Spruds: Zwischen Kreisliga und Nationalelf

Er kennt und liebt den Fußball ganz unten und weit oben: Davis Spruds hat schon Länderspiele bestritten, auf gehobenem Amateurniveau gespielt und schaut sich gerne Kreisligaspiele an. International strebt der in der Eifel heimisch gewordene Lette dem vorläufigen Karriere-Höhepunkt entgegen.

Es hätte der große Wurf werden können. Fünf Mal hatte er zuvor in den Junioren-Nationalmannschaften von Lettland gespielt. Vor einigen Wochen wurde Davis Spruds dann erstmals in den A-Kader berufen. Zwei weitere Qualifikationsspiele zur Europameisterschaft 2024 in Deutschland standen an. In Kroatien und gegen Wales: Nur allzu gerne wäre er für sein Heimatland aufgelaufen. Doch eine Verletzung verhagelte ihm den Traum – zumindest vorerst. In einem Erstligaspiel mit seinem Luxemburger Team von Swift Hesperingen, zu dem er im Sommer nach vier Jahren bei Victoria Rosport gewechselt war, hatte sich der 24-Jährige kurz zuvor eine Bänderdehnung sowie einen Kapselanriss im Sprunggelenk zugezogen, fiel daraufhin eine ganze Weile aus. Mittlerweile ist er zwar wieder im Training, fühlt sich aber weiter gehandicapt und hat den Sprung in den Swift-Kader noch nicht geschafft.

Ein Einsatz in der A-Nationalelf wäre der vorläufige Höhepunkt einer bewegten Laufbahn gewesen. 2010 zog es Davis Spruds mit seiner Familie von der lettischen Ostsee-Hafenstadt Liepāja nach Prüm. Der Vater arbeitet im agrartechnischen Bereich und fand einen Job in der Abteistadt im Westen von Rheinland-Pfalz. Seine ersten fußballerischen Gehversuche machte der damals elfjährige Davis in der Jugend von Eintracht Trier. Immer auf der Suche nach der bestmöglichen Ausbildung scheute er später zum Teil auch noch weitere Fahrten zu den Trainings und Spielen nicht. Beim TuS Mayen spielte Spruds C-Junioren-Regionalliga, beim Euskirchener TSC zwei Jahre lang in der B-Junioren-Bundesliga West. Daraufhin schloss er sich dem Aachener Stadtteilverein Hertha Walheim und anschließend der TuS Koblenz an. "Meine halbe Jugend", lacht Spruds, "habe ich im Auto verbracht". In die Fahrdienste wurde sogar der Großvater mit eingebunden – und eigens dafür aus Lettland eingeflogen.

Mit 18 in der Bezirksliga

"Mir ist es wichtig, mit einem erlernten Beruf etwas Dauerhaftes in der Hand zu haben"

Mit 18 schloss sich der 1,89 Meter große Abwehrhüne dem seinerzeit in der Bezirksliga angesiedelten FC Bitburg an. Doch schnell wurden sie im rund 20 Kilometer entfernten Sauertal beim Luxemburger Erstligisten Victoria Rosport auf die Qualitäten des Letten aufmerksam. Bis zu seinem Wechsel nach dem Ende der vergangenen Saison war Spruds hier Stammspieler, kam trotz coronabedingter Ausfälle auf 87 Einsätze. 13 Treffer und ein Dutzend Vorlagen waren seine bemerkenswerte Offensivausbeute in der BGL-Ligue.

Die abseits der größeren Luxemburger Städte im Zentrum und im Süden beheimateten Rosporter gelten schon seit vielen Jahren als gallisches Dorf. Der Zusammenhalt bei der Victoria gefiel Spruds. Um "mal die eigenen Grenzen auszutesten" ging es für ihn zur neuen Spielzeit weiter. Das vom langjährigen Düdelinger Sponsor Flavio Becca stark unterstützte Swift Hesperingen war gerade Meister geworden und startete mit Begegnungen im internationalen Wettbewerb. Schnell kämpfte sich Spruds in die Startelf, kam in der zweiten Runde der Europa-Conference-Qualifikatio gegen die Waliser von den New Saints und in den Vergleichen mit den Nordmazedoniern vom FC Struga zu Einsätzen – und das sogar auf der für ihn ungewohnten Außenverteidigerposition.

"Verein und Arbeitgeber sind tolerant"

Die insgeheim erhoffte Qualifikation für die Gruppenphase verpasste Hesperingen. Die gesammelte Erfahrung möchte Spruds indes nicht missen: "Die Spiele waren auf einem guten Niveau. Es hat Spaß gemacht, sich auf internationaler Bühne zu bewegen." Nach der nun ausklingenden Verletzungspause will er so schnell wie möglich wieder spielen, spätestens in zwei Wochen zunächst wieder im Kader stehen. Wie weit es für ihn noch nach oben gehen kann? Da will sich der Balte nicht festlegen. Frühere Mitspieler vom FC Bitburg trauen ihm jedenfalls die viertklassige Regionalliga zu…

Auf die Fußballkarriere alleine möchte sich Spruds keineswegs verlassen. Aktuell lässt er sich zum Versicherungskaufmann ausbilden. Fast jeden Tag in der Woche geht’s ins rund 70 Autominuten entfernte Hesperingen. Stress verspürt Spruds aber keinen: "Verein und Arbeitgeber sind tolerant und geben mir Freiräume. Mir ist es wichtig, mit einem erlernten Beruf etwas Dauerhaftes in der Hand zu haben."

Wenn dann noch Zeit bleibt, verfolgt er die Spiele seiner Geschwister. Dins (10) trägt das Trikot der JSG Schneifel. Dans (19) hat seinen älteren Bruder bei Rosport beerbt und nach seinem Wechsel von Bitburg mittlerweile bei der Victoria Fuß gefasst.

Davis ist in seiner Wahlheimat bestens vernetzt und kennt auch viele Kreisligakicker. Deshalb sieht man ihn schon mal bei Fußballspielen in der nur einen Steinwurf von seiner Wohnung entfernten Prümer Dell bei Spielen der B-Ligisten SG Prümer Land, der SG Mehlental/Bleialf oder der SG Waxweiler. Vielleicht kann er ja dort demnächst schon von seinen Länderspielauftritten mit der lettischen A-Nationalelf berichten …