Vereinswechsel: Das musst du wissen!
Sommerzeit ist Transferzeit: Das ist im Amateurfußball nicht anders als in der Bundesliga. Hier gibt's die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vereinswechsel.
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Abdula Genaev und der SV Hemelingen: "Wir haben gegen jeden Gegner zumindest eine kleine Chance."[Foto: Halit Bulduk/SV Hemelingen]
Auf dem Bremer Marktplatz wird die Mannschaft des Fünftligisten SV Hemelingen am Sonntag ab 17.15 Uhr die Auslosung der ersten Runde im DFB-Pokal live im ZDF verfolgen. Der aktuelle Meister der Bremen-Liga und Verbandspokalsieger nimmt zum ersten Mal überhaupt am "großen" Pokalwettbewerb teil. Das Ticket löste das Team am Finaltag der Amateure durch ein 1:0 gegen den höherklassigen Bremer SV.
"Einen bestimmten Wunschgegner habe ich nicht", sagt Hemelingens Spielmacher Abdula Genaev im Gespräch mit FUSSBALL.DE. "Für uns ist der Auftritt im DFB-Pokal so oder so etwas ganz Besonderes - unabhängig davon, ob wir nun auf einen Bundesligisten oder einen Zweitligisten treffen werden." Kämpferisch fügt der 24 Jahre alte Mittelfeldspieler gleich noch hinzu: "Der Spruch, dass im Fußball alles möglich ist, kommt nicht von ungefähr. Wir haben gegen jeden Gegner zumindest eine kleine Chance. Denn auch Profis sind keine Roboter."
Gerade der aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien stammende Genaev muss es wissen. Schließlich war er selbst schon auf einem hohen Niveau als Profi aktiv. Nach seiner fußballerischen Ausbildung im Nachwuchs von Torpedo und des FC FShM Moskau kickte der starke Techniker in Lettland und Moldau jeweils in der höchsten Spielklasse. Für den lettischen Spitzenklub JFK Ventspils war er sogar in der Qualifikation zur UEFA Europa League am Ball. In der ersten Runde gelang ein 2:1-Heimerfolg gegen Genaevs späteren Verein Dinamo-Auto Tiraspol (Moldau), ehe der norwegische Topklub Rosenborg BK Trondheim (1:5) eine Nummer zu groß war.
Immerhin 30 Einsätze in der höchsten Liga bestritt Abdula Genaev in den ersten zwei Jahren seiner Profilaufbahn. Dass es danach nicht weiterging, hatte nicht zuletzt mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu tun. "Während der Winterpause der Saison 2021/2022 wollte ich eigentlich nach Litauen wechseln, es war auch schon fast alles geklärt", sagt Genaev im Rückblick. "Als dann aber der Krieg ausbrach, hat der Verein einen Rückzieher gemacht, wollte und durfte auch keinen Spieler aus Russland mehr verpflichten."
So stand er plötzlich sechs Monate lang ohne Klub da und musste sich komplett neu orientieren. Doch wie verschlug es ihn dann nach Bremen und dort zum (damals noch mittelmäßigen) Oberligisten SV Hemelingen? "Das ist eine lange Geschichte", formuliert Abdula Genaev. "Und es hat sehr viel mit der Familie zu tun." Zum einen mit seiner eigenen Familie in der tschetschenischen Heimat. "Meine Mutter, die mit meiner kleinen Schwester nach wie vor in Grosny lebt, hatte noch Kontakt zu einer Freundin aus gemeinsamen Studienzeiten, die bereits vor vielen Jahren nach Deutschland ausgewandert ist und jetzt in Bremen lebt", berichtet Genaev. "Sie hat mir nach meinem Umzug sehr geholfen, unter anderem durch einen Kontakt zum Sportamt der Stadt."
"Der DFB-Pokal ist mit Sicherheit eine gute Möglichkeit, um mich zu zeigen"
Womit wir bei der zweiten Familie wären, den Tuncels. Über das Sportamt lernte der junge Fußballer nämlich den Bremer Politiker und Bürgerschaftsabgeordneten Cindi Tuncel kennen. Dessen jüngere Brüder Günter und Feyhat wiederum trainieren bereits seit fast 13 Jahren den SV Hemelingen. Sie übernahmen den Heimatklub des früheren Nationalspielers und Werder-Idols Max Lorenz im Abstiegskampf der Bezirksliga und führten ihn kontinuierlich nach oben. Vorläufiger Höhepunkt war in diesem Frühjahr die erste Bremer Meisterschaft seit 76 Jahren, noch gekrönt durch den Pokalsieg. "Die gesamte Familie Tuncel hat mich sehr unterstützt, dafür werde ich immer dankbar sein", betont Abdula Genaev. "Gerne gebe ich dafür mit meinen Leistungen auf dem Platz etwas zurück."
Klar ist: An der positiven Entwicklung des Fünftligisten seit seinem Einstieg im Sommer 2022 hatte auch der Spielgestalter als Leistungsträger entscheidenden Anteil. Zweimal sprang zunächst die Vizemeisterschaft heraus, in diesem Jahr schließlich der Titel. Dazu steuerte er bei 25 Einsätzen in der Liga sieben Treffer und zehn Torvorlagen bei. In der Aufstiegsrunde, in der die Bremer den Sprung in die Regionalliga Nord knapp verpassten, schnürte er beim 2:2 gegen den späteren Aufsteiger Altona 93 einen Doppelpack.
Durch die guten Leistungen machte er auch andere, zahlungskräftigere Vereine auf sich aufmerksam. Innerhalb der Liga blockte er jedoch sämtliche Anfragen ab. Zusätzliches Problem: Für Nicht-EU-Ausländer ist es aus arbeitsrechtlichen Gründen sehr schwierig bis unmöglich, eine Spielgenehmigung für die Regionalliga zu bekommen.
Daher würde Genaev seinen Verein wohl nur dann verlassen, wenn ihm ein Profivertrag ab der 3. Liga aufwärts in Aussicht gestellt würde. Die Hoffnung darauf hat er auch nach drei Jahren in der fünftklassigen Bremen-Liga nicht aufgegeben. Dabei könnte nun gerade der DFB-Pokal helfen, um auf sich aufmerksam zu machen. "Das ist mit Sicherheit eine gute Möglichkeit, um mich zu zeigen", meint er.
In die Vorfreude auf die Pokalpremiere mit dem SV Hemelingen mischen sich bei Abdula Genaev aber auch zwiespältige Gefühle. Seit inzwischen mehr als drei Jahren hat er seine Familie nicht mehr gesehen. "Das tut schon sehr weh", sagt er traurig. "Ich versuche, nicht allzu oft daran zu denken, damit ich positiv bleibe." Man merkt jedoch: Das fällt ihm schwer, zumal eine wirkliche Entspannung aktuell immer noch nicht in Sicht ist.
Wie groß die Verbundenheit zu seiner Heimat ist, dokumentierte Genaev auch nach dem Pokalfinale gegen den Bremer SV. Mitten im Jubel setzte er sich eine so genannte Langhaar-Papacha auf, eine Kopfdeckung aus Schafsfell, die im Nordkaukasus traditionell zu besonderen Anlässen oder Erfolgen getragen wird. In seiner neuen Heimat fühlt sich Abdula Genaev trotz aller Sorgen und Probleme sehr wohl. Er hat sich dort schließlich nicht nur fußballerisch etwas aufgebaut, sondern auch beruflich. Der studierte Wirtschaftsinformatiker ist erfolgreich im Bereich IT-Dienstleistungen und Wirtschaftsberatung tätig. Das Unternehmen hat seinen Sitz ebenso direkt am Bremer Marktplatz wie ein beliebtes Restaurant, dessen Besitzer mit Sami Tuncel, Sie ahnen es, ebenfalls ein Bruder des Hemelinger Trainerduos und auch ein Gönner des Klubs ist.
Dort wird es am Sonntag ein Public Viewing zur Pokalauslosung geben. Während Günter und Feyhat Tuncel im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund vor Ort sind, werden Abdula Genaev und seine Mitspieler in unmittelbarer Nähe zum Bremer Roland und zu den Stadtmusikanten mit großer Spannung verfolgen, auf welchen Gegner der SV Hemelingen im ersten DFB-Pokal-Spiel seiner Vereinsgeschichte treffen wird.
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