Auf dem Weg nach ganz oben und dann ziemlich weit unten: In seiner bisherigen Laufbahn als Fußballer hat Ekene Anthony Ozoh bereits die Extreme kennengelernt. Mittlerweile ist der 27-Jährige nach einer Odyssee durch halb Europa wieder beim FSV Salmrohr in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar gelandet – und will dort einen neuen Anlauf nehmen.
Erst mit 14 Jahren fing Ozoh in Lagos, der Hauptstadt von Nigeria, an, in einer organisierten Mannschaft zu kicken. „Bis dahin habe ich nur mit Freunden und an der Schule gekickt“, erinnert sich Ozoh. Durch seine Schnelligkeit und seinen ausgeprägten Killerinstinkt vor des Gegners Tor machte er als 17-Jähriger auch bei einem internationalen Turnier auf sich aufmerksam – und die Scouts von Real Madrid lotsten den Angreifer von Afrika nach Europa.
Über den Real-Ableger Las Rozas fand er den Weg zum anderen großen Klub in der spanischen Hauptstadt, Atletico. Noch spielte Ozoh für die Junioren, erhielt aber immer wieder Einladungen, am Training der Stars teilzunehmen und stand so gemeinsam mit Sergio Agüero oder auch Diego Forlan auf dem Platz. Alles lief wie am Schnürchen für den jungen Mann vom Golf von Guinea, zu dem viele seiner Kumpels aus Lagos auf einmal voller Bewunderung aufblickten, zumal er auch noch drei Einsätze in der nigerianischen U 20-Nationalmannschaft verzeichnete und bei Atletico 1b in der Segunda B, der dritthöchsten spanischen Liga, regelmäßig spielte und auch oft traf.
Hilfsjob im Hotel
"Mein damaliger Berater hat hinter meinem Rücken einen Vertrag mit dem FC Granada eingefädelt, das hat weder mir noch Atletico Madrid gepasst"
Dann aber folgte ein Knick in Ozohs Karriere: „Mein damaliger Berater hat hinter meinem Rücken einen Vertrag mit dem FC Granada eingefädelt. Das hat weder mir noch Atletico gepasst…“ Er trennte sich von seinem Agenten. Mit einem anderen, der ihn nach Rumänien zum Erstligaclub CFR Cluj vermittelte, hatte er nicht mehr Glück. Nach dem vierten Monat gab es dort überhaupt kein Geld mehr. „Auch ansonsten hat da vieles nicht gepasst“, erinnert sich Ozoh kopfschüttelnd zurück.
Probetrainings in der Türkei und der Schweiz verliefen weniger aus sportlichen Gründen, sondern vielmehr wegen der mangelnden, dauerhaften Arbeitserlaubnis ohne Erfolg. Also ging es zurück nach Spanien. Bei Dritt- und Viertligisten stürmte Ozoh, wurde dabei von Verletzungen auch immer wieder zurückgeworfen. Der Traum, mal ganz groß herauszukommen, schien geplatzt zu sein. Sein schmales Salär besserte er per Hilfsjob in einem Hotel auf. Über einen Gast kam dort dann der Kontakt nach Deutschland zustande. Ende 2015 war Ozoh schließlich in Trier gelandet. Die Eintracht als damaliger Regionalligist winkte noch ab, nur wenige Kilometer entfernt, beim Oberligisten FSV Salmrohr, griff man aber gerne auf die Offensivdienste des versierten Mannes aus Nigeria zurück.
Mit vier Toren in elf Spielen trug Ozoh in der Saison 2015/2016 seinen Teil zum Klassenverbleib bei. Neun Spiele in der ersten Halbserie der Saison 2016/2017 folgten (ein Treffer). Dann wollte er sich nur kurz den Winter über in seine Wahlheimat verabschieden, um den spanischen (EU-) Pass in Empfang zu nehmen und damit auch die dauerhafte Arbeitserlaubnis für Deutschland zu erhalten. Was tatsächlich folgte, war ein rund sieben Monate langes Martyrium auf der iberischen Halbinsel. „Behördengänge, Wartezeiten, Bescheinigungen einholen – es zog sich unendlich in die Länge. Es war zum Verrücktwerden“, erzählt Ozoh, der in dieser Phase gar kein Fußball mehr spielte. In Salmrohr hatten die meisten ihn längst abgeschrieben und gingen gar nicht mehr von einer Rückkehr aus.
Zurück nach Salmrohr
Als er den begehrten spanischen Pass dann endlich in der Tasche hatte, wollte Ozoh unbedingt zurück nach Deutschland, zurück zum FSV Salmrohr: „Ich will mich einfach hier jetzt richtig beweisen. Beim FSV haben sie mir schon vor zwei Jahren geholfen. Deshalb kam zunächst kein anderer Verein für mich in Frage.“ Salmrohrs Trainer Peter Rubeck weiß um das Können des Angreifers: „Wenn er den Ball hat, wird es gefährlich. Erst ist nach seiner Pause aber erst im Laufe der Sommervorbereitung zu uns gekommen. Wir müssen ihn Schritt für Schritt aufbauen, dann werden wir noch viel Freude an ihm haben.“ Bei der Einrichtung seiner Trierer Wohnung halfen und helfen Ozohs Teamkameraden kräftig, spendieren Möbel und packen auch beim Transport des Inventars mit an.
Sein Geld muss Ozoh nun in erster Linie außerhalb des Fußballs verdienen – als Angestellter in der Glas- und Gebäudereinigungsfirma seines nigerianischen Landsmanns Imafidon Ebarilota, der einst selbst für den SV Prüm und den VfL Trier in der damals noch viertklassigen Oberliga Südwest auf Torejagd ging. „Ima“, wie er in der Region Trier genannt wird, ist aber weit mehr als nur ein Arbeitgeber für Ozoh, sondern lädt auch zu Extra-Übungseinheiten in seinem Wohnort Nittel ein und gibt ihm Tipps: „Tony muss jetzt so schnell wie möglich die deutsche Sprache beherrschen und den Führerschein machen. Das erleichtert ihm vieles.“
„Step by Step“ will Ozoh nun über den FSV Salmrohr wieder nach oben kommen und hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, „vielleicht doch noch in der 3. Liga zu landen“. Geduldig zu sein und Rückschläge zu verkraften, hat er mittlerweile jedenfalls gelernt.