Mit seinem technisch äußerst ansehnlichen Torwart-Tor in der Nachspielzeit sicherte Ricco Cymer (24) dem Ex-Bundesligisten Alemannia Aachen in der Regionalliga West-Partie bei Spitzenreiter SV Rödinghausen nach einem zweimaligen Zwei-Tore-Rückstand noch ein 3:3. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Schlussmann Cymer über seinen spektakulären Treffer und ständige Windböen.
FUSSBALL.DE: Torwart-Tore sind immer etwas Besonderes - vor allem dann, wenn sie dem eigenen Team in der Nachspielzeit noch ein Remis sichern! Was war das für ein Moment, Herr Cymer?
Ricco Cymer: Es war unbeschreiblich. Ich konnte erst gar nicht glauben, was da gerade passiert war, und habe den Moment absolut genossen. Beim Jubeln bin ich dann noch etwas länger liegengeblieben, während sich alle Teamkollegen auf mich draufgeschmissen haben. Mir blieb ja auch nichts anderes übrig. (lacht)
Beim Tor zeigten Sie, dass Sie technisch durchaus versiert sind: Mit rechts die Flanke angenommen, mit links den Ball unter die Latte gehämmert. Das konnte sich sehen lassen!
"Es hat sich einmal mehr gelohnt, bis zum Abpfiff an den Punktgewinn zu glauben und alles reinzuwerfen"
Cymer: Da können sich auf jeden Fall ein paar Stürmer eine Scheibe von abschneiden. (lacht) Technisch war das schon nicht schlecht.
Vielleicht wären Sie ja auf dem Feld noch besser aufgehoben als zwischen den Pfosten.
Cymer: Das glaube ich eher nicht. Meine Ausdauer würde dafür nicht reichen. Nach maximal zehn Minuten wäre ich k.o.. In der Nachspielzeit mit nach vorne zu kommen, ist schon anstrengend genug. (lacht)
War Ihnen ein Torwart-Tor zuvor schon einmal gelungen?
Cymer: Tatsächlich noch nie. Ich habe zwar im Nachwuchsbereich der TSG Hoffenheim als 16-Jähriger mal ein Tor erzielt. Das war aber bei einem Turnier, bei dem mich unser Trainer ausnahmsweise auf dem Feld eingesetzt hatte. Als Torwart habe ich in Rödinghausen mein Premierentor erzielt.
Die Partie in Rödinghausen war eine windige Angelegenheit. Beim zwischenzeitlichen 3:1 für die Gastgeber sahen Sie nicht gut aus, weil sich ein Freistoß hinter Ihnen ins Tor senkte. Wie haben Sie das Gegentor erlebt?
Cymer: Ich dachte im ersten Moment, dass ich den Ball problemlos herunterpflücken könnte und bin deshalb ein paar Schritte nach vorn gegangen. Der Ball wurde aber durch eine Windböe länger und länger und flog über mich drüber ins Tor. Ohne die Windböe wäre das Tor sicher nicht gefallen. Dennoch nehme ich den Treffer auf meine Kappe. Den muss ich haben.
Sie würden also trotz des Windes von einem Torwart-Fehler sprechen?
Cymer: Ja. Ich war der Einzige, der das Tor hätte verhindern können, und wusste, dass es sehr windig ist. Daher hätte ich nicht so früh nach vorne laufen dürfen. Es wäre besser gewesen, ein wenig abzuwarten, ob sich die Flugbahn des Balles durch den Wind noch verändert.
Für zwei Ihrer drei Gegentore war Simon Engelmann verantwortlich, der mit jetzt 23 Saisontoren mit einigem Abstand der beste Torschütze aller fünf Regionalligen ist. Denken Sie, dass er auf dem Weg zur "Torjägerkanone für alle" noch zu bremsen ist?
Cymer: Simon Engelmann ist definitiv ein Stürmer mit extrem großer Qualität - auch wenn wir es ihm besonders bei seinem ersten Tor sehr einfach gemacht haben. Ich kenne viele Regionalligastürmer und weiß, dass beispielsweise mein ehemaliger Mitspieler Sebastian Jacob von Regionalliga Südwest -Tabellenführer 1. FC Saarbrücken (derzeit 17 Saisontreffer, Anm. d. Red.) auch das Zeug dazu hat, sich die Torjägerkanone zu sichern. Wenn Simon Engelmann aber so weitermacht und konstant trifft, wird es schwer, ihn noch einzuholen.
Trotz des zweimaligen Zwei-Tore-Rückstands und schwieriger Verhältnisse kämpfte sich die Alemannia in Rödinghausen zurück und holte ein Unentschieden. Wie war diese Aufholjagd beim Spitzenreiter möglich?
Cymer: Unser Team hat einen Riesen-Charakter. Wir wissen, dass wir jedes Spiel noch drehen können und lassen uns bei Rückständen nicht hängen. Es hat sich einmal mehr gelohnt, bis zum Abpfiff an den Punktgewinn zu glauben und alles reinzuwerfen.
Autor/-in: Christian Knoth/MSPW