RL-Torjägerin Haberecht: 13 Tore in 4 Spielen

Marlene Haberecht vom FC Phoenix Leipzig hat in der Regionalliga Nordost in den ersten vier Saisonspielen sagenhafte 13 Tore erzielt. Im Rennen um die Torjägerkanone für alle liegt die 31-Jährige damit deutlich an der Spitze. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht die Angreiferin über ihre neue Liebe zum Kraftsport, das passende Plätzchen für eine mögliche Torjägerkanone und die Konkurrenz zu RB Leipzig. 

FUSSBALL.DE: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum es für Sie in dieser Spielzeit so gut läuft, Frau Haberecht?

Marlene Haberecht: Ich spiele in erster Linie in einem sehr guten Team. Wir verstehen uns nicht nur auf dem Platz, sondern unternehmen auch privat sehr viel zusammen. Diese positive Grundstimmung überträgt sich dann am Wochenende auf das Spielfeld.

Zuletzt konnten Sie allerdings beim 1:1 gegen DFC Westsachsen Zwickau erstmals keinen weiteren Treffer erzielen. Was waren die Gründe dafür?

"Ich würde die Trophäe in meiner Schrankwand mit Beleuchtung aufstellen. Dafür würde ich alles an der Seite schieben, was jetzt dort steht"

Haberecht: Auch in diesem Spiel hätte ich meine Tore erzielen können. Aber der Gegner stand tief, hatte den Fokus auf die Verteidigung gerichtet, was meinem Spiel nicht so entgegenkommt. Ständig hatte ich zwei oder drei Spielerinnen an meinen Hacken. Es war schwer, auf engem Raum gegen eine vielbeinige Abwehr zu weiteren Chancen zu kommen.

Wie viele Treffer haben Sie sich für diese Saison vorgenommen?

Haberecht: Darüber mache ich mir keine Gedanken. Dass eine Angreiferin an ihren Toren gemessen wird, ist mir klar. Aber darum geht es mir nicht.

Sondern?

Haberecht: Mir liegt vielmehr daran, dass wir die Spiele als Team gut über die Bühne bringen und möglichst den Platz als Gewinner verlassen.

Waren Sie grundsätzlich schon immer so torgefährlich?

Haberecht: Ich würde mich schon als Vollblutstürmerin bezeichnen, ich will immer möglichst schnell zum Abschluss kommen und den Ball im Tor versenken. Ich habe mit fünf Jahren angefangen, mit den Jungs Fußball zu spielen, und war schon immer in der vordersten Reihe zu finden. (lacht)

Im DFB-Pokal der Frauen ist der FC Phoenix nach einem 0:4 gegen den Zweitligisten MSV Duisburg ausgeschieden. Welche Eindrücke sind dennoch geblieben?

Haberecht: Spielerisch hatte der MSV gute Ballpassagen. Einen Klassenunterschied konnte ich aber trotz der deutlichen Niederlage nicht ausmachen. Wir waren nach dem Pokalaus alle sehr enttäuscht.

In der Liga mischt der FC Phoenix mit zehn Punkten ganz oben mit. Was rechnen Sie sich für den weiteren Saisonverlauf aus?

Haberecht: Mein persönliches Ziel ist es, am Saisonende unter den ersten fünf Mannschaften in der Tabelle zu landen. Momentan sieht es nach vier Spieltagen gut aus, mehr aber auch nicht. Wir werden kämpfen und bleiben am Ball.

Ist der Aufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga ein Thema im Verein?

Haberecht: Darüber wird bei uns nicht gesprochen. Wir wollen einfach nur Spaß haben. Sollte es tatsächlich dazu kommen, würden wir sicherlich nicht Nein sagen.

Will der FC Phoenix dem Nachbarn RB Leipzig Konkurrenz machen?

Haberecht: Wir waren 2020 im Sachsenpokal noch direkte Konkurrenten, haben das Endspiel aber 0:6 verloren. RB Leipzig verfügt auch im Frauenfußball über ganz andere finanzielle Mittel. Daher kann man RB unmöglich mit unserem Klub vergleichen.

Im Ranking für die Torjägerkanone für alle stehen Sie ganz weit oben. Was würde Ihnen der mögliche Gewinn dieser Trophäe bedeuten?

Haberecht: Sollte ich tatsächlich die Trophäe gewinnen, würde ich den Titel meinem Team widmen. Mir persönlich würde diese Auszeichnung allerdings auch sehr viel bedeuten.

Haben Sie sich bereits einen möglichen Ehrenplatz zu Hause ausgedacht?

Haberecht: Aber sicher. Ich würde die Trophäe in meiner Schrankwand mit Beleuchtung aufstellen. Dafür würde ich alles an der Seite schieben, was jetzt dort steht. (lacht)

Wo liegen Ihre Stärken und in welchen Bereichen wollen Sie sich verbessern?

Haberecht: Mein Spielverständnis, die Schnelligkeit und der Kampfgeist sind meine Stärken. An meinem linken Fuß und auch am Kopfballspiel muss ich noch arbeiten. In dieser Spielzeit habe ich bislang nur einen Treffer per Kopf erzielt.

Wurde Ihnen die Torgefährlichkeit in die Wiege gelegt?

Haberecht: Meine Mutter wollte, dass ich Balletttänzerin werde. Ich bin aber lieber mit meinem Vater zum Sportplatz gegangen, habe - während er mit seinem Team um Punkte kämpfte - lieber mit den Jungs auf dem Nebenplatz gebolzt.

Mit 31 Jahren müssen Sie auch mit vielen "jungen Wilden" mithalten. Wie sehr arbeiten Sie an Ihrer Fitness, damit die sensationelle Torquote gehalten wird?

Haberecht: Ich würde eher sagen, dass die jungen Spielerinnen mit meiner Fitness mithalten müssen. Durch die lange Corona-Pause habe ich die Liebe zum Kraftsport für mich entdeckt, bin jeden Tag mindestens für eineinhalb Stunden im Fitnessstudio.

Wie macht sich das auf dem Platz bemerkbar?

Haberecht: Ich bin durch das Training selbstbewusster geworden und jetzt auch in der Lage, problemlos mehrere Gegenspieler abzuschütteln. (lacht) Ich kann jetzt körperlich auf jeden Fall viel besser dagegenhalten.

Im Hauptberuf sind Sie in der Pflege tätig, kümmern sich um Patient*innen, die im Wachkoma liegen. Wie schwer fällt es, die Eindrücke in der Kabine abzuschütteln?

Haberecht: Ich war zuvor in der Intensivpflege tätig, arbeite seit Februar mit meiner Mannschaftskapitänin Katharina Freitag im Schichtdienst in einem nahegelegenen Pflegeheim. Wenn es mir schwerfallen würde, wäre es nicht der richtige Beruf für mich. Es gibt Situationen, die gehen nicht spurlos an einem vorbei. Aber im Großen und Ganzen kann ich damit umgehen. Man muss aufpassen, dass man nicht so viel an sich heranlässt.

Welche persönlichen Ziele verfolgen Sie noch in Ihrer Karriere?

Haberecht: So lange wie mich meine Beine tragen, möchte ich Fußball spielen. Ich verspüre in mir noch den Drang, mich verbessern zu wollen, will das Maximale aus mir herausholen.