Sein Verein hat nur eine Mannschaft, und die spielt auf einem Ascheplatz nahe an der Autobahn. Dabei hat Professor Dr. Michael Kunz, ein renommierter Sportwissenschaftler und Rehaspezialist, einst den Olympiastützpunkt bei Bayer 04 Leverkusen mit aufgebaut. Beim FC Leverkusen ist er erster Vorsitzender und Trainer in einer Person, allerdings ist der erst 2005 gegründete Verein in seinen Strukturen auch überschaubar klein.
Im Gespräch mit FUSSBALL.DE erklärt der 60-Jährige, warum er lieber selbst einen Klub führt und was er von seinem Fachwissen auch im Amateurfußball gut umsetzen kann.
FUSSBALL.DE: Herr Professor Dr. Michael Kunz, wie kamen Sie dazu, mit dem FC Leverkusen praktisch einen eigenen Verein zu gründen?
Michael Kunz: Das hat natürlich eine Vorgeschichte. Ich bin gebürtiger Leverkusener und habe früher beim TuS Rheindorf gespielt. Später war ich dort auch Trainer und Fußball-Abteilungsleiter, aber dann hat der Vorstand des Gesamtvereins die Fußball-Abteilung von heute auf morgen nicht mehr zum Spielbetrieb gemeldet. Da haben leider ein paar Leute eine funktionierende Gemeinschaft mit über 700 Mitgliedern, die meisten darunter Kinder und Jugendliche, wissentlich ins Abseits gestellt. Nach dieser Geschichte habe ich mir gesagt: So, du machst dich nicht mehr von anderen abhängig, sondern bestimmst ab sofort selbst über dein Schicksal.
"Diese ganzen Möchtegern-Experten sind mir, ehrlich gesagt, ein Gräuel"
Die Geburtsstunde des FC Leverkusen.
Kunz: Zunächst des FC Rheindorf, und zwar im Jahr 2005 als Fusion zusammen mit dem SSV Alkenrath. Wir haben ganz unten in der Kreisliga D angefangen und sind nach und nach, ab 2010 dann unter dem Namen FC Leverkusen, bis in die Landesliga aufgestiegen. Unser Ziel war es, der klassenhöchste Amateurfußballverein in Leverkusen zu werden, das haben wir zwischenzeitlich geschafft. Leider sind wir voriges Jahr in die Bezirksliga abgestiegen, aber wir wollen wieder hoch, das ist klar.
Sie sind erster Vorsitzender und zugleich Trainer der ersten Mannschaft. Jetzt redet Ihnen keiner mehr rein, oder?
Kunz: Darum geht es nicht, die Geschichte mit Rheindorf war zwar sehr enttäuschend für mich, aber beim FC Leverkusen bin ich ein Teamplayer. Ich bin froh, in meinem Co-Trainer und Vorstandskollegen Benjamin Sand einen Supertypen an meiner Seite zu haben, auf den ich mich immer hundertprozentig verlassen kann. Auch bei den Spielern achten wir darauf, dass sie neben ihren sportlichen Fähigkeiten vor allem charakterlich zu uns passen.
Der FC Leverkusen hat nur eine Mannschaft. Wollen Sie den Verein nicht mal auf größere Beine stellen?
Kunz: Das haben wir vor, deshalb hoffen wir darauf, dass unser Sportplatz Am Birkenberg möglichst schnell einen Kunstrasenplatz erhält. Die Stadt Leverkusen hat uns den Zuschlag für 2021 oder 2022 avisiert, spätestens dann wollen wir auch mit Jugendmannschaften in den Spielbetrieb gehen.
Ein Aschenplatz und dazu noch die Lage direkt an der Autobahn sind nicht gerade Zugpferde für Neuzugänge.
Kunz: Das stimmt natürlich, wir haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder um einen anderen Platz bemüht, aber leider nie den Zuschlag für einen besseren Standort erhalten.
Als Professor für Sport- und Bewegungswissenschaften, der unter anderem an der renommierten Deutschen Sporthochschule in Köln Trainingslehre studierte, könnten Sie sich doch sicher etwas Besseres vorstellen, als unter diesen Zuständen eine Bezirksliga-Truppe zu trainieren, oder?
Kunz: Das ist kein Problem für mich, außerdem streben wir ja die Rückkehr in die Landesliga an. Was das Training angeht, muss ich natürlich meine Ansprüche den Bedingungen anpassen. Ich weiß, dass ich keine Halbprofis vor mir habe, aber wir trainieren dreimal die Woche jeweils zwei Stunden und dabei hoffe ich, den Jungs etwas von meinem Wissen weitergeben zu können.
Ihr neunjähriger Sohn Jonathan spielt beim BV Bergisch-Neukirchen. Sind Sie einer dieser lauten Väter, die dem zuständigen Trainer auch mal den letzten Nerv rauben?
Kunz: Das weiß ich nicht, ich halte mich da lieber zurück. Ich bin keiner dieser Väter, die von draußen reinschreien und so ihre eigenen Kinder auf dem Platz verrückt machen. Diese ganzen Möchtegern-Experten sind mir, ehrlich gesagt, ein Gräuel. Bei allem Respekt vor den vielen Ehrenamtlichen in unseren Vereinen, ohne die der Fußball an der Basis ja gar nicht funktionieren könnte: Gerade für Kinder und Jugendliche ist es überhaupt nicht gut, wenn irgendein Vater sich plötzlich zum Trainer berufen fühlt, weil gerade kein anderer da ist.
Wie machen Sie das zeitlich alles überhaupt, wenn Sie in Bamberg lehren?
Kunz: Ich habe am Lehrstuhl für Präventionsmanagement und Gesundheitsförderung an der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Bamberg nur eine Zwei-Drittel-Professur, das heißt, ich bin an zwei Tagen von morgens bis abends vor Ort. Dienstags, donnerstags und freitags, wenn wir trainieren, bin ich selbstverständlich in Leverkusen. Außerdem bin ich ja hier noch als Unternehmer tätig, meine Rehabilitionseinrichtungen sind in Engelskirchen, Gummersbach, Wipperfürth und eben in Leverkusen ansässig.
Autor/-in: Heiko Buschmann