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Magazin | 01.12.2025 | 10:15

Julius-Hirsch-Preisträger FC Mainaustrasse: "Der Verein ist Familie"

Von DFB-Präsident Neuendorf mit dem Julius Hirsch Preis geehrt: der FC Maintaustrasse.[Foto: Getty Images/DFB]

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Der FC Mainaustrasse aus München wurde ursprünglich in einer Geflüchteteneinrichtung gegründet. Heute ist er ein eingetragener Fußballklub im regulären Spielbetrieb des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV). Der FC Mainaustrasse bietet Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern einen Zugang zum organisierten Sport und darüber hinaus: Er unterstützt seine Mitglieder bei Behördengängen, Wohnungssuche, Ausbildungen oder der Integration ins Ehrenamt. FUSSBALL.de stellt ein beeindruckendes Projekt vor, das jetzt auch den Julius Hirsch Preis des DFB verliehen bekommen hat.

Boubacar Tangara mag keinen Streit. Vor allem dann nicht, wenn er überflüssig ist. Wenn er sich leicht lösen lässt. Aber in der Flüchtlingseinrichtung in der Mainaustraße in München, in der Tangara seit 2015 lebte, war das Alltag. Meist ging es um Kleinigkeiten. Um die Nutzung der Küche. Oder deren Zustand danach. Alltag also. Aber es passierte regelmäßig - gestern, heute und morgen.

"Fußball ist unser verbindendes Thema"

Tangara wollte das ändern. Aber wie? Einerseits sorgten die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter für Ordnung. Aber auch Tangara wollte seinen Beitrag zu einem besseren Miteinander leisten. Für mehr gegenseitiges Verständnis. "Da wir alle hier den Fußball lieben und er unser verbindendes Thema ist, hatte ich die Idee, eine Fußballmannschaft in unserer Einrichtung ins Leben zu rufen", erinnert sich der 45-Jährige.

Fußball verbindet, Fußball baut Brücken, Fußball kann Konflikte lösen. Ob der Fußball letztlich auch für eine bessere Lebenssituation in der Einrichtung in der Mainaustraße gesorgt hat, ist spekulativ. Sicher ist aber: Seitdem die Menschen sich dort zum gemeinsamen Kicken treffen, gibt es weniger Streit. Die Geflüchteten halten jetzt zusammen, sie sind ein Team, sie haben ein gemeinsames Hobby. Sie haben Ziele, die am besten in der Gruppe zu erreichen sind. Sie sind Freunde geworden.

"Ich liebe Fußball, seit ich ein Kind bin", sagt Tangara. "In meiner Heimat in Afrika haben wir immer auf der Straße gespielt. Ich habe mich gefragt, warum das nicht auch hier möglich sein sollte? Und als ich darauf keine Antwort gefunden habe, habe ich die Initiative ins Leben gerufen. Wir haben erst nur untereinander gespielt, dann auch gegen andere Flüchtlingseinrichtungen und später in einer Freizeitliga. Aber das war uns nicht genug, wir wollten in den geregelten Spielbetrieb."

"Wir wollen erreichen, dass die Menschen des FC Mainaustrasse nicht nur als Geflüchtete gesehen werden, sondern als vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft"

2018 wurde Stefan Lenz durch einen Bericht in der Zeitung auf das Projekt aufmerksam und war direkt fasziniert. "Mich hat beeindruckt, was die Geflüchteten dort weitestgehend in Eigenregie auf die Beine gestellt hatten", sagt Lenz, der mittlerweile 1. Vorsitzender ist. "Das wollte ich unterstützen. Wir haben dann alles in die Wege geleitet, um den FC Mainaustrasse zu gründen, der dann auch am geregelten Spielbetrieb teilnehmen sollte." Das ist inzwischen seit einigen Jahren der Fall, und der Klub ist in dieser Zeit sogar zweimal aufgestiegen. Derzeit spielen die Geflüchteten in der A-Klasse.

"Wir wollen gerne weiter hoch, aber mal abwarten, ob das klappt", sagt Tangara, der aus Mali stammt und die Mannschaft trainiert. Der FC Mainaustrasse setzt sich weitestgehend aus Menschen aus Afrika zusammen, die nun hier leben. Die Kommunikation ist da nicht so einfach. Diejenigen, die schon länger hier sind, sprechen bereits ganz gut Deutsch. Andere haben damit noch ein paar Probleme. "Der Fußball ist unsere gemeinsame Sprache", sagt Tangara: "Foul, Abseits oder Freistoß versteht bei uns inzwischen jeder."

Dass der FC Mainaustrasse kein normaler Fußballverein ist, erkennt man auch daran, dass er gerade erst den dritten Platz bei Julius Hirsch Preis gewonnen hat. Ein Grund war auch für die Jury, deren Vorsitzender DFB-Präsident Bernd Neuendorf ist, dass die Verantwortlichen die Mitglieder aus unterschiedlichen Herkunftsländern bei Behördengängen, Wohnungssuche, Ausbildungen oder der Integration ins Ehrenamt unterstützen.

"Es macht uns sehr stolz, dass wir den Julius Hirsch Preis gewonnen haben", sagt Lenz. "Gleichzeitig waren wir auch sehr überrascht. Aber natürlich ist es schön, dass das wahrgenommen wird, was wir hier machen. Wir wollen erreichen, dass die Menschen des FC Mainaustrasse nicht nur als Geflüchtete gesehen werden, sondern als vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft. Der Fußball ist dafür auf jeden Fall ein gutes Mittel. Die Menschen sind oft nicht vorbereitet auf das Leben, das sie hier erwartet. Da sind sie über jede Hilfe sehr dankbar."

Maruff Kalokoh ist 2. Vorsitzender des FC Mainaustraße. Der 31-Jährige sagt: "Für mich ist der Verein Familie. Hier fühle ich mich so wohl wie bei mir zuhause. Durch den Fußball haben wir uns alle kennen und schätzen gelernt. Es gibt keine Probleme mehr. Wir haben inzwischen eine tolle Gemeinschaft entwickelt. Wir sind füreinander da." Und Lenz ergänzt: "Durch den FC Mainaustrasse sind wir zu Freunden, zu Nachbarn und zu Kameraden im Spiel geworden." Und dabei spielen Hautfarbe, Religion und Herkunft keine Rolle. Wenn der Ball rollt, sind alle gleich.

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