Eine Jury des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) unter Vorsitz von DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann hat die "Fair-Play-Medaille" verliehen. Bereits seit 1997 zeichnet der DFB jährlich besonders faire Spieler*innen, Mannschaften sowie Funktionär*innen aus. Heute: Der SV Eitorf, der für seine Hilfsleistungen mitten in der Corona-Pandemie mit einem Sonderpreis ausgezeichnet wurde.
Normalerweise dreht sich beim SV Eitorf alles um Fußball: Neben zwei Herrenmannschaften und einer Damenmannschaft finden dort auch 17 Jugendmannschaften sowie eine Altherrenmannschaft und ein Walking Football-Team ihre sportliche Heimat. Der coronabedingte Lockdown im Frühjahr brachte jedoch auch für den Verein aus dem Rhein-Sieg-Kreis vor allem eins: unfreiwillig freie Zeit.
Doch statt bloß untätig Däumchen zu drehen, bis denn der Trainings- und Spielbetrieb wieder geöffnet würde, nutzte der Verein die Zeit, um hilfsbedürftigen Menschen in der Gemeinde zur Seite zu stehen. "Uns als Verein waren Gemeinschaft und Zusammenhalt schon immer wichtig. Deswegen war einer unserer ersten Gedanken: Was können wir als Verein leisten, womit Einzelne vielleicht Probleme haben und diese so unterstützen?", erzählt Sascha Grendel.
Der 45 Jahre alte 1. Vereinsvorsitzende entwickelte gemeinsam mit dem 2. Vorsitzenden Stefan Stommel sowie dem stellvertretenden Geschäftsführer Mike Ganz schnell ein paar lebensnahe und umsetzbare Ideen. "Das war für uns als Vereinsführung eine neue und positive Herausforderung", berichtet Grendel, der selbstständiger Unternehmensberater ist. Zum einen unterstützte der Club, dessen 1. Mannschaft in der A-Klasse spielt, die Eitorfer Tafel. Diese durften ihre Lebensmittel nur noch ausliefern, konnten dabei allerdings nur auf ein Auto zurückgreifen. Der Fußballverein organisierte daraufhin weitere Fahrzeuge, Fahrer*innen sowie zusätzliche Helfer*innen. Zum anderen riefen sie einen Einkaufsservice für all diejenigen ins Leben, die zu ihrem eigenen Schutz im Frühjahr nicht mehr selbst einkaufen gehen konnten. Das dritte Projekt war das Nähen von Mund-Nasen-Bedeckungen.
"Wir waren überwältigt, wie viele Menschen helfen wollten"
2000 Masken für Alten- und Pflegeheime
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Nachdem Grendel nämlich erfahren hatte, dass ein Altenheim dringend welche benötigte, übernahm der Verein rein ehrenamtlich kurzerhand die Produktion. Während zu Beginn noch vier freiwillige "Näherinnen" aus dem Verein die Arbeit aufnahmen, nahm die Initiative schnell deutlich größere Dimensionen an. "Wir waren überwältigt, wie viele Menschen helfen wollten. Am Ende hatten wir fast 50 Näher*innen, die über 2.000 Masken genäht haben. Was wir persönlich auch sehr toll fanden: Es machten auch immer mehr Menschen mit, die nicht direkt mit dem Verein verbunden waren. Zum Beispiel hatten einige Flüchtlinge, die seit einiger Zeit in einer Eitorfer Flüchtlingsunterkunft wohnen, davon gehört und boten sofort ihre Hilfe an. Genauso wie der Deutsch-Türkische Elternverein. So entwickelte es sich von einem Vereins- zu einem Gemeindeprojekt", berichtet Grendel. Neben dem Altenheim gingen die Masken vor allem an karitative Einrichtungen wie weitere Alten- und Pflegeheime, Jugendeinrichtungen und das Eitorfer Krankenhaus.
Doch das Engagement des Vereins, bei dem bereits Nationalspieler und Kölner Legende Hannes Löhr das Fußballspielen lernte, brachte auch Herausforderungen mit sich. Ein großes Thema war der Datenschutz. Da der Verein Adressen und Namen benötigte, um Lebensmittel auszuliefern oder Masken abzuholen, mussten diese Daten entsprechend behandelt und Einverständniserklärungen eingeholt werden. Ein großer Mehraufwand für den 500 Mitglieder zählenden Verein. Hinzu kam, dass vor allem das Nähen der Mund-Nasen-Bedeckungen mehr Ressourcen benötigte als zunächst gedacht. Sascha Grendel hatte daher alle Hände voll zu tun, ausreichend Nachschub von Stoff, Gummis und Nähgarn zu besorgen - keine leichte Aufgabe in einer Zeit, wo diese Materialien besonders begehrt waren.
Videobotschaft von Leon Goretzka
Aber auch dieses Problem konnte im Team gelöst werden: Neben der Kreativität der Näher*innen bewies auch hier die Eitorfer Gemeinde wieder, was Zusammenhalt und Solidarität bedeutete und spendete unter anderem den nötigen Stoff. Den Aufwand war es jedenfalls wert: "Klar, war es viel Arbeit. Aber zu sehen, wie die Leute sich gefreut haben, war sehr erfüllend. Für uns war es auch toll zu sehen, was alles in dieser Gemeinde möglich ist - es muss sich nur jemand finden, der das Projekt anschubst und die Organisation in die Hand nimmt. In diesem Fall waren das eben wir", resümiert Sascha Grendel bescheiden. Und mit Blick auf die aktuelle Situation ergänzt er: "Wir sind jederzeit in der Lage, die Initiativen wieder zu reaktivieren, wenn die Situation es bedarf. Aber wie alle anderen hoffen auch wir, dass dies nicht mehr notwendig wird."
Dass dem SV Eitorf Bayern Münchens Nationalspieler Leon Goretzka mit einer Videobotschaft gratuliert hat, freut nicht nur Sascha Grendel. "Mein Sohn, der zufällig auch Leon heißt, ist riesengroßer Fan von ihm. Wir haben das ja alles nicht wegen der PR gemacht, aber wenn Leon Goretzka sich bei uns meldet, ist das natürlich trotzdem eine schöne Sache. Er ist einfach ein toller Fußballer, was er nicht zuletzt im Spiel gegen die Ukraine bewiesen hat und zudem wahnsinnig sympathisch und bodenständig."