Michael Kassner lauerte in der Nähe des Strafraums. Seine Mannschaft, die SG Kastellaun/Uhler II, hatte Einwurf. Ein Teamkollege von Kassner kündigte eine weite Variante an – und hielt sein Versprechen. Der Ball sprang auf. Kassner schüttelte seinen Gegenspieler ab und zog per Rückzieher ab. Im Liveticker auf FUSSBALL.DE war später von einem Traumtor die Rede. Und nebenbei hatte Kassner die Partie bei der SG Illerich/Landkern ausgeglichen. Dank seines Treffers endete das Spiel in der Kreisliga C im Kreis Hunsrück/Mosel mit 2:2.
Das Tor war außergewöhnlich, ebenso die Geschichte des Torschützen. Denn Michael Kassner ist mittlerweile 58 Jahre alt, zweifacher Großvater und spielt nur noch für die Altherren in Kastellaun. Seine Laufbahn bei den Senioren hatte er vor langer Zeit beendet. "Das ist mehr als zehn Jahre her", betont Kassner im Gespräch mit FUSSBALL.DE. "Wann genau, weiß ich gar nicht mehr."
Es gab in der zweiten Mannschaft große Personalprobleme. In einer WhatsApp-Gruppe wurde gefragt, ob jemand aus der Altherren-Mannschaft aushelfen könne. Kassner antwortete. "Wenn ich Euch nicht zu alt bin, bin ich gerne mit dabei", schrieb der Routinier. Die Mannschaft freute sich über die Unterstützung. Und so packte Kassner seine Klamotten und fuhr zum Sportplatz.
Duell gegen Kaiserslautern
"Erstmal ist es wichtig, dass ich gesund bleibe. Wenn meine Hilfe dann gebraucht wird, bin ich da"
Fußball ist seine große Leidenschaft. Er entdeckte sie im Jahr 1974, als Deutschland im eigenen Land die Weltmeisterschaft gewann. Kassner meldete sich im Verein an und spielte für die D-Jugend des SVC Kastellaun. "Später habe ich den Verein aufgrund meines Studiums oder beruflichen Gründen auch mal gewechselt", sagt der Amateurfußballer, der noch für die TuS Gödenroth/Uhler, die Spvgg. Mühldorf am Inn, und den TV Bendorf Mülhofen aktiv war. Er spielte am liebsten im Angriff, wenn es sein musste, ging er aber auch ins Tor.
Seit 1998 ist Kassner wieder zurück in Kastellaun. Mit der Altherren-Mannschaft forderte er 2014 sogar die Traditionsmannschaft des 1. FC Kaiserslautern. "Das ging zwar deutlich verloren, trotzdem gehört das Spiel zu den Highlights meiner Laufbahn", sagt Kassner, der auch gerne an seine drei Tore bei einem internationalen Jugendturnier in Schweden zurückdenkt. Das Rückzieher-Tor nimmt nun einen vorderen Platz in der Reihe seiner besonderen Fußballmomente ein. "Da war natürlich auch etwas Glück dabei", betont Kassner.
Ihm machte der Einsatz für die zweite Mannschaft einen so großen Spaß, dass er für die nächste Partie wieder zusagte. Und Kassner zeigte, dass er das Toreschießen in seinem Alter nicht verlernt hat. In der Partie der SG Eifelhöhe Faid II traf er sogar doppelt. Das Anschlusstor zum zwischenzeitlichen 1:2 gelang ihm per Heber. Drei Minuten vor Schluss stand es dann 3:3. Der Ball kam vor seine Füße, Kassner staubte ab und bejubelte mit seinem Team den 4:3-Erfolg. "Die Zuschauer des Gegners haben mir sogar gratuliert, das war ein schönes Erlebnis", sagt der Siegtorschütze.
Fußballbegeisterte Familie
Kassner mag die Atmosphäre auf Sportplätzen. Er schaut auch gerne zu, wenn sein Sohn Maximilian für den SV 98/07 Seckenheim spielt. Die ältere Tochter Michelle trägt das Trikot der SpG Heidelberg-Nord. Und auch die jüngere Tochter Monique hat Fußball gespielt. "Jetzt hat sie berufsbedingt allerdings keine Zeit mehr", sagt der Vater.
Im Oktober 2023 feiert Michael Kassner seinen 60. Geburtstag. Ob er dann auch noch bei den Senioren einspringen würde? "Erstmal ist es wichtig, dass ich gesund bleibe", sagt Kassner. "Wenn meine Hilfe dann gebraucht wird, bin ich da."