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Der neue Präsident der Offenbacher Kickers: Helmut Spahn. [Foto: Fotos imago; Collage FUSSBALL.DE]
Helmut Spahn hat keine Angst vor Seitenwechseln. 2003 wurde der frühere Leiter eines Spezialeinsatzkommandos der Polizei Frankfurt Sicherheitschef des Organisationskomitees der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Im Anschluss arbeitete er fünf Jahre lang als Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). 2011 zog es ihn als Direktor des Internationalen Zentrums für Sicherheit im Sport nach Katar.
Am Montag wurde der 54 Jahre alte Spahn zum Präsidenten des Regionalligisten Kickers Offenbach gewählt. Seinem Team gehört unter anderen der frühere OFC-Profi Sead Mehic als Technischer Direktor an. Im Interview mit FUSSBALL.DE erzählt Spahn, wie er Beruf und Präsidentenamt künftig verbinden will, was er sportlich mit den Kickers vorhat und wie der Fußball auf die Terrorgefahr reagieren sollte.
FUSSBALL.DE: Für Offenbacher Anhänger beginnt das feindliche Ausland schon in der keine zehn Kilometer entfernten Nachbarstadt Frankfurt. Sie leben in Doha, der Hauptstadt von Katar, das rund 6000 Kilometer weit weg liegt. Wie kommt man dort auf die Idee, Präsident des Regionalligisten Kickers Offenbach zu werden?
Helmut Spahn: Das ist eine längere Geschichte. Ich bin in Froschhausen geboren, das liegt mit dem Auto keine zehn Minuten vom Bieberer Berg entfernt. Ich habe in der Jugend selbst Fußball gespielt und es war immer mein Ziel, mal für Kickers Offenbach aufzulaufen. Das hat nicht geklappt, dafür war ich zu schlecht. Ich habe den Werdegang des Vereins aber immer verfolgt. Ich habe natürlich auch von den Turbulenzen, die es gab - leider Gottes bis hin zum Lizenzentzug -, alles mitbekommen. Irgendwann bin ich dann angesprochen worden, ob ich mir vorstellen könnte, den Verein zu unterstützen. Präsident zu werden, war damals nie ein Thema. Als Claus-Arwed Lauprecht allerdings entschieden hatte, nicht mehr kandidieren zu wollen, haben wir uns zusammengesetzt und uns intensiver unterhalten. Und dann hat sich die heutige Konstellation herauskristallisiert.
"Ich bin sicherlich niemand, der nur auf der Haupttribüne sitzt und Hände schüttelt. Natürlich gehe ich auch rüber in den Fanblock und unterhalte mich dort mit den Leuten"
Was reizt Sie an dieser Aufgabe?
Spahn: Mich reizt es, die Aufgabe nicht von oben herab als Präsident anzugehen, sondern mit einem Team zu arbeiten. Ich habe Menschen kennengelernt, denen ich zu hundert Prozent vertraue, die großes Know-how mitbringen und ein Herz für diesen Verein haben. Es soll jetzt nicht pathetisch klingen, aber ich will auch ein Stück zurückgeben. Das, was ich heute mache, habe ich auch dem Fußball zu verdanken. Ohne den DFB, ohne die WM 2006 würde ich nicht hier sitzen, sondern würde irgendeinen anderen Job machen. Und wenn man sich das Stadion und das Fanaufkommen anschaut - in der Regionalliga kommen zu Spielen gegen Spielberg mehr als 5000 Zuschauer -, wenn man sich das Nachwuchsleistungszentrum anschaut, dann sieht man, dass Potenzial da ist in Offenbach. Da geht was, das muss man doch weiterentwickeln können und den Fans wieder etwas zurückgeben. Das ist meine Motivation. Wenn meine Analyse ergeben hätte, die Aufgabe ist chancenlos und es nicht wert, wäre ich nicht angetreten.
Wie stellen Sie das ganz praktisch an? Werden Sie weiterhin in Katar leben?
Spahn: Dort ist mein Büro. Aber ich habe auch noch Büros in London, Paris, Genf und Brüssel. Meine Familie, die mehr als drei Jahre lang mit mir in Katar war, ist seit Ende letzten Jahres zurück in Deutschland, sodass ich ohnehin pendle. Nach der Wahl werde ich meine Termine, mein berufliches Engagement logischerweise meiner Funktion beim OFC anpassen.
Wie oft werden Sie in Offenbach vor Ort sein?
Spahn: So oft es nötig ist. Ich habe bislang alle Termine wahrnehmen können, teilweise mehr als meine Präsidiumskollegen. Der Vorteil ist, dass ich mein eigener Herr bin und mir meine Zeit selbst einteilen kann. Ich habe ein großes Team, wir sind mittlerweile 70 Mitarbeiter im Unternehmen. Es ist lebensfähig, ohne dass ich ständig anwesend sein muss. Vor zwei oder drei Jahren wäre mein Engagement in Offenbach noch nicht möglich gewesen, da war das Zentrum noch im Aufbau. Ich habe mir schon genau überlegt, wie es funktioniert und natürlich wird auch viel private Zeit draufgehen.
Was genau machen Sie mit Ihrem Unternehmen, dem Internationalen Zentrum für Sicherheit im Sport?
Spahn: Wir kümmern uns um die Beratung, Konzept- und Richtlinienerstellung von Ligen, Vereinen, Sportorganisationen und -verbänden, aber auch staatlichen Stellen im Bereich der Organisation und Durchführung von Sportveranstaltungen und Ligaspielen. Nicht nur im Fußball, in allen Sportarten. Wir haben zum Beispiel Verträge mit der FIFA, der deutschen, italienischen und spanischen Liga, waren aber auch beim Handball, Eishockey und Olympischen Spielen involviert. Wir beraten auch beim Stadionbau in Sachen Sicherheit. Das neue Stadion des AS Rom etwa ist ein Projekt von uns. Ein Bereich, in dem wir seit zweieinhalb Jahren intensiv tätig sind, ist Integrity, der Kampf gegen Match-Fixing, Korruption und jede Art von unlauteren Methoden im Sport. Wir arbeiten mit fast allen UN-Organisationen zusammen, wie UNICRI, UNODC, UNICEF, UNHCR, Transparency International, der Weltbank, Universitäten wie Sorbonne und Harvard und betreiben eigene Forschung.
Somit sind Sie eigentlich im großen Sport zu Hause. Nun sind Sie Präsident eines Viertligaklubs. Ist das nicht ein Kulturschock?
Spahn: Überhaupt nicht. Wenn ich jetzt Präsident eines Bundesligaklubs wäre, würde ich die Aufgabe nicht anders angehen. Der OFC ist ein großer Fußballverein und es ist aus diesem Blickwinkel völlig egal, ob der in der ersten oder vierten Liga spielt. Natürlich sind die Rahmenbedingungen andere. Aber es gibt sonst keine großen Unterschiede. Ich habe in den vergangenen Jahren seit 2002 alle Welt- und Europameisterschaften miterlebt, Spiele in der Champions und Europa League, aber bei diesen Partien stehen genauso zweimal elf Mann und ein Schiedsrichter auf dem Feld wie hier in Offenbach.
Bei einigen Vereinen in Europa sind bereits Investoren aus dem Nahen Osten eingestiegen. Bringen auch Sie einen Geldgeber aus Katar mit nach Offenbach?
Spahn: Nein. Wenn man mich gewählt hätte, nur in der Hoffnung, dass ich Geld mitbringe, wäre ich nicht angetreten. Unser Team und unser Konzept, ohne jede finanzielle Zusage, wurden gewählt. Natürlich ist jedem die angespannte finanzielle Lage von Kickers Offenbach bekannt. Es steht oben auf der Agenda, den Verein in diesem Bereich zu konsolidieren. Aber das muss man seriös und im Rahmen der gegebenen Voraussetzungen machen. Das werden wir jetzt angehen. Aber ich habe weder einen Scheich im Rücken noch eine große Tasche mit Geld draußen vor der Tür stehen.
Wie haben Sie die Spiele der Kickers aus der Ferne verfolgt?
Spahn: Die Welt ist vernetzt. Egal, wo man ist, Internet gibt es überall. Ich habe mehrere Telefone, habe immer meinen Computer dabei. So kann man etwa den Livestream des Fanradios nutzen und sich auch die Spiele anschauen. Ich habe außerdem enge Verbindungen zu einzelnen Personen hier im Verein, die mich immer per SMS, E-Mail oder Anrufen auf dem Laufenden gehalten haben. Und wenn ich hier war, habe ich Spiele im Stadion besucht, weit bevor überhaupt zur Diskussion stand, dass ich eine Funktion in Offenbach übernehme. Ich habe drüben im Stehplatzbereich gestanden oder war mit der Familie im Familienblock.
In den Stehblock können Sie künftig aber nicht mehr gehen.
Spahn: Warum nicht?
Zumindest nicht mehr unerkannt.
Spahn: Das mag sein. Aber es macht doch auch Sinn, wenn mich die Menschen erkennen. Es ist wichtig, mit jedem zu reden. Ich bin sicherlich niemand, der nur auf der Haupttribüne sitzt und Hände schüttelt. Mein Anspruch ist es, mit allen in Kontakt zu treten. Natürlich gehe ich auch rüber in den Fanblock und unterhalte mich dort mit den Leuten.
Die Mitgliederversammlung, auf der sie mit 95 Prozent aller Stimmen zum Präsident gewählt wurden, verlief sehr harmonisch. Das war in Offenbach nicht immer so. Wie haben Sie das geschafft?
Spahn: Ich habe bei meiner Präsentation klargemacht, für was wir stehen und was wir vorhaben. Und dann startet ein demokratischer Prozess. Entweder finden Mitglieder unser Konzept gut, dann ist es okay, oder sie finden es nicht gut, dann ist es auch okay. Wenn ich nicht gewählt worden wäre, wäre ich schon enttäuscht gewesen, aber damit muss man rechnen, wenn man antritt. Dass die Mitgliederversammlung so harmonisch lief, nehme ich positiv zur Kenntnis. Wir haben einen Vertrauensvorschuss bekommen und wir werden jetzt alles für den Verein tun. Niemand aus meinem Team braucht diesen Job, um sich in der Öffentlichkeit zu profilieren. Das sind alles Menschen, die ihren beruflichen Weg erfolgreich gegangen sind. Aber hier ist auch niemand angetreten, um am Ende zu scheitern.
Sie haben keine leichte Aufgabe übernommen. Der OFC hat gerade erst ein Insolvenzverfahren hinter sich, noch immer belasten den Verein Schulden. Wie wollen Sie den Klub sanieren?
Spahn: Ich habe schon immer in meinem Berufsleben für Offenheit, Transparenz und klare Worte gestanden. Ich stehe auch dafür, nicht über andere zu reden sondern mit anderen. Und ich stehe noch mehr dafür, nur über Sachen zu sprechen, über die ich zu hundert Prozent informiert bin. Deshalb kann ich auch nicht sagen: Wir haben ein finanzielles Problem und das lösen wir so. Aus der Zeitung kenne ich die angebliche Höhe der Schulden. Aber ob die Zahl stimmt, weiß ich nicht. Deshalb müssen wir uns jetzt Unterlagen anschauen und eine Bestandsaufnahme machen. Irgendwann haben wir dann Daten und Fakten und dann werden wir ein Konzept erarbeiten. Den Mitgliedern habe ich versprochen, dass wir alles transparent darstellen. Spätestens nach 99 Tagen wird es eine Informationsveranstaltung geben, auf der wir darlegen, was wir vorgefunden haben, welche Herausforderungen bestehen und wie wir meinen, diese meistern zu können.
Sie haben also noch keinen Überblick über die tatsächliche finanzielle Lage des Vereins?
Spahn: Doch, einiges haben wir mittlerweile mitbekommen. Am Mittwoch hatten wir die Übergabe vom alten auf das neue Präsidium. Vizepräsident Thomas Delhougne, der die Gespräche mit den Gläubigern geführt hat, hat uns da auf Stand gebracht. Uns wurden einige Aktenordner übergeben, durch die wir uns erst einmal durcharbeiten müssen. Danach werden wir klarer sehen.
Vor der Wahl haben Sie gesagt, Sie rechnen mit dem Schlimmsten. Hat Sie der erste Einblick bestätigt oder überrascht?
Spahn: Es gab keine Überraschungen, die völlig aus dem Nichts kamen. Es liegt wohl in dem Rahmen, den wir vermutet haben.
Auch sportlich läuft es derzeit nicht gut beim Vorjahresmeister. Nach gutem Start ist der OFC derzeit nur noch Tabellensiebter, der Abstand zu den Aufstiegsrängen beträgt bereits elf Punkte. Hatten Sie nach dem verpassten Aufstieg mit einer solch schweren Saison gerechnet?
Spahn: Die Kickers sind letzte Saison mit zehn Punkten Vorsprung Meister geworden. Da ist es nicht einfach für Mannschaft und Trainer, die Spannung bis zu den Aufstiegsspielen hochzuhalten. Den Schalter dann vor den beiden Relegationsspielen umzulegen, ist schwer. Noch schwerer ist es, für die neue Saison zu planen. Du weißt nicht, ob du aufsteigst oder in der vierten Liga bleibst. Es ist schwierig, mit Spielern zu verhandeln, du brauchst für beide Ligen eine Finanzplanung. Nachdem der Aufstieg nicht geklappt hat, lag es auf der Hand, dass es ein Stück schwerer wird. Obwohl die Mannschaft im Umbruch war, war der Beginn der Saison sehr gut mit der Chance auf Platz eins, wenn wir gegen Hoffenheim II gewonnen hätten. Das Potenzial ist also grundsätzlich da. Die vergangenen Wochen waren dagegen nicht einfach für die Mannschaft und den Trainer. Es gilt jetzt, die beiden Spiele gegen Kassel und Homburg abzuwarten. Dann werden wir uns in der Winterpause zusammensetzen und schauen, wohin die Reise geht.
Trotzdem kann die Regionalliga nicht der Anspruch des OFC sein. Wie sehen Ihre mittel- und langfristigen sportlichen Ziele mit den Kickers aus?
Spahn: Mittelfristig muss der Aufstieg in die 3. Liga das Ziel sein. Mit wirtschaftlicher Vernunft und seriösen Konzepten. Wir spielen immer noch Fußball und produzieren keinen Tisch und kein Auto, wo wir eine klare Marktanalyse vornehmen können. Man kann planen, wie man will, man muss immer damit rechnen, dass ein Spieler in der 90. Minute frei vor dem Tor steht, drüber schießt und du so den Aufstieg verpasst. Deshalb kann ich nicht sagen: In der nächsten Saison werden wir aufsteigen. Aber das Ziel muss sein, so schnell wie möglich in die 3. Liga zu kommen.
Sie wollen auch wieder stärker als Ausbildungsverein wahrgenommen werden. Bayern-Profi Sebastian Rode, der aus der Offenbacher Jugend kommt, haben Sie gerade als erstes Mitglied des neugeschaffenen Förderkreises präsentiert.
Spahn: Ein Verein wie der OFC muss auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. In Offenbach haben wir 36 Prozent Ausländerquote, viele Spieler im Nachwuchsbereich haben einen Migrationshintergrund. Es darf nicht nur um den Sport gehen, sondern auch um die Vermittlung von Werten. Jede Investition in die Jugend ist eine gute Investition. Ein Nachwuchsleistungszentrum, wie wir es haben, gibt es in der vierten Liga nicht oft. Das gilt es weiter zu professionalisieren. Denn das birgt auf der einen Seite die Chance, dass ich Spieler entwickle, die vielleicht eines Tages den Sprung in die erste Mannschaft schaffen oder auf der anderen Seite auch mal eine Einnahme für den Verein darstellen können. Daher haben wir den Diskussionen, die U 23 vielleicht vom Spielbetrieb abzumelden, auch eine klare Absage erteilt. Wir wollen in den Nachwuchs investieren.
Das Umfeld eines Traditionsvereins, der früher große Erfolge gefeiert hat, ist nicht immer einfach. Wie bremsen Sie die hohen Erwartungen?
Spahn: Es ist ja nicht so, dass ein neues Präsidium kommt und von heute auf morgen ändert sich alles. Das braucht Zeit. Das habe ich den Mitgliedern klargemacht. Außerdem kann ich nur das versprechen, was ich auch halten kann. Und halten kann ich, dass wir uns einbringen, dass wir mit Herzblut an die Arbeit gehen, mit der nötigen Objektivität, Seriosität, ohne Ansehen der Personen. Versprechungen, in einem Jahr sind wir schuldenfrei, oder in einem Jahr spielen wir in der 3. Liga, hören sich bei einer Mitgliederversammlung vielleicht gut an. Damit würde man wahrscheinlich positives Feedback bekommen. Aber es wäre unseriös. Wir sind keine Dampfplauderer, die das Blaue vom Himmel versprechen, nur um gewählt zu werden.
Sie waren zuletzt stärker als Sicherheitsexperte denn als OFC-Präsidentschaftskandidat gefragt. Haben Sie damit gerechnet, dass der Fußball ins Visier von Terroristen rücken könnte?
Spahn: Ich würde nicht sagen, dass der Fußball in den Fokus von Terroristen gerückt ist. Die Gefahr für die sogenannten soften Ziele, Sportveranstaltungen und Menschenansammlungen, gab es schon immer. Es gab in der Vergangenheit bereits Anschläge bei Olympischen Spielen oder Fußballveranstaltungen. Das ist kein neues Phänomen. Was die Menschen nun emotional mitgenommen hat, war, dass der Terror näher an uns herangerückt ist und im Umfeld eines Länderspiels stattfand. Die Absage des Länderspiels in Hannover hat die Situation noch einmal befeuert, weil wir plötzlich eine Bedrohung im eigenen Land gespürt haben. Aber wir müssen Ruhe bewahren. Ich war 22 Jahre lang Polizeibeamter, ich habe ein SEK geleitet, war mit Geiselnahmen, Entführungen, Erpressungen befasst, auch mit terroristischen Bedrohungen. Wenn Emotionen handlungsleitend werden, ist man generell falsch beraten.
War es die richtige Entscheidung, das Länderspiel in Hannover abzusagen?
Spahn: Absolut. Wir sollten Vertrauen in unsere Sicherheitsbehörden haben, dass sie die Situation ordentlich und seriös eingeschätzt haben. Solch ein Länderspiel wenige Tage nach den Anschlägen von Paris, das auch als Botschaft gedacht war, abzusagen, macht niemand einfach so. Die Sicherheit der Bevölkerung geht vor.
Was wird sich für den Stadionbesucher in Zukunft ändern?
Spahn: Ich hoffe nichts. Wenn etwas passiert, werden in den Tagen danach reflexartig strengere Kontrollen, härtere Gesetze und neue Technik gefordert. Diesen effekthascherischen Rundumschlag gab es schon immer, solange ich denken kann. Ich frage mich immer: Wenn das denn nötig wäre, warum hat man es dann nicht gleich gemacht? Warum muss man immer warten, bis etwas passiert? Jeder Besucher sollte ganz normal ins Stadion gehen und den Sport genießen.
Haben Sie Sorgen, wenn Sie an die EM im kommenden Jahr in Frankreich denken?
Spahn: Die Franzosen müssen die Gefahr des Terrorismus in ihren Konzepten bereits behandelt haben, das muss oben auf der Agenda stehen, wenn man eine seriöse Risikoanlyse macht. Dass die Konzepte jetzt überprüft und der Lage angepasst werden, falls erforderlich, ist selbstverständlich. Ich hoffe und wünsche mir, dass diese EM in Frankreich ohne Zwischenfälle stattfindet. Das wäre ein eindeutiges Signal.
An der Vergabe der WM 2022 nach Katar gibt es viel Kritik. Sie beraten die Ausrichter mit Ihrer Organisation.
Spahn: Wir sind ein internationales Institut. Die Idee ist entstanden, bevor Katar den Zuschlag bekommen hat. Natürlich haben wir uns auch darum gekümmert, das Land, in dem unser Unternehmen sitzt, bei der Ausrichtung der WM zu beraten. Aber wir haben mehr als zwei Jahre verhandelt, bevor ein Vertrag zustande kam. In der Zwischenzeit haben wir viele Auftraggeber in anderen Ländern und auf anderen Kontinenten als Klienten gewonnen. Mein Job ist es nicht, diese WM zu verteidigen oder zu erläutern. Aber solange es keine Beweise gibt, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, ist diese WM zurecht dort. Und ich glaube, dass diese WM viele positive Chancen birgt. Sie ist verlegt worden in den Winter, das ist die perfekte Zeit für die Zuschauer. Es ist auch für die Fans wesentlich einfacher, eine WM in Katar zu besuchen als in Russland oder Brasilien. Alle Stadien liegen im Umkreis von 50 Kilometern. Ich brauche ein Flugticket und ein Hotelzimmer und dann kann ich mir alle Spiele anschauen. Ich brauche keine Flüge zwischen den Spielorten. Alle Fans aller Mannschaften sind auf einem Fleck. Ich kann zum Training der Mannschaften gehen und muss nicht immer nur einem Team hinterherreisen. Neben aller berechtigten Kritik an den Arbeitsrechten und am Kafala-System: Sport ist ein gutes Vehikel, um Veränderungen in Ländern herbeizuführen. Aber Veränderungen brauchen auch Zeit und gehen nicht von heute auf morgen.
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