Bis zum ersten Punktspiel ist noch etwas Zeit. Davor steht die härteste Phase der Saison an: die Vorbereitung. Lang und kräftezehrend. FUSSBALL.DE hatte die Gelegenheit, einen Blick ins fiktive Vorbereitungs-Tagebuch eines erfahrenen Kreisliga-Haudegens zu werfen.
Die wichtigsten Auszüge:
"Liebes Tagebuch, heute war ich wieder dabei. Erneut Konditraining, den Joker 'Runder Geburtstag von xy' kann ich nicht zu oft ziehen"
Dienstag, 11. Juli: Liebes Tagebuch, heute war es soweit. Trainingsauftakt. Waren echt viele da. Bestimmt 25. Darunter auch ein paar Neue. Nehme nicht an, dass einer davon mir den Platz streitig macht. Der Trainer hat kurz was zu Saisonzielen gesagt. Nichts mit dem Abstieg zu tun haben, einstelliger Tabellenplatz – wie immer. Nicht vergessen: Für den 14. Juli muss ich einen wichtigen Termin erfinden. Da ist Waldlauf.
Donnerstag, 13. Juli: Liebes Tagebuch, immer noch großer Andrang beim Training. Wir wollen jetzt ein neues System spielen. Irgendwas mit abkippend. Das kenne ich nur von langen Abenden im Vereinsheim. Demnächst nachgucken, was das genau bedeutet. Fühle mich topfit.
Freitag, 14. Juli: Liebes Tagebuch, heute hat Oma Margot ihren 80. gefeiert. Na ja, nicht wirklich. Aber Waldläufe mochte ich nie. Und mit 33 Jahren erst recht nicht mehr. Da sollen die jungen Leute vorangehen. Habe mich stattdessen über das System mit diesem "abkippend" schlau gemacht. Geht da um die "6". Ich habe seit Ewigkeiten die Trikotnummer 3. Betrifft mich wohl nicht, muss ich trotzdem mit dem Coach klären.
Samstag, 15. Juli: Liebes Tagebuch, heute war ich wieder dabei. Erneut Konditraining, den Joker "Runder Geburtstag von xy" kann ich nicht zu oft ziehen.
Sonntag, 16. Juli: Liebes Tagebuch, erstes Testspiel 0:3 verloren. Trainer war weniger zufrieden. Hat uns Piepen genannt, nicht nett. Waren wirklich schlecht, der Schiri auch.
Donnerstag, 20. Juli: Liebes Tagebuch, der Holzfuß, der letztes Jahr noch irgendwo in der C-Klasse gespielt hat, hat mir im Training einen auf den Knöchel gegeben. Halb so wild. Aber da die ganze Bande von der Zweiten schon beim Bier saß, habe ich mit den Worten "Gehe morgen zum Doktor" etwas früher Schluss gemacht.
Abwehrchef statt Libero
Freitag, 21. Juli: Liebes Tagebuch, heute war es sehr taktisch. Denke, ich habe das neue System verstanden. Bin übrigens kein Libero mehr, sondern Abwehrchef. Klingt eh besser. Habe danach in der Kabine Tacheles geredet mit den Neuen aus der A-Jugend. Bei denen geht’s nur um Party und Trinken. Wir sind doch keine Spaßtruppe. Erinnerung an mich selbst: Dienstag einen Kasten mitbringen, bin an dem Tag 25 Jahre im Verein.
Sonntag, 23. Juli: Liebes Tagebuch, hartes Wochenende gehabt. Zwei Einheiten plus Spiel. 4:1 gewonnen. Wird langsam. Bin nach 80 Minuten raus, Muskel hat zugemacht. Bis dahin stand die Null.
Dienstag, 25. Juli: Liebes Tagebuch, mein Kasten Bier kam super an. Habe für Donnerstag meinen zweiten Joker in Sachen "Runder Geburtstag" gezogen: Der Coach hat was von Laufschuhen erzählt, die wir mitbringen sollen. Ehrensache, dass Tante Irmgards 70. vorgeht. Findet wirklich statt. Mal sehen, ob ich dabei bin. Coach war sehr verständnisvoll und lässt die besten Glückwünsche ausrichten.
Donnerstag, 27. Juli: Liebes Tagebuch, war nett bei Tante Irmgard. Leckerer Kuchen. In der WhatsApp-Gruppe wurde gegen mich geschossen: Wie es sein könne, dass manch einer bei den Laufeinheiten ständig fehle und trotzdem immer spiele. Unverschämtheit von diesem Jungspund, der auf meine Position schielt. Zum Glück sind mir der Trainer, Linksverteidiger Tobi und Stürmer Viktor sofort zur Seite gesprungen. Hat sich also gelohnt, den beiden Jungs beim Umzug zu helfen.
Montag, 31. Juli: Liebes Tagebuch, am Wochenende stand das Trainingslager an. Name des Ortes habe ich vergessen, die Kneipe war auf jeden Fall bockstark. "Bei Gitti", muss ich mir merken. Waren 15 Leute, also in der Kneipe. Insgesamt 18 beim Trainingslager. Den Vogel abgeschossen bei den schwächsten Absagen hat unser Ersatztorwart. Musste angeblich den entlaufenden Hund seiner Freundin suchen. Amateur! Hat der keine Oma, die Geburtstag feiert? Gab zwei Testspiele. Das erste war gut, gewonnen. Das andere war weniger gut, 1:8. Allerdings gegen einen Landesligisten. Junge, waren die fix. Habe nach einer Stunde Oberschenkelprobleme vorgetäuscht.
Selbsternannter Mann des Tages
Mittwoch, 2. August: Liebes Tagebuch, heute erste Runde im Kreispokal. Zweistellig für uns. Die Thekentruppe war so schwach, dass ich mir die Freiheit genommen habe, mich offensiv einzuschalten. Zwei Stück eingeschweißt. Habe daraufhin bei der Zeitung angerufen, einen kurzen Bericht durchgegeben und mich zum "Mann des Tages" gekürt.
Donnerstag, 3. August: Liebes Tagebuch, bin sauer! Die Zeitung hat meine beiden Tore nur im Statistikteil erwähnt. Als "Mann des Tages" wird unser Stürmer genannt. Pah! Wenn ich immer nur vorne stehe, würde ich auch sieben Buden machen. Werde heute nicht zum Training gehen.
Freitag, 4. August: Liebes Tagebuch, war gestern doch da. Otto, unser Betreuer, hat von meinen Toren im Pokal geschwärmt. War wichtig, dass ich kurz vor der Pause zum 6:0 und 7:0 zugeschlagen habe, meinte er. Sonst wären die vielleicht nochmal zurückgekommen. Nicht vergessen: Otto demnächst zum Bier einladen. Heute wieder Taktiktraining. Wann fängt die Saison endlich an?
Sonntag, 6. August: Liebes Tagebuch, das heutige Testspiel habe ich ausgelassen. Warum? 34 Grad im Schatten. "Auto ist nicht angesprungen", zieht immer als Begründung. Zum gemeinsamen Grillen bin ich später mit dem Fahrrad gefahren. War anstrengend! Aber nicht, dass noch einer blöd fragt, wenn mein Auto am Platz steht.
Dienstag, 8. August: Liebes Tagebuch, die Aufgaben für die neue Saison wurden verteilt. Bin weiter Getränkewart. Keine Gegenstimme. Das spornt mich an. Prost! Bin jetzt erstmal raus, Urlaub mit Schatzi. Kraft tanken vor der Saison.
Donnerstag, 24. August: Liebes Tagebuch, habe ein wenig zugelegt im Urlaub, fällt zum Glück noch nicht auf. Sonntag erstes Punktspiel, bin natürlich als Abwehrchef gesetzt. Die Vorbereitung hat geschlaucht. Und das, obwohl ich um fast alle Laufeinheiten herumgekommen bin.
Sonntag, 27. August: Liebes Tagebuch, 1:3 bei einem Aufsteiger verloren. Zwei Stück gehen auf meine Kappe. Muss die Bälle konsequenter wegschlagen. Wäre ich doch bloß zum 65. Geburtstag von Onkel Hotte gefahren. Die Feier hätte ich mir nicht mal ausdenken müssen...
Autor/-in: Sebastian Schlichting