Breu: Ein Niederbayer hilft Litauens Fußball

Ein Niederbayer will dem Fußball in Litauen auf die Sprünge helfen: Reinhold Breu wird mit Beginn des neuen Jahres Technischer Direktor im südlichsten der drei Baltischen Staaten. Nach nur einem halben Jahr endet damit sein Co-Trainer-Engagement beim österreichischen Erstligisten Austria Wien. In Litauen möchte der 51-Jährige an seine erfolgreiche Zeit beim Luxemburger Fußballverband anknüpfen und versucht dabei, Erfahrungen, die er als junger Kicker gemacht hat, in die Talentförderung zu integrieren.

Wer heutzutage Junioren-Nationalspieler sein will, ist in aller Regel Mitglied eines Nachwuchsleistungszentrums. Mitte der achtziger Jahre war das noch anders. Vom FC Edenstetten war Breu gerade in die Nachbarschaft zur SpVgg Plattling gewechselt, da wurde der technisch versierte, offensive Außenbahnspieler von Trainer Holger Osieck in die U 16-Auswahl des DFB berufen. "Von einem solch kleinen Verein den Sprung nach ganz oben zu packen, wäre heute undenkbar", weiß Breu, den erst nach seinem internationalen Debüt der Ruf aus München ereilte, wo er später beim TSV 1860 und dem FC Bayern (weiter) ausgebildet wurde. Die individuelle Förderung auf regionaler Ebene schätzte Breu damals. "Es braucht wieder mehr Freigeister im Fußball und Jungs, die nicht nur übers Kollektiv kommen, sondern auch mal ihr eigenes, überraschendes Ding auf dem Platz machen", lautet seine Überzeugung.

Arbeit mit Erst- und Zweitligaspielern

Einen, den er in seinen zehn Jahren als Technischer Direktor des Luxemburger Fußballverbands auf diese Weise vorangebracht hat, ist der inzwischen zum Mainzer Bundesligaspieler gereifte Leandro Barreiro (21).

Nach seiner Profizeit (unter anderem spielte er für Austria Wien, Eintracht Trier sowie Wacker Burghausen), und Erfahrungen als Nachwuchskoordinator bei Jahn Regensburg und in Trier, wirkte Breu von 2011 an bis zum vergangenen Sommer im Großherzogtum. Dort leistete der gebürtige Deggendorfer wertvolle Entwicklungsarbeit und feierte mit dem Fußballzwerg einige Erfolge. Zahlreiche Talente wie etwa Barreiro, Dirk Carlson von Zweitligist Erzgebirge Aue sowie Christopher Martins Pereira (spielt beim Schweizer Meister Young Boys Bern) hat er geprägt. In der abgelaufenen WM-Qualifikation sammelten die Luxemburger in acht Spielen immerhin neun Zähler und landeten hinter Serbien und Portugal, aber punktgleich mit Irland, auf dem vierten Platz in ihrer Gruppe.

Auch dank der Arbeit von Breu haben sich die Kicker aus dem Großherzogtum inzwischen auf den 93. Platz der FIFA-Weltrangliste vorgearbeitet. Litauen muss sich aktuell mit Position 136 zufrieden geben und holte in der zurückliegenden WM-Qualifikation nur ganze drei Punkte. Obwohl Basketball im rund 2,8 Millionen Einwohner zählenden nordosteuropäischen Staat die Nummer eins ist und der Fußball in der Krise steckt, sieht der neue litauische Fußballchef viel Potenzial: "Das Land hat rund dreimal so viel Einwohner wie Luxemburg, der Profisport ist hier fest verankert, und die Bedingungen sind gut, etwas bewegen zu können."

"Spezielle litauische Fußball-DNA entwickeln"

Die Trainerausbildung will er forcieren, neuen Schwung in die Sichtung der Talente bringen. "Es gilt, eine spezielle litauische Fußball-DNA zu entwickeln, aktiv am Spiel teilzunehmen und nicht nur auf das, was der Gegner macht, zu reagieren", skizziert Breu seine Philosophie. Die Verständigung im Ostsee-Staat laufe auf Englisch. Leben wird er in der Hauptstadt Wilna, zeitweise auch in der zweitgrößten Stadt Kaunas - dort entsteht ein neues nationales Trainingszentrum. Ehefrau Pascale wird zwischen Litauen und Trier, wo sie noch an einer Berufsbildenden Schule arbeitet, pendeln.

Die Zeit bei Austria Wien sei "sehr spannend und interessant" gewesen. An der Seite von Cheftrainer Manfred Schmid, der einst Peter Stöger bei Borussia Dortmund und dem 1. FC Köln assistierte, habe er sich wohlgefühlt. "Doch als der Kontakt nach Litauen noch einmal aufflammte und sie nach 2018 erneut anfragten, ob ich mir ein Engagement dort vorstellen könne, habe ich das Kribbeln gespürt, diese Herausforderung annehmen zu wollen. Ich will wieder etwas bewegen", bekennt Breu. Eng wird er in Litauen mit einem alten Bekannten aus der Bundesliga zusammenarbeiten: Valdas Ivanauskas, in den 90er-Jahren Torjäger des Hamburger SV und später auch mal Trainer des damaligen Zweitligisten Carl-Zeiss Jena, coacht die A-Nationalmannschaft.

Diese soll nach Vorstellung Breus im ersten Schritt wieder unter die Top 100 der FIFA-Weltrangliste rücken. Insgesamt will er die Konkurrenzfähigkeit der Auswahlteams erhöhen. "Ich habe hier freie Hand. Der Verband ist überzeugt davon, dass ich nachhaltig für eine positive Entwicklung sorgen kann." Und wie man sich im Fußball nach oben arbeiten kann, weiß Breu selbst zur Genüge. Auch diese Erfahrung wird ihm in Litauen sicher helfen.