Er ist Ex-Nationalspieler, wurde 2007 DFB-Pokalsieger mit dem 1. FC Nürnberg und kam 106-mal in der Bundesliga zum Einsatz. Der mittlerweile 35-jährige Marco Engelhardt hat in seiner Karriere schon viel erlebt. Dennoch ist noch lange nicht Schluss. Zur neuen Saison stellt sich der Defensivspezialist noch einmal einer neuen Herausforderung. Vom Drittligisten Hallescher FC wechselte Engelhardt zur U 23 der TSG Hoffenheim in die Regionalliga Südwest.
Im aktuellen FUSSBALL.DE- Interview spricht Marco Engelhardt mit dem Journalisten Christian Knoth über seine Beweggründe für den Wechsel in die 4. Liga, seine Ziele in Hoffenheim, eine mögliche Trainerlaufbahn und die Chancen der DFB-Elf bei der EM in Frankreich.
"Ich möchte keinesfalls ausschließen, dass ich auch in der Saison 2017/2018 noch auf dem Platz stehe"
FUSSBALL.DE: Nach viereinhalb Jahren in der 3. Liga bei Ihrem Heimatverein Rot-Weiß Erfurt und dem Halleschen FC wechseln Sie jetzt zur U 23 der TSG Hoffenheim in die Regionalliga Südwest. Warum, Herr Engelhardt?
Marco Engelhardt: Auch wenn ich bereits in einem betagteren Fußballalter bin: Ich fühle mich immer noch gut und habe das Verlangen, mindestens noch ein weiteres Jahr dranzuhängen. Die Aufgabe in Hoffenheim ist eine große Herausforderung und Neuland für mich. Es reizt mich, als älterer Spieler eine junge Mannschaft mitzuführen und sie bei Ihrer Entwicklung aktiv zu begleiten. Bereits im vergangenen Jahr hatte ich überlegt, mich einer U 23 anzuschließen. Ein Engagement bei der zweiten Mannschaft des SV Werder Bremen war im Gespräch. Daraus wurde aber nichts. Jetzt freue ich mich umso mehr auf die Zeit bei der TSG.
FUSSBALL.DE: Gab es noch etwas, was Sie von einem Wechsel nach Hoffenheim überzeugt hat?
Engelhardt: Mir werden viele Türen geöffnet. Ich habe beispielsweise die Möglichkeit, meine Trainerscheine anzugehen und in verschiedenen Bereichen des Vereins zu hospitieren.
FUSSBALL.DE: Wird der erste Trainerschein bereits während der anstehenden Saison gemacht?
Engelhardt: Es ist geplant, dass ich den B-Schein mache. Was danach kommt und was ich kurzfristig damit anfangen werde, ist noch vollkommen offen. Prinzipiell kann eine Trainer-Ausbildung aber nie schaden. Ich habe auf jeden Fall große Lust darauf, einen tieferen Einblick in das Trainer-Geschäft zu bekommen
FUSSBALL.DE: Ein Karriereende nach der Saison ist also beschlossene Sache?
Engelhardt: Ich möchte keinesfalls ausschließen, dass ich auch in der Saison 2017/2018 noch auf dem Platz stehe. Ich bin immer noch topfit und voller Tatendrang. Allerdings werde ich Ende des Jahres 36. Das ist auch mir nicht verborgen geblieben.
FUSSBALL.DE: Sie sind sieben Jahre älter als TSG-Cheftrainer Julian Nagelsmann und genauso alt wie U 23-Trainer Marco Wildersinn. Wie schätzen Sie das ein?
Engelhardt: Zu meiner Zeit bei Rot-Weiß Erfurt hatte ich eine ähnliche Situation. Unser damaliger Trainer Christian Preußer war einige Jahre jünger. Das Alter spielt für mich jedoch keine Rolle. Es kommt nur darauf an, wie gut man zusammenarbeitet. Und außerdem fühle ich mich auch noch nicht so alt, wie ich tatsächlich bin. (lacht)
FUSSBALL.DE: In den vergangenen Tagen haben Sie die ersten Trainingseinheiten absolviert. Wie ist Ihr Eindruck?
Engelhardt: Es ist schon noch einmal etwas anderes, wenn man von einem Drittligisten wieder zu einem Bundesligisten wechselt. Das habe ich direkt gemerkt. Alles ist sehr professionell, die bestmögliche Ausbildung der Talente steht klar im Fokus. Nichts wird dem Zufall überlassen.
FUSSBALL.DE: Die zweite Mannschaft der TSG war die beste Rückrundenmannschaft in der Südwest-Staffel. Wurden Sie geholt, um die junge Mannschaft zum Drittliga-Aufstieg zu führen?
Engelhardt: Das hat keine Priorität. Meine Aufgabe ist es vielmehr, den jungen Spielern Hilfestellung zu leisten und ihnen an die Hand zu gehen, damit sie den Sprung in den Profikader schaffen. Was sportlich dabei herausspringt, wird man sehen.
FUSSBALL.DE: Wie schätzen sie die Regionalliga Südwest ein?
Engelhardt: Ich denke, dass die Südwest-Staffel die stärkste aller fünf Regionalligen ist. Auch, wenn in der vergangenen Saison mit Waldhof Mannheim und der SV Elversberg beide Aufstiegsanwärter in der Relegation gescheitert sind. Im Südwesten spielen viele Traditionsvereine - unter anderem Mannheim, Offenbach und Kassel - die früher Profifußball gespielt haben und alle das Ziel verfolgen, an alte Zeiten anzuknüpfen.
FUSSBALL.DE: Ist geplant, dass Sie Kapitän werden?
Engelhardt: Nein, das ist kein Thema. Ich finde es sogar besser, wenn einer der jungen Spieler Kapitän ist. Die Verantwortung, die du als Spielführer hast, kann dich sowohl persönlich als auch sportlich in deiner Karriere weiterbringen.
FUSSBALL.DE: Werden Sie aufgrund Ihrer Erfahrung dennoch so etwas wie eine Co-Trainer-Rolle einnehmen?
Engelhardt: Es wird einen stetigen Austausch zwischen den Trainern und mir geben. Eine Art Co-Trainer werde ich aber nicht sein. Für diese Position haben wir mit Ex-Profi Andreas Ibertsberger einen perfekt geeigneten Mann.
FUSSBALL.DE: Aktuell verfolgen auch Sie sicherlich die EM. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
Engelhardt: Es ist sehr spannend. Wir haben bisher sehr viele enge Spiele gesehen. Vor allem die vermeintlich schwächeren Teams verhalten sich taktisch sehr stark und gefallen mir sehr gut. Die größte Überraschung ist für mich bisher Wales. Die Mannschaft um Gareth Bale ist homogen und zeigt sich von ihrer besten Seite. Die jüngste Leistung beim 3:0 gegen Russland war sensationell.
FUSSBALL.DE: Wie weit schafft es die DFB-Elf?
Engelhardt: Das ist schwer zu sagen. In der Gruppenphase hat das Team solide gespielt, ohne dabei groß überzeugt zu haben. Aber Deutschland ist und bleibt eine Turniermannschaft. Ich glaube, dass sich die DFB-Elf von Spiel zu Spiel steigern wird und gute Chancen hat, weit zu kommen.