig für Unterhaching, Heimstetten und 1860 Rosenheim. Matthias versuchte beim Hamburger SV, in den Profibereich vorzudringen. Verletzungen warfen ihn zurück, zuletzt lief er für 1860 Rosenheim in der Regionalliga auf.
"Die zweite Liga ist doch mindestens genauso hart"
Bis ihn vor gut einem Jahr Dominiks Idee faszinierte, in der A-Klasse, tiefer geht’s kaum, etwas richtig Spannendes aufzubauen. Geboren wurde diese Idee in der Sauna. Dominik traf sich dort mit dem Kollegen Niki Wiedmann, den es vom VfB Stuttgart über den FC Basel und Mainz 05 nach Rosenheim verschlagen hatte. Er setzte auf die berufliche Perspektive, wollte aber dennoch weiter Spaß am Fußball haben. „Spaß“, betont Dominik, „Spaß war die Triebfeder für uns.“ Aber nicht allein. Die Haas-Brüder stammen aus Ramerberg, zehn Kilometer von Wasserburg entfernt. Der Niedergang des Wasserburger Fußballs schmerzte auch sie, obwohl sie selbst nie dort gespielt hatten. Der Verein hatte nicht den besten Ruf, als „Söldnerklub“ verschrien, war der rasante Absturz durchaus auch von Schadenfreude begleitet.
„Aber Wasserburg hat ein tolles Umfeld“, weiß Matthias. „Hier wäre viel möglich.“ Die Region verfügt über talentierte Fußballer, das Stadion neben dem Erlebnisbad Badria ist für höhere Ligen ausgelegt. Und Sponsoren könne man zurückgewinnen, „wenn man guten, ehrlichen Fußball spielt“, glaubt Matthias. Den Ehrgeiz hat er nie verloren, selbst in der A-Klasse nahm er kein Spiel auf die leichte Schulter, war „teilweise angespannter als in der Regionalliga“. Auch Dominik ärgert sich noch immer über die zwei verlorenen Punkte beim einzigen Unentschieden gegen die SpVgg Pittenhart. Am Ende aber feierte der TSV Wasserburg den Aufstieg mit 21 Punkten Vorsprung.
Und nun auch noch Leo. „Es war immer ein Traum, mal gemeinsam mit meinen Brüdern in einer Mannschaft zu spielen“, sagt der Ex-Profi. Vor einem Jahr ist er aus Rostock, seiner letzten Profistation, in die Heimat zurückgekehrt und absolviert eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann. Nun juckt es ihn wieder in den Beinen, aber Kreisklasse? „Der Fußball bleibt doch immer irgendwie gleich“, beschwichtigt er. Natürlich, das Tempo ist hier langsamer, es werde weniger trainiert, „für die Spieler gibt es einfach Wichtigeres als Fußball.“ Genau das war anfangs für Matthias eine Art „Kulturschock, da waren manchmal nur sieben oder acht Leute im Training.“ Das habe sich inzwischen geändert, Matthias spürt eine „Aufbruchsstimmung“ in Wasserburg. „Wir wollen mit gutem Fußball die Leute an den Verein binden“, sagt Dominik.
Schon gilt der Aufsteiger als haushoher Favorit für den nächsten Aufstieg, Dominik aber ist vorsichtig: „Fußball spielen können die schon auch.“ Und dass die Gegner gegen Wasserburg besonders motiviert sind, auch mal mehr als die 100 Prozent zu geben versuchen, das kennt man noch aus der A-Klasse. Ob es auch Anfeindungen gab gegen die Startruppe? Eigentlich kaum, meint Matthias: „Von den Spielern sowieso nicht, wenn dann von Zuschauern.“ Aber man kennt die Haas-Brüder ja in der Region, man schätzt sie. Mit Georg, dem Cousin, steht sogar ein vierter Haas im Team, trainiert wird es in der neuen Saison von Christian Haas, dem Onkel, der sich als Jugendtrainer in Rosenheim einen Namen gemacht hat, wo er spätere Profis wie den jetzigen Dortmunder Julian Weigl formte.
Die Verpflichtung von Christian Haas ist auch ein Zeichen: Der Aufschwung des Wasserburger Fußballs soll ja nicht zu Ende sein, wenn die Haas-Brüder oder Niki Wiedmann ihre Fußballschuhe endgültig an den Nagel hängen, wenn nach Philipp auch dessen Bruder Marco Kleinschwärzer mal nicht mehr auf dem Platz helfen kann. „Wir wollen schon etwas Nachhaltiges schaffen“, betont Dominik. Die erste Mannschaft soll das Aushängeschild sein, das die Kinder und Jugendliche wieder in den Verein zieht und hält. Ziel ist es, über den bewährten Nachwuchsförderer Christian Haas mittelfristig wieder eigene Talente im Herrenbereich zu etablieren, „sodass wir älteren Spieler uns in ein paar Jahren beruhigt zurückziehen können“, so Leo. Oder selbst in die Nachwuchsförderung einsteigen. Gerade haben die Haas-Brüder in Wasserburg ein eintägiges Trainingscamp für Kinder geleitet. Und richtig viel Spaß gefunden an der Arbeit mit den Kleinen.
Noch aber sind sie heiß, wie die gesamte Mannschaft. „Hier habe ich wieder den Spaß, der mir zuletzt etwas verloren gegangen war“, sagt Matthias. Im Training müsse man „mächtig Gas geben, wir haben jetzt 15, 16 richtig gute Fußballer.“ Und mit Leo viel Qualität dazugewonnen. Ob er nicht fürchte, als Edeltechniker mächtig auf die Socken zu bekommen in der Kreisklasse? „Die zweite Liga ist doch mindestens genauso hart.“ Er spricht aus Erfahrung, zu viele Verletzungen haben ihn eine noch erfolgreichere Karriere gekostet. Aber auch mit dem, was er erreicht hat, ist er nicht unzufrieden. Der größte Moment für ihn war der 3:0-Erfolg mit dem FC Augsburg vor 69.000 Zuschauern in der Allianz-Arena gegen die Münchner Löwen. Haas traf zum 1:0. „Eine unglaubliche Atmosphäre“, schwärmt er. Diese Momente wird er vermissen.
Sein neues Fußballzeitalter begann am vergangenen Sonntag. Ausgerechnet in Ramerberg. Dem Ort seiner Kindheit, dem Wohnort seiner Eltern. Er ist wieder daheim. Und musste gleich erkennen, dass der nächste Aufstieg in dieser Liga kein Spaziergang wird. Wasserburg, der Neuling und Topfavorit, verlor gleich mal 1:2.
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