Vereinswechsel: Das musst du wissen!
Sommerzeit ist Transferzeit: Das ist im Amateurfußball nicht anders als in der Bundesliga. Hier gibt's die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vereinswechsel.
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Kenth Joite: "Jedes Spiel ist eine neue Herausforderung."[Foto: privat]
Kenth Joite ist seit 2004 Schiedsrichter. Aktuell pfeift der 32-Jährige für den TSV Weilimdorf in Stuttgart Spiele in der Kreisliga und ist als Schiedsrichterassistent in der Landes- und Junioren-Verbandsliga im Einsatz. Zudem leitet er Partien in der Amputierten-Fußball-Bundesliga. Aufgrund eines Herzfehlers konnte Joite nicht selbst Fußball spielen, die Schiedsrichterei ist für ihn die perfekte Option, dennoch Teil des Fußballs zu sein. Im Schiri-Blog auf FUSSBALL.DE schreibt der leidenschaftliche Referee über seine Passion. Im Oktober 2023 erhielt er den Vorbildspreis "Der beMERKenswerte Weg" der Dr. Markus und Sabine Merk-Stiftung.
Kurz zu mir: Ich bin Kenth, werde im August 33 Jahre alt und bin seit 19 Jahren Schiedsrichter, trotz eines schweren Herzfehlers. 1990 bin ich mit einem schweren, weltweit einmaligen Herzfehler auf die Welt gekommen. Ich habe nur eine Herzkammer und nur einen Vorhof – kurz gesagt, ein halbes Herz. Anfangs gaben mir die Ärzte keine gute Prognose. Als mein Herzfehler kurz nach der Geburt festgestellt wurde, sagten die Ärzte meinen Eltern, dass ich höchstens drei bis zwölf Monate alt werde. 1992 konnte ich, allen Prognosen zum Trotz, dennoch operiert werden. In den nächsten Jahren konnte ich fast wie ein "normales", gesundes Kind leben.
Und wie so viele gesunde Kinder, wollte ich immer Fußballer werden. Ich bin regelmäßig mit meinem Vater und seinen Freunden auf den Bolzplatz gegangen und habe mitgekickt. Bis ich irgendwann einen Ball volle Kanne auf die Brust geschossen bekommen habe. Ich hatte kurz ordentlich Schnappatmung. An diesem Punkt wurde dann klar, dass es mit der Fußballkarriere doch nicht klappen sollte. Auch wenn ich kein Fußballer geworden bin, habe ich dennoch ganz oft mit Freunden gespielt. Eigentlich war meine komplette Kindheit vom Fußball geprägt.
"Für mich persönlich ist die Schiedsrichterei eines der schönsten Hobbys, die es gibt"
Als ich dann 14 wurde, gab es die Option, Schiedsrichter zu werden. Ich sagte sofort ja, denn so konnte ich dem Fußball trotzdem ganz nah sein. Also bin ich 2004 beim TSV Germania Lamme Mitglied geworden, damit der Verein mich zum Schiedsrichterlehrgang anmelden konnte. Ich habe in dem Lehrgang so viele tolle Dinge lernen dürfen und festgestellt, dass der Fußball mehr ist, als nur gegen einen Ball zu treten. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie stolz ich gewesen bin, damals meinen ersten Schiedsrichterausweis in der Hand halten zu dürfen!
Auch die ersten Vorbilder waren schnell gefunden. Florian Meyer auf der einen Seite, denn er war Bundesligaschiri und kam aus Braunschweig. Damals wollte ich immer so werden wie er. Aber auch Markus Merk, der für mich einer der besten Schiedsrichter aller Zeiten war, war für mich ein großes Vorbild.
Leider war der Beginn meiner Schiedsrichterlaufbahn nicht ganz so, wie ich sie mir vorgestellt habe. Aufgrund meines Herzfehlers hat man mir anfangs nicht viel zugetraut. Meine ersten Spiele waren Bambini- und F-Junioren-Spiele. Damals wurden diese in Braunschweig noch angesetzt. Auch mit Beschimpfungen musste ich mich schon früh rumärgern. In den ersten Spielen haben mich meine Eltern oft begleitet. Obwohl wir den Mannschaften mitgeteilt haben, dass ich gerade frisch den Neulings-Kurs absolviert habe, wurden viele meiner Entscheidungen auf unsportlichste Art und Weise kritisiert. Ermutigend war das natürlich nicht. Trotzdem habe ich mich von diesen Erfahrungen nicht von meinem Weg abbringen lassen.
Pfingsten 2004 durfte ich dann Spiele bei meinem ersten großen Fußballturnier beim Tuspo Surheide pfeifen. Die Juniorenmannschaft, die mein Vater damals trainiert hat, nahm an dem Turnier teil. Nachdem wir mit dem ausrichtenden Verein gesprochen hatten, durfte ich dort Spiele leiten. Ich hatte echt viel Spaß und bin in meiner Rolle als Schiedsrichter total aufgegangen! Leider hatte ich bei diesem Turnier auch meine erste Erfahrung mit Angriffen gegen mich als Schiedsrichter. Der Trainer beziehungsweise Vater eines heutigen Zweitligaspielers packte mich mit beiden Händen vorne am Trikot, drohte mir und beschimpfte mich aufs Übelste für meine Spielleitung. Das muss man sich mal durch den Kopf gehen lassen: Ein erwachsener Mensch geht einen 14-jährigen Jungen, der sichtbar ein Handicap hat, an und buttert ihn vor allen anderen auf dem Platz runter…
Trotz dieser negativen Erfahrungen habe ich auch unglaublich viele schöne Momente als Schiedsrichter erleben dürfen. So durfte ich 2012 beim Damen-Cup der SG Massen in Unna das Finale zwischen Werder Bremen und den Sportfreunden Siegen leiten. Auch wenn es "nur" ein Spiel in der Halle auf Kunstrasen gewesen ist, war es für mich eines der tollsten Spiele, die ich je leiten durfte. Es war eine ganz besondere Ehre für mich, das Finale bei einem der größten Frauen-Hallenturniere in Deutschland pfeifen zu dürfen!
Die Frage, wie man sich auf dem Platz den nötigen Respekt verschafft, kann ich gar nicht richtig beantworten. Für mich war es schon immer wichtig, einen respektvollen Umgang mit Spielern, Trainern und Zuschauern zu pflegen. Gespräche habe ich immer auf Augenhöhe geführt, und ganz wichtig – man muss Fehler auch mal zugeben können! Ich denke, dass so alle respektvoll miteinander umgehen können.
Das größte Problem auf dem Platz sind aber oftmals gar nicht die Spieler oder Trainer, sondern die äußeren Einflüsse. Zuschauer, die jede strittige Situation lautstark kommentieren müssen. Zuschauer, die uns Schiedsrichter wegen unserer Entscheidungen beleidigen. Das alles hat natürlich einen Einfluss auf die eigene Spielleitung und oft auch einen negativen Effekt auf die Mannschaften. Denn aggressive Zuschauer machen das Spiel an sich etwas "härter" beziehungsweise "aggressiver".
Seit Oktober 2022 musste ich bereits selbst zwei körperliche "Angriffe" gegen mich erleben. Erst wurde ich nach einem Spielabbruch von einem 13-Jährigen auf dem Platz angegriffen, er hat mir seinen Ellenbogen in die Rippen gestoßen. Und kürzlich wurde ich während eines Spiels diskriminierend beleidigt. Ich musste mir Sprüche aufgrund meiner sichtlichen körperlichen Einschränkungen anhören. Es kamen Sprüche wie "der schielt doch" und "der ist doch eh behindert". Solche Sprüche gehen überhaupt nicht und müssen definitiv angezeigt werden! Diskriminierung und Rassismus haben auf einem Sportplatz nichts verloren, genauso wenig wie Gewalt!
Für mich persönlich ist die Schiedsrichterei eines der schönsten Hobbys, die es gibt! Auch Menschen mit Handicap haben die Möglichkeit, dieses wundervolle Hobby auszuüben. Ich kenne Schiedsrichter mit Handicap, die in der Oberliga pfeifen, die beim Gehörlosenfußball als Schiedsrichter aktiv sind und Schiedsrichter mit geistiger Beeinträchtigung, die bei "Special"-Spielen pfeifen. Ich selbst bin seit 2022 Schiedsrichter in der Amputierten-Fußball-Bundesliga. Dort müssen die Spieler beinamputiert oder "les autres" und die Torhüter armamputiert oder "les autres" sein. "Les autres" ist ein Begriff, der verwendet wird, um Sportler mit einer Reihe von Erkrankungen zu beschreiben, die zu Störungen des Bewegungsapparates führen, die nicht in die traditionellen Klassifizierungssysteme der etablierten Behindertengruppen passen. Zu den Teilnehmern gehören Menschen mit Kleinwuchs, Multipler Sklerose oder anderen Behinderungen.
Für mich als Schiedsrichter ist der Amputierten-Fußball um einiges anspruchsvoller. Man muss auf so viel mehr achten! Die Spieler dürfen zum Beispiel nicht mit dem Stumpf des amputierten Beines oder mit dem "les autres"-Bein den Boden berühren. Und da bei den Amputierten-Fußballern das Spiel auch ziemlich schnell ist, ist es schwierig, solche Situationen schnell und richtig zu beurteilen. Natürlich gibt es bei den Regeln auch Besonderheiten. So gibt es beim Amputierten-Fußball beispielsweise kein Abseits. Gespielt wird auf einem Kleinfeld und die Spielzeit beträgt in der Bundesliga aktuell 2x20 Minuten. Außerdem haben wir in der Amputierten-Bundesliga, wie auch in der Blindenbundesliga, sogenannte Stadtspieltage. Das heißt, wir sind an vier Wochenenden in verschiedenen Städten und spielen dort die Spiele der Bundesliga. Der Finalspieltag der Amputierten-Fußball-Bundesliga findet in diesem Jahr am 2. September in Düsseldorf statt.
Der Inklusionsfußball hat für mich in den vergangenen Jahren einen sehr hohen Stellenwert erreicht, weswegen ich zurzeit viel im Inklusionsfußball unterwegs bin. Ich finde es faszinierend, bei Spielen, in denen Menschen mit Down-Syndrom dabei sind, die Freude in den Gesichtern zu beobachten! Diese Freude ist echt und absolut ehrlich. Seit einigen Jahren darf ich Benefizspiele zwischen der Landesauswahl der Menschen mit geistigen und körperlichen Einschränkungen gegen verschiedene, nicht-inklusive Teams leiten. Diese Spiele haben ein ganz besonderes Flair, denn es wird über das große Feld gespielt und der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter Knut Kircher leitet die Begegnungen. Die Schiedsrichterassistenten von Knut haben bei diesen Spielen immer körperliche oder geistige Einschränkungen.
Eines meiner absoluten Highlights in meiner bisherigen Laufbahn als Schiedsrichter waren zudem die Fußballspiele der Special Olympics Deutschland in Hannover. Ich habe dort eine Woche lang Spiele von Menschen mit geistiger und körperlicher Beeinträchtigung leiten dürfen. Auch Unified-Spiele. Hier werden Menschen mit geistiger Behinderung (Athleten) und Menschen ohne geistige Behinderung (Unified-Partner) vereint, um gemeinsam Sport zu treiben und an Wettbewerben teilzunehmen. Der absolute Höhepunkt waren die Finalspiele im Stadion von Hannover 96. Vor kurzem durfte ich auch beim Glaub an dich-Cup von Joshua Kimmich und der DFB-Stiftung Sepp Herberger pfeifen. Es war ein ganz besonderer Moment, Joshua zu treffen und mich mit ihm über Inklusion im Fußball zu unterhalten. Ich freue mich schon aufs nächste Jahr!
Ich kann jedem Fußballfan nur wärmstens ans Herz legen, einen Schiedsrichterschein zu machen! Es bringt einen nicht nur im Fußball weiter, sondern fördert und fordert auch die eigenen Stärken. Jedes Spiel ist eine neue Herausforderung und man muss immer konzentriert sein. Man muss Führungsstärke beweisen, im Team arbeiten können und gut mit seinen Mitmenschen umgehen können. Auch Menschen mit Beeinträchtigung können das Hobby sehr gut ausüben. So werden der Kontakt und der Umgang mit anderen Menschen gestärkt. Außerdem gibt es eigene Inklusionsligen, bei denen Menschen mit Beeinträchtigung die Möglichkeit haben, öfter eingesetzt zu werden. Und natürlich fördert die Schiedsrichterei die körperliche Fitness.
In meiner Schiedsrichtergruppe weiß jeder von meinem Handicap und das wird auch von allen akzeptiert. Nur weil ich eine chronische Erkrankung habe, werde ich nicht anders behandelt als gesunde, "normale" Schiedsrichter. Genauso sollte es sein! Denn nicht nur die Schiedsrichtergruppe profitiert von Inklusion, sondern auch der Fußball!
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