Boretti: "Aktion pusht unseren ganzen Verein"
Ronny Boretti: "Mannschaft hat sich Schritt für Schritt entwickelt." [Foto: Niels Barnhofer]
Acht Siege und 44 Tore in elf Spielen - und das als Aufsteiger. Dazu der Gewinn des Regionalpokals. Die Hinrunde des MFFC Wiesbaden, des FUSSBALL.DE-Teams des Jahres, kann sich sehen lassen. Das sieht auch Trainer Ronny Boretti so. Im Interview zieht er sein Hinrundenfazit. Außerdem erzählt der Coach, wie er Abwehrspielerin Jacky Ocak zur Topstürmerin machte und was die Aktionen von FUSSBALL.DE dem Verein gebracht haben.
Fussball.de: Herr Boretti, die Hinrunde ist für den MFFC Wiesbaden bereits Anfang November beendet. Zeit ein erstes Fazit zu ziehen?
Ronny Boretti: Es lief insgesamt richtig gut für uns. Mit 24 Punkten ist der Klassenerhalt bereits nach der Hinrunde gesichert. Zumindest hat das in den vergangenen Jahren immer gereicht. Unsere Mannschaft hat sich Schritt für Schritt weiterentwickelt und konnte gerade in den jüngsten Spielen die Gegner dominieren. Das hatte uns bereits in der Vorsaison ausgezeichnet.
Nicht schlecht als Aufsteiger, oder?
Boretti: Ja, wir sind sehr zufrieden. Das Spiel gegen die SG Ueberau war noch einmal ein toller Abschluss für die Hinrunde. Wir haben keine Torchancen zugelassen und trotz des klaren 5:0 selbst noch ein paar liegen gelassen.
Damit steht der MFFC aktuell auf Tabellenplatz zwei, die Verfolger können aber noch nachlegen.
Boretti: Das stimmt. Ich gehe fest davon aus, dass sich die Tabellensituation noch einmal ändern wird. Während wir bei elf Spielen stehen, hat der Tabellendritte, die TSG Neu-Isenburg, gerade einmal sieben Spiele gemacht. Wenn die ihre Nachholspiele gewinnen, nehmen sie wieder den zweiten Platz ein. Wir werden uns dann mit dem 1. FFC Runkel um Tabellenplatz drei streiten. Und vorne marschieren die Bornheimerinnen weg. Ich denke, das bleibt so.
Ein Blick auf die Statistik zeigt: Bei Ihren Spielen ist immer etwas los. Acht Siege, drei Niederlagen, kein Unentschieden und ein Torverhältnis von 44:20. Spiegelt das Ihre Spielphilosophie wider?
Boretti: Definitiv. Wir möchten unsere Gegnerinnen in deren Hälfte zwängen und von unserem Tor fernhalten. Nach einer Balleroberung haben wir dann kurze Wege zum gegnerischen Tor und so auch reichlich Chancen. Dadurch bieten wir aber auch viel Raum an, wenn eine Mannschaft sich spielerisch aus diesen Drucksituationen befreien kann.
Nach einem furiosen Start mit fünf Siegen in den ersten fünf Spielen haben Sie auch lange den ersten Platz belegt. Hatten Sie sich insgeheim mehr ausgerechnet?
Boretti: Zu diesem Zeitpunkt haben wir wirklich stark gespielt. Leider haben wir aber jeden Spieltag erneut Spielerinnen durch Verletzungen verloren, und irgendwann konnten wir das nicht mehr kompensieren. Mitte der Saison hatte ich von 27 Mädels nur noch 14 gesunde zur Verfügung. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir eine Serie mit drei verlorenen Spielen hintereinander. Umso glücklicher bin ich, dass sich in den vergangenen drei Spielen wieder einige Mädels zurück gemeldet haben und wir so mit drei Siegen einen versöhnlichen Hinrundenabschluss hatten.
Der MFFC war nicht nur in der Liga erfolgreich. Mit dem Sieg im Regionalpokal gegen den Hessenligisten und Angstgegner FSV Schierstein (2:0) ist außerdem der Einzug in das Achtelfinale des Verbandspokals gelungen.
Boretti: Das ist richtig. Wir haben uns in der Vergangenheit gegen die Schiersteinerinnen schwer getan und auch direkt vor der Saison noch ein Testspiel gegen sie verloren. Dieses Mal sind wir aber von unserer normalen Taktik abgerückt und haben sie erst einmal kommen lassen. So konnten wir aus einer kompakten Ordnung heraus im Mittelfeld zugreifen und dann immer wieder mit schnellen Kontern für Gefahr sorgen.
Wie geht’s nun im Pokal weiter?
Boretti: Am 28. Februar spielen wir zuhause gegen den TSV Jahn Calden, der aktuell Tabellenführer der Regionalliga Süd ist, also ein richtig schwerer Brocken. Da sind wir zwar klarer Außenseiter, aber wenn wir eine Top-Vorbereitung spielen und alle Mädels fit sind, ist vielleicht eine Überraschung drin.
Vor allem, wenn Ihre Stürmerin Jaqueline Ocak weiter wie am Fließband trifft. Dabei war sie eigentlich gar nicht für den Sturm vorgesehen, oder?
Boretti: Das stimmt. Ende 2011 kam sie als Abwehrspielerin zu uns, sie war 15 Jahre alt. Vergangene Saison hatten wir dann im Mittelfeld einen Engpass, weshalb ich sie eine Position weiter nach vorne beordert habe. Schon da hat sie 20 Saisontore erzielt. Da wir diese Saison ziemlich viele Chancen liegen lassen, habe ich Jacky vor ein paar Wochen mal ganz vorne aufgestellt. Seitdem spielt sie als Mittelstürmerin und hat in vier Spielen elf Tore geschossen.
Seit Beginn der Saison sind Sie das FUSSBALL.DE-Team des Jahres. Wie lautet hierzu Ihr Fazit?
Boretti: Das hat uns auf jeden Fall gepusht. Wir warten jede Woche gespannt auf die Artikel und Videos, die die Redaktion über uns macht. Toll war auch, dass wir unser Pokalfinale mit den neuen FUSSBALL.DE-Trikots bestreiten konnten. Jessi Hess und Nike Ebrecht hatten die Umkleide vorbereitet und alles aufgehängt. Das war eine Riesen-Überraschung für das Team und hat alle noch einmal motiviert. Unser ganzer Verein profitiert von dieser Aktion.
Bekommen Sie auch Feedback von außerhalb?
Boretti: Ja, das meiste ist ebenfalls positiv. Viele Menschen freuen sich darüber, wie wir uns entwickelt haben und gönnen uns diese Aufmerksamkeit. Manchmal spüren wir auch ein bisschen Neid, aber den muss man sich gewöhnlich ja erarbeiten.
Wie geht’s jetzt weiter bis zum Ende des Jahres beim MFFC Wiesbaden?
Boretti: Wir trainieren ganz normal bis Mitte Dezember weiter. Am 21. November werden wir einen Mannschaftsabend machen, wofür wir uns sicher etwas Tolles einfallen lassen. Da werden wir den Pokalsieg gebührend nachfeiern. Dann folgt am 14. Dezember das nächste Highlight mit dem Ladies Cup in Wiesbaden, ein Hallenturnier, bei dem wir Titelverteidiger sind.
Wenn wir schon dabei sind, wie sehen Ihre Pläne für die Rückrunde aus?
Boretti: Natürlich wollen wir so viele Spiele wie möglich gewinnen und eventuell noch einmal oben angreifen. Da sind wir aber auch von unseren Konkurrentinnen abhängig. Taktisch können und müssen wir uns weiter entwickeln. Noch spielen wir zu ungeduldig. Zwar erarbeiten wir uns viele Torchancen, im Abschluss sind wir aber zu überhastet. Wenn wir das noch hinbekommen, bin ich guter Dinge.
Bisher zum Team des Jahres
Teil 12: Taktikfuchs & Knipserin: MFFC siegt im Pokal
Teil 11: MFFC-Entwicklungshilfe: Eine Hessin in Uganda
Teil 10: Die Pokalsiegerinnen des MFFC wollen mehr
Teil 9: ”Schiri Heimer: „Wer mehr redet, hat weniger Schreibarbeit“
Teil 8: Engagiert, fröhlich, frech: Kultfigur Hako Kluckert
Teil 7: Fit für die Zukunft: MFFC baut Vereinsheim
Teil 6: Wiesbadener Wochen der Wahrheit
Teil 5: Video: Wiesbadener Wahnsinn
Teil 4: Trainer Ronny Boretti im Interview
Teil 3: Das MFFC-Team stellt sich vor
Teil 2: Eine Saison wie die Profis
Teil 1: Die Gewinner sind…