Katja Betten: Trotz 1,52 Meter die Beste

Was haben Kylie Minogue, Ariana Grande oder Christina Aguilera gemeinsam? Sie alle sind Weltstars - und das trotz einer vergleichsweise geringen Körpergröße von nur wenig mehr als 1,50 Metern. Weltberühmt ist Katja Betten zwar nicht. Aber auch die 22 Jahre alte Angreiferin des SV Thülen 1920 aus der Landesliga Westfalen weiß ihre 1,52 Meter und gerade einmal 48 Kilogramm auf dem Fußballplatz bestens einzusetzen. In der laufenden Spielzeit hat die Sauerländerin nicht weniger als 31 Treffer in nur 19 Partien erzielt.

Damit führt Katja Betten in der 5. Liga auch die bundesweite Wertung zur Torjägerkanone für alle an, die nach dem Saisonende gemeinsam vom Fachmagazin kicker und von FUSSBALL.DE in Kooperation mit Volkswagen verliehen wird. "Die Torjägerkanone für alle ist eine super Auszeichnung und Anerkennung für die Arbeit, die man über eine gesamte Saison geleistet hat", sagt die 22-Jährige, die wegen ihrer fußballerischen Fähigkeiten von ihrem Trainer Frederik Leikop "Wirbelwind" genannt wird. "Die Torjägerkanone für alle ist für mich ein großer Ansporn, noch weitere Treffer zu erzielen und die Führung zu verteidigen." Allein am Oster-Wochenende steuerte sie in zwei Begegnungen insgesamt sieben Tore bei.

Den Fußball hatte Katja bereits in die Wiege gelegt bekommen. Vater Jürgen war Mittelfeldspieler beim SC Willingen in der Oberliga Hessen, wurde damals von BVB-Legende Wolfgang Paul trainiert. Der inzwischen 82 Jahre alte Paul gewann mit Borussia Dortmund als Kapitän in der Saison 1965/1966 als erster deutscher Verein überhaupt einen internationalen Titel, den einstigen Europapokal der Pokalsieger durch einen 2:1-Sieg im Finale in Glasgow gegen FC Liverpool. Den SC Willingen führte der Sauerländer als Trainer zum Aufstieg in die Oberliga und damit zum größten Erfolg der Vereinsgeschichte.

Papa Jürgen Betten hatte das Talent seiner Tochter früh erkannt, meldete Katja mit fünf Jahren beim TuS Antfeld 1911 an, für den auch ihr zwei Jahre älterer Bruder Kevin heute noch kickt. Auch Katjas beste Freundin Carolin Lang hatte ihren Anteil an der Fußballkarriere der zierlichen Torjägerin. Die beiden Freundinnen trafen sich jeden Tag nach der Schule auf den Bolzplätzen in Antfeld, einem Ortsteil der Stadt Olsberg im Hochsauerlandkreis, der lediglich 781 Einwohner*innen zählt. Zuerst kickten sie im Heimatverein TuS Antfeld 1911, wechselten dann gemeinsam zum Kreisligisten FC 1990 Ostwig/Nuttlar . "Caroline war dann auch die treibende Kraft, sie hat mich bei meinem Wechsel zum SV Thülen unterstützt", erinnert sich Katja.

"Die Torjägerkanone für alle ist für mich ein großer Ansporn, noch weitere Treffer zu erzielen und die Führung zu verteidigen"

60 Tore in der Kreisliga A

Für den FC 1990 Ostwig/Nuttlar war Katja Betten insgesamt zehn Jahre am Ball, schaffte beim A-Kreisligisten auch den Sprung vom Juniorinnen- in den Frauenfußball. Während dieser Zeit entwickelte sie auch maßgeblich ihren ausgeprägten Torinstinkt. "Bei einem Testspiel, das wir 32:0 gewonnen hatten, sind mir 16 Tore in einem Spiel gelungen", berichtet sie nicht ohne Stolz.

Auch in der Saison 2016/2017 lief es für den Wirbelwind wie am Schnürchen. Für den FC 1990 Ostwig/Nuttlar hatte sie mit 60 Toren einen Rekord in der Kreisliga A aufgestellt, wurde bei der "Sauerländer Fußballnacht", einer Sportlergala der regionalen Tageszeitung, mit einer Torjägerkanone geehrt. Auch von ihren ehemaligen Mitspielerinnen bekam Katja eine Torjägerkanone, die das Team im Internet bestellt hatte. "Beide Trophäen stehen bei mir zu Hause auf einem Regal. Es wäre schön, wenn jetzt eine dritte dazukommen würde", hat die ehrgeizige Angreiferin die "Torjägerkanone für alle" fest im Blick. Beim SV Thülen liegt ihr Höchstwert in den Ligaspielen in dieser Saison bei zweimal vier Treffern. Nur in zwei von 19 Saisonspielen ging sie leer aus, traf sonst immer mindestens einmal.

Katja Bettens Treffsicherheit blieb auch anderen Vereinen nicht verborgen. "Mit 16 Jahren hätte ich von Ostwig/Nuttlar zum Westfalenligisten Borussia Dröschede wechseln können, war für diesen Schritt aber noch nicht bereit", verrät sie. Vor zwei Jahren wechselte Betten dann aber zum Landesligisten SV Thülen, bei dem ihr anfangs die Umstellung ein wenig schwerfiel, weil sie zuvor das Spiel mit einer Neunermannschaft gewohnt war. Dennoch hat sich die 22-Jährige, die immer die Kleinste in ihren Mannschaften war, auch beim SV Thülen durchgesetzt - und trifft im Elf-gegen-Elf noch genauso regelmäßig.

Cappuccino vor dem Spiel

"Ich habe mir über die Jahre Fähigkeiten angeeignet, mit denen ich mich gegen meine Gegenspielerinnen gut behaupten kann. Ich bin sehr schnell, trickreich und in Eins-gegen-Eins-Situationen nur schwer vom Ball zu trennen", beschreibt Katja Betten, die bis auf den täglichen Cappuccino auf jegliche Rituale vor einem Spiel verzichtet, ihre sportlichen Stärken. Dazu ist sie durch ihre Spielübersicht, die Fähigkeit, Freiräume zu erkennen, und mit ihrem starken linken Fuß immer in der Lage, die gegnerischen Abwehrreihen vor große Probleme zu stellen. "Manchmal höre ich meine Gegenspielerinnen fluchen, wenn ich ihnen durch meine Wendig- oder Schnelligkeit entwische", schmunzelt Katja, die wegen ihrer Körpergröße eher selten per Kopf trifft.

Mit ihrer Trefferquote und dem aktuellen dritten Tabellenplatz des Teams ist Katja Betten sehr zufrieden. "Nach der Corona-Pause habe ich nicht damit gerechnet, dass es so gut läuft", sagt die Torjägerin. Der SV Thülen hätte vielleicht sogar noch im Aufstiegsrennen mitmischen können, wenn das Team zu Saisonbeginn vollständig gewesen wäre. Während der kompletten Hinrunde stand keine "gelernte" Torhüterin zur Verfügung. Mittelfeldspielerin Sina Seipel und Abwehrspielerin Luisa Becker mussten sich abwechselnd zwischen die Pfosten stellen. "Beide hatten ihre Sache auch gut gemacht, aber dennoch hat uns das vor einige Probleme gestellt", meint die Torjägerin. In der Winterpause wurde Gesa-Marie Schulte als neue Torfrau geholt, zog sich aber vor zwei Wochen einen Achillessehnenriss zu und fällt bis zum Saisonende aus. Deshalb werden die beiden Aushilfstorhüterinnen erneut einspringen müssen.

Reus, Dallmann und Huth als Vorbilder

Katja Betten, die im vierten Semester Sportwissenschaften in Marburg studiert, ist seit ihrer Kindheit - kein Wunder bei der familiären "Vorbelastung" - glühender BVB-Fan. "Mein großes Vorbild ist Borussia Dortmunds Kapitän und Nationalspieler Marco Reus", verrät sie. "Aber auch an Nationalspielerin Linda Dallmann, die ebenfalls sehr klein ist, und Wolfsburgs Svenja Huth, die schnell und trickreich ist, orientiere ich mich."

Ihre berufliche Zukunft sieht die Thülener Torjägerin im Sportmanagement. "Ich würde später gerne im Bereich Frauenfußball arbeiten, diesen weiterentwickeln und fördern", hat sie sich vorgenommen. Zuvor geht es jedoch am Sonntag (ab 15 Uhr) zum Verfolgerduell beim Tabellenvierten TuS Sennelager, den direkten Konkurrenten im Kampf um Platz drei. "Wir wollen den TuS mit einem Sieg auf Distanz halten und unsere Position festigen. In der neuen Saison werden wir angreifen, streben den Aufstieg in die Westfalenliga an", kündigt Katja Betten an. Möglichst viele Tore würden dabei nicht schaden.