Im Mannheimer Rosengarten werden an diesem Freitag die Sepp-Herberger-Urkunden 2016 verliehen. Insgesamt 13 Fußballvereine aus Deutschland erhalten in den Kategorien Behindertenfußball, Resozialisierung, Schule und Verein, Fußball Digital sowie Sozialwerk die mit Geld- und Sachpreisen in einer Gesamthöhe von 58.000 Euro dotierten Auszeichnungen. Platz eins in der Kategorie Fußball Digital, die zusammen mit dem Softwarekonzern SAP und der IT-Spendenplattform stifter-helfen.de erstmals ausgelobt wurde, belegt der VfL 08 Vichttal aus Stolberg bei Aachen.
Der Jubel am 11. Januar war groß. 2.025 Euro waren per Crowdfounding eingegangen, 25 mehr als garantiert. Ein Traum wurde wahr. Doch der Reihe nach.
"Das war ein neuer Weg, der zunächst mit Skepsis und Neugier verfolgt worden ist. Er hat auch viel Arbeit erfordert, das darf nicht verschwiegen werden"
Axel Wego (50) ist hauptberuflich Betriebsleiter in einem Steinbruch. Und wer in die Tiefe hinab steigt und damit in die Geschichte, entwickelt auch Visionen. Könnte es nicht sein, dass ... Es könnte nicht, es ist. Im Nebenberuf ist Wego seit vier Jahren Trainer von Nachwuchsmannschaften des VfL 08 Vichttal, dessen Jugendabteilung immerhin 400 Mitglieder zählt. Vichttal ist ein Stadtteil von Stolberg, eine Kupferstadt zwischen Aachen und Köln.
Wego trainiert eine E-Jugend-Mannschaft, die so gut ist, dass sie jetzt schon in der D-Jugend-Staffel mitspielen darf. Nachdem die Kinder schon erfolgreich an Turnieren in Belgien und Holland teilgenommen hatten, entwickelte Wego eine verwegene Idee. Seine Schützlinge sollten belohnt werden, richtige internationale Erfahrung sammeln und ein unvergessliches Gemeinschaftsgefühl erleben.
Die Lösung: Teilnahme am Antalya-Cup 2016. An diesem seit 2010 bestehenden Cup haben schon Vereine wie Bayern München, Borussia Dortmund oder Manchester United teilgenommen. Nur: Wie die Kosten von 11.000 Euro finanzieren? Wego: „Statt nur auf die klassische Form von Haustür zu Haustür zu rennen, den Bäcker oder Metzger zu fragen und die Firmen am Ort, ist Crowdfounding eine Möglichkeit, national oder sogar international Spenden zu sammeln, wenn man Menschen für eine Idee begeistert.“
Dazu bedarf es aber eines überzeugenden Internet-Auftritts, um die Öffentlichkeit von dem Vorhaben zu informieren und zu überzeugen. Also machten sich Wego und vor allem sein Mitstreiter im Bereich Informatik, Achim Hoch, an die Arbeit. Es gibt im Internet eine Plattform, die Fremdgelder nur für Sport einsammelt ( fairplaid.org ). Dort haben die Initiatoren ihre Idee platziert. Parallel wurde eine Facebook-Seite der Kids erstellt, Videos gedreht, Informationen verbreitet und über Aktivitäten berichtet, um die Seite permanent aktuell zu halten.
Der Trick dabei: Crowdfounding läuft nur über einen gewissen Zeitraum, und beim VfL Vichttal war die Zeit vom 1. Dezember 2015 bis zum 11. Januar 2016 limitiert und das Ziel auf 2.000 Euro festgesetzt. Bei Nichterreichen des Ziels hätte den „Einlegern“ ihr Einsatz zurückgezahlt werden müssen. Deshalb der Jubel über 2.025 Euro.
Wego: „Das war ein neuer Weg, der zunächst mit Skepsis und Neugier verfolgt worden ist. Er hat auch viel Arbeit erfordert, das darf nicht verschwiegen werden. Aber wir standen vor folgendem Dilemma: In diesem Alter der Kinder muss bei einer solchen Reise mindestens ein Elternteil dabei sein. Es gibt im Verein selbstverständlich auch Familien, die finanziell nicht auf Rosen gebettet sind. Zumindest deren Kinder können wir jetzt einladen. Denn ich habe immer gesagt: Wir kriegen das hin für alle oder keinen.“
Bleibt die Frage: Wie wird ein vermeintlich kleiner Verein eigentlich zum Antalya-Cup zugelassen, wenn da der FC Bayern, Borussia Dortmund und Manchester United spielen? Wego: „Es geht ja um die D-Jugend, nicht um die Profis. 150 Euro Startgebühr, Erfolge nachweisen, keine Laufkundschaft sein, eine Genehmigung des Fußballverbandes Mittelrhein, dann eine des DFB, und vor allem die Unterstützung des Heimatvereins – und Du bist dabei.“
In diesem April war es dann soweit: Der Traum wurde wahr und das VfL-Team reiste nach Antalya. Die nächste Station folgt nun am Freitag in Baden-Württemberg mit der Verleihung der Sepp-Herberger-Urkunde.
Die weiteren Plätze in der Kategorie Fußball Digital belegen der 1. FC Egestorf/Langreder (Niedersächsischer Fußballverband; 2. Platz), dessen erste Mannschaft kürzlich vollkommen überraschend den Einzug in die 1. Hauptrunde des DFB-Pokals schaffte , sowie der FV Oberlauda (Badischer Fußballverband; 3. Platz).