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Evergreen: Fußball macht Spaß bis ins hohe Alter. [Foto: Imago]
„Wir haben hier alle unsere Wehwehchen, aber wir schenken uns nichts“, sagt Günther Braun über jene Zeit im Leben eines Spielers, in welcher der Ehrgeiz noch ungebrochen, die Hüfte aber schon gebrechlich ist. Günther Braun ist der älteste Spieler der Ü 60 des SV Sommerloch, einer von sechs Ü 60-Mannschaften im Südwestdeutschen Fußballverband.
Sommerloch? Wer hier an die mediale Saure-Gurken-Zeit denkt, der irrt. Mag der Spielkalender auch Pause machen, im hintersten Winkel des rheinhessischen Hügellandes bebt weiterhin jeden Montagabend der Kunstrasenplatz. Lediglich meteorologisch fällt heute der Sommer aus. Ein kühler Wind fegt über das Hochplateau der winzigen Gemeinde. Den rund 30 mehrheitlich ergrauten Männern auf dem Rasen steht trotzdem der Schweiß auf der Stirn.
Nur Günther Braun zieht die grün karierte Steppjacke enger. An diesem Abend schaut der 74-Jährige dem Training der anderen nur zu. Das Knie macht Probleme. „Der Kunstrasen hier ist ein Gedicht für die alten Knochen, aber meine wollen momentan nicht mehr“, sagt er. Der Zeitpunkt ist ungünstig, denn das Team befindet sich mitten in der Vorbereitung auf das erste Ü 60-Turnier in Rheinland-Pfalz.
"Montags muss man sich tagsüber ausruhen fürs Training und dienstags muss man sich davon erholen."
„Da könnten wir den Günther schon gebrauchen, technisch ist er immer noch top“, ruft Rüdiger Kaminski - graues Haar, graue Brille, irisierende graue Trainingsweste, der die Bezeichnung „retro“ nicht wirklich gerecht werden kann – vom Platz herüber. Rüdiger Kaminski ist so etwas wie der Spielertrainer der AH aus Sommerloch, wobei er und seine Mitspieler auf die Formulierung „so etwas wie“ Wert legen. „Eigentlich brauchen wir gar keinen Trainer. Uns kann man sowieso nichts mehr beibringen“, meint Volker Fritz, der Erste Vorsitzende. Auch die beiden jüngsten Spieler sind schon in den Fünfzigern. Weshalb das Coaching hauptsächlich darin besteht, die Mannschaften einzuteilen und den Ball aufzupumpen.
An diesem Abend hat Rüdiger Kaminski die Männer in zwei Gruppen à acht Spieler eingeteilt, seine eigene trägt gelbe Leibchen. „Egal, wie ich es mache, ich kriege nur Ärger. Und dabei stelle ich immer so, dass ich in dem Team bin, das verliert“, meint Rüdiger Kaminski und pfeift das Spiel an. Sofort hallen erste Flüche über den Platz. „Diskussionen gibt es auch im Alter immer. Aber danach sitzen wir zusammen bei einem Bier und alles ist wieder gut“, ergänzt Günther Braun von der Seitenlinie. Entschieden werden die Spiele später am Tresen des Klubheims, ganz gleich wie sie ausgegangen sind. Noch steht die Null auf beiden Seiten. Die gelbe Abwehr verteidigt verbissen, lässt keinen Ball passieren.
Das Leistungsvermögen der Spieler mag abgenommen haben, aber der Ehrgeiz nicht. Verbissen wird um jeden Ball gekämpft, auch wenn Günther Braun, sehnsüchtig das Spielgeschehen vom Rand kommentierend, zugibt, dass Schnelligkeit und Ausdauer nicht mehr wie früher sind. Davon, dass die Verletzungsgefahr in ihrem Alter angeblich höher sei, wollen die Sommerlocher jedoch nichts wissen. Wer rastet, der rostet. Sagen sie. Und setzen – Herzrhythmusstörung hin oder her - zum nächsten Sprint an. Auch wenn der nur kurz ist und die Stehpausen lang. Wohl selten hat ein Team dem Begriff Standfußball so viel Leben eingehaucht.
„Ich spiele seit 70 Jahren Fußball. Wer kann das schon von sich behaupten?“, fragt Günther Braun, der einstige Abstauber. Und Volker Fritz ergänzt: „Es gibt viel, was die Jugend von uns lernen könnte.“ Wörter wie Kameradschaft, Pflichtbewusstsein und Zusammenhalt fallen. Wörter wie aus den 50er-Jahren.
Wenn die Alten Herren ins Erzählen kommen, sind sie kaum noch zu bremsen. Von ihrer aktiven Zeit. Davon, wie schwer es war, eine Ü 60 zu etablieren. Zwar sind landesweit fast 26.000 Alte Herren-Mannschaften im freien Verbandsspielbetrieb organisiert, mehr Mannschaften als alle C- bis A-Juniorenteams zusammen. Doch nach oben wird die Luft immer dünner. Eine Ü 60 hat kaum ein Regionalverband. „Auch wir hatten in den Gründungsjahren zu kämpfen, neun Mann zusammenzukriegen. Trotzdem haben wir bei drei Ü 55-Meisterschaften im Kreis Bad Kreuznach dann den ersten Platz gemacht“, erzählt Volker Fritz. Auch weil die Qualität stimmt. „Ich habe mit 63 nach Leuten in meinem Alter gesucht, die ich von früher vom Kicken kannte. Alles frühere Oberliga- und Bundesligaspieler“, sagt Günther Braun. Heute muss er niemanden mehr suchen. Die Sommerlocher haben keine Nachwuchssorgen.
An Interessenten mangelt es den Alten Herren nicht. Viele würden schon gern, dürfen aber noch nicht. Gerade Männer aus der Umgebung über 50 drängen in die Mannschaft. Vor ihrem 60. Geburtstag können sie jedoch allenfalls als Ergänzungsspieler mitmachen. „Es wird Zeit, dass die älter werden“, sagt Günther Braun lachend. Beklagen andere Regionen Mannschaftsschwund, ist in manchen Verbänden der Seniorenfußball gar nicht vertreten, boomt die AH der Sommerlocher. „Wenn man überlegt, dass jeden Montag zwischen 20 und 30 Männer ins Training kommen, dann ist das schon etwas Besonderes. Viele Vereine kriegen in ihren aktiven Mannschaften nicht annähernd so viele Spieler zusammen“, meint Volker Fritz.
Öfter trainieren wollen sie in Sommerloch trotzdem nicht. „Um Gottes Willen, bloß nicht“, kommt das Echo aus der Runde. „Öfter trainieren bei uns Oldies, das wäre schwierig. Wenn ich montags und mittwochs volle Pulle gehen müsste, wäre das zu viel, wir müssen uns ja auch länger erholen“, witzelt Karl-Heinz Volp. Es ist der alte Klassiker vom Rentner, der keine Zeit hat. „Montags muss man sich tagsüber ausruhen fürs Training und dienstags muss man sich davon erholen“, sagt der Mann, der dieses Jahr 66 wird, und verrät gleich noch das Geheimnis der Sommerlocher Rentner: „Das beste Mittel, damit man nicht steif wird, ist Bewegung.“ Vor sechs Jahren sollte er ein neues Hüftgelenk bekommen. Bis heute kommt er ohne zurecht. „Auch wegen dem Kunstrasen“, fügt er an, „da läufst du wie auf einem Teppich.“
Einziger Wermutstropfen der rheinhessischen Fußballpensionärsidylle: „Wir können eigentlich nur mit uns selbst spielen, weil wir kaum Gegner haben“, erklärt Rüdiger Kaminski. Und die, die es gibt, wohnen zu weit weg. Aber jetzt zum Turnier machen sie eine Ausnahme. Da fahren sie in die Pfalz, nehmen die Frauen mit und machen abends eine Weinprobe. „Auch wenn die sich dann kaputt lachen, die Frauen.“ Aber auch dadurch lassen sie sich den Spaß nicht vermiesen. So sind sie halt: Unsere Rentner. Echte Profis.
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